ARTIFICIAL INTELIGENCE – Hype oder Allheilmittel für die Logistik?

Artificial Intelligence oder künstliche Intelligenz (KI) bringt für die Logistik neue Möglichkeiten und Chancen. Dennoch ist nicht alles Gold, was hier glänzt. Vorteile und Risiken der neuen Technologien sollten gut gegeneinander abgewogen werden. 

Künstliche Intelligenz in der Logistik – Hype oder Allheilmittel?
Künstliche Intelligenz ist gut für die Logistik, aber kein Allheilmittel. (Foto: Xvise)

Kaum ein Thema ist aktuell so präsent wie jenes der künstlichen Intelligenz, im englischsprachigen Raum Artificial Intelligence genannt. Auch vor der Logistik macht es nicht halt. Längst werben Unternehmen damit, durch intelligente Algorithmen Prozesse zu optimieren oder Synergien zu nutzen und so die Effizienz von Unternehmen bei gleichzeitiger Kostensenkung zu steigern. Doch was verbirgt sich hinter dem Schlagwort „Künstliche Intelligenz“? Handelt es sich dabei tatsächlich um eine Technologie, welche unser Leben und die Logistik radikal revolutionieren wird oder handelt es sich doch um einen gewissen Hype, der von den Marketingabteilungen diverser Unternehmen vorangetrieben wird?

Daten, Informationen und Algorithmen

Spricht man von künstlicher Intelligenz, ruft dies bei vielen Menschen ein Bild von Maschinen hervor, die über ein eigenes Bewusstsein verfügen und dem Menschen ebenbürtig oder sogar überlegen sind. Sieht man jedoch genauer hin, so stellt man schnell fest, dass aktuell vor allem Anwendungen im Bereich Machine Learning im Einsatz sind. Im Gegensatz zu herkömmlichen Algorithmen, welche ganz genau beschrieben werden mussten und einem bestimmten Modell folgten, werden Machine Learning Algorithmen mit historischen Daten trainiert und können so neue, unbekannte Daten verarbeiten.

Die Datenmenge wächst. Gerade in der Logistik wird Tag für Tag eine Unmenge an Daten generiert, weshalb das Feld als prädestiniert für den Einsatz von Machine Learning (reinforcement learning) scheint. Tatsächlich gibt es bereits einige Unternehmen, die erfolgreich Machine Learning Algorithmen einsetzen. So können beispielsweise historische Kommissionierdaten für Trainingszwecke herangezogen werden und auf diese Art und Weise neue Kommissionieraufträge optimal gestaltet werden. Dadurch können Kommissionierzeiten verkürzt, sowie Fehlkommissionierungen vermieden werden. Neben diesem gibt es noch zahlreiche andere Gebiete, in denen KI eingesetzt werden kann. Darunter befinden sich z. B.  autonome Roboter, Anwendungen im Bereich Predictive Maintenance oder aber auch Simulationen von ganzen Intralogistikanlagen.

Vorsicht ist angebracht. Trotz dieser vielversprechenden Einsatzmöglichkeiten ist die Technologie dennoch mit Vorsicht zu genießen. Aufgrund der Tatsache, dass Machine Learning neue Daten, basierend auf der Analyse von historischen Daten, verarbeitet, ist die Qualität der Trainingsdaten essentiell. Sind diese fehlerhaft, wird die Maschine auch fehlerhafte Entscheidungen treffen. Sind sie nicht komplett, werden gegebenenfalls wichtige Aspekte beim Treffen einer Entscheidung völlig ignoriert. Ein weiteres Problem, welches komplexe Machine Learning Algorithmen mit sich bringen ist, dass Entscheidungen nicht mehr nachvollziehbar sind. Wird eine falsche Entscheidung getroffen kann oftmals nicht mehr festgestellt werden, wodurch es zu dieser gekommen ist.

Nicht blind aufspringen

Tobias Handlbauer (Foto: Xvise)
Tobias Handlbauer ist Junuior-Consultant beim Logistik-Berater Xvise (Foto: Xvise)

Obwohl Artificial Intelligence (vor allem Machine Learning) viele spannende und sinnvolle Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Logistik mit sich bringt, ist das Thema doch auch mit Vorsicht zu genießen. Verantwortliche sollten sich stets darüber Gedanken machen, ob für vorliegende Problemstellungen tatsächlich eine KI Methode notwendig ist und auch die entsprechenden Daten in ausreichender Qualität zur Verfügung gestellt werden können. Ist dies nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich, sollte eher von einem Einsatz abgesehen werden. Auch wir Berater sollten dies stets im Hinterkopf behalten und nicht blind auf den Hype aufspringen. Denn ein Allheilmittel in der Logistik stellt KI (noch) nicht dar.

Herzlichst,

Ihr Tobias Handlbauer
tobias.handlbauer(at)xvise.com

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