Während anderen Orts neue Automobilwerke entstehen wie etwa Togg in der Türkei, verschwinden traditionsreiche Werke vom Markt, wie das Motorenwerk des niederländischen Automobilkonzerns Stellantis in Wien Aspern. Im Zuge der Dekarbonisierung und Transformation des Automobilmarktes in Richtung eMobility, kündigte sich die Schließung des ehemaligen Opel-Werkes schon mehrere Jahre an. Verbrennungsmotoren und ihre aufwändigen Getriebe, wie sie in Aspern noch hergestellt werden, sind schlichtweg nicht mehr gefragt. Stellantis Aspern kündigt für die Belegschaft umfassende Sozialpläne an.
Der Verbrennungsmotor und seine Antriebsstränge haben definitiv keine Zukunftsperspektiven mehr für die Automobil-Hersteller der Welt. Dafür jedoch elektrisch betriebene Fahrzeuge. Die OEMs Europas haben diesem Mega-Trend im Rahmen der ACEA (European Automobile Manufacturers‘ Association) bereits 2021 nachgegeben und sich darauf verständigt, ab 20235 weder verbrennungsmotorisch betriebene Fahrzeuge in Europa zu produzieren, noch diese zu verkaufen. Und nachdem sich die EU-Staaten auf ein entsprechendes Verbot von Neuzulassungen verbrennungsmotorisch angetriebener Fahrzeuge verständigt haben, ist die Entscheidung gegen den Verbrenner unumkehrbar gefallen, mit oder ohne eFuel. Letztendlich folgt die Automobilindustrie somit lediglich dem Endnutzer individueller Elektromobilität und dessen Wunsch nach klimaschonender Fortbewegung bei gleichzeitiger Digitalisierung der Wirtschaft.
Stellantis Aspern – eMobility führt zum Aus des Verbrenners
Für Unternehmen, welche noch Zulieferer “alter” Automobiltechnologien sind wie etwa Stellantis Aspern, bedeutet dies allerdings wenig überraschend das Aus, weil sich dadurch sämtliche Lieferketten für die Automobilproduktion komplett ändern. Damit steht das ehemalige Opel-Werk Werk in Wien allerdings nicht alleine. Eine Studie der internationalen Wirtschaftsberatung PwC im Auftrag der CLEPA kommt 2021 zum Ergebnis, dass im Worst Case in Europa bis 2040 bis zu 275.000 Arbeitsplätze durch den Umbau der Branche verloren gehen. Das ist ein Rückgang von 43 Prozent der Beschäftigten in der Automobilbranche. Der Großteil der verlorenen Arbeitsplätze kommt dabei aus der Zuliefererindustrie (wir berichteten). Gerade für Österreich sind dies alarmierende Nachrichten, denn die Alpenrepublik ist in der Zuliefererindustrie für die OEMs stark aufgestellt. Dazu gehören einerseits das Stellantis-Werk in Wien Aspern aber auch andere klingende Namen wie die Steirischen Motorenwerke in Steyr, Magna und Mark Metallwarenfabrik etc. Diese müssen sich komplett neu orientieren oder, wenn das nicht machbar ist, eben schließen.
eMobility – Einfachere Antriebstechnologie bringt neue Marktplayer
Das hängt einerseits mit der wesentlich einfacheren Antriebstechnologie des Elektromotors zusammen. Andererseits benötigt ein Elektroauto wesentlich weniger Teile und ist somit erheblich günstiger zu produzieren. Dies dürfte auch der Grund sein, weswegen neue Automobilhersteller wie etwa Togg mit seinem T10X auf den Weltmarkt drängen und erfolgreich Marktanteile gewinnen (wir berichteten direkt aus Istambul). eMobility ist somit eine große Chance für neue Marktplayer wie Togg in der Türkei oder BYD in China, weil die Einstiegskosten vergleichsweise gering sind und die weltweiten Märkte dramatisch in Bewegung sind. Gleichzeitig wurde in diesen Ländern enormes Know-how aufgebaut, dass den europäischen OEMs in Nichts nachsteht. Im Gegenteil: Mittlerweile jeder große europäische OEM lässt etwa in der Türkei produzieren, und zwar nicht verbrennungsmotorisch angetriebene Fahrzeuge, sondern Elektrofahrzeuge – vom Pkw bis zum LKW. In der Türkei werden Werke auf die “grüne Wiese” gestellt, die umweltgerecht arbeiten, hohe Beschäftigungsstandards haben und dennoch kostengünstig produzieren können.
Stellantis Aspern – Werk lässt sich nicht mehr halten
Vor dem Hintergrund der umfassenden Transformation des Automobilmarktes wurden daher konkret die Auswirkungen auf das Werk in Wien Aspern analysiert. Dort wird noch das mechanische Getriebe MB6 für Verbrennungsmotoren hergestellt. Das wenig überraschende Ergebnis: Die Voraussetzungen für eine nachhaltige Zukunft des Werks Stellantis Aspern sind schlichtweg nicht mehr gegeben. Die Nachfrage nach solchen Getrieben sinkt in absehbarer Zeit in Richtung Null. Daher habe man ein Projekt für das schrittweise Auslaufen der Produktionsaktivitäten im Werk entwickelt und diese auch mit dem Betriebsrat erörtert, war von Stellantis Austria zu erfahren.
Umfassender Sozialplan für Stellantis Aspern
Insgesamt sind bei Stellantis Aspern noch 300 Mitarbeiter:innen beschäftigt. Ursprünglich gingen dort mehrere Tausend ihrer Beschäftigung nach. Für sie wurde ein entsprechender Sozialplan aufgestellt. Dieser umfasst auch die berufliche Umschulung aller Mitarbeiter:innen, versichert man bei Stellantis Austria. Es werde zudem ein Job Center eingerichtet, in dem individuelle Hilfe angeboten wird, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Wechsel an neue Arbeitsplätze zu unterstützen, einschließlich einiger Optionen innerhalb des Stellantis-Konzerns. Darüber hinaus werde Stellantis für den Immobilienstandort angemessen Sorge tragen und bezüglich der Standortnutzung Kontakt zum Grundstückseigner aufnehmen.
Keine Auswirkung auf den Vertrieb der Automobilmarken
Diese Entscheidung des Herstellers, die mit den Auswirkungen der neuen Regularien und Marktveränderungen zusammenhängt, wird keine Auswirkungen auf die lokalen Vertriebsorganisationen des Unternehmens haben, wird in einer Presseaussendung versichert. Österreich gilt dabei als eines der Pilot-Länder für die Einführung des Neuen Retailer Models in Europa. Die Präsenz der ikonischen Automarken in Österreich bleibe außerdem unberührt. Der Neuwagenverkauf, der Gebrauchtwagenhandel und alle After Sales Aktivitäten seien nicht nicht beeinträchtigt, heißt es von Stellantis Österreich.
stellantis.com | togg.com.tr | byd.com
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