APPs – Die Produktivitätsturbos der Wirtschaft

Österreichs Unternehmen verlieren an Wettbewerbsfähigkeit. Die App-Economy mit intelligenten, mobilen Geschäftsprozessen, könnte für die Alpenrepublik zum dringend benötigten Produktivitätsturbo werden. Vorausgesetzt, die Unternehmen erkennen in Apps eine Chance für sich und nutzen diese auch.

Österreichs verliert systematisch an Wettbewerbsfähigkeit. Insbesondere die Produktivität pro Arbeitsstunde lässt hierzulande zu wünschen übrig. Laut einer IWF-Untersuchung liegt die Produktivität pro Arbeitsstunde um rund 20 Prozent unter jener in den USA. Im OECD-Vergleich ist sie 2015 noch einmal um 0,1 Prozent gesunken. Im selben Zeitraum sind jedoch auch die Lohnstückkosten gestiegen. Hinzu kommen der rasante demographische Wandel, der ein weiteres Absinken der Produktivität erwarten lässt. In 25 Jahren wird jeder dritte Bürger in Österreich über 60 Jahre alt sein. Anteilsmäßig sind dies mehr als doppelt so viele pro Kopf der 20- bis 60-Jährigen wie heute. Das bedeutet bekanntlich: Immer weniger Arbeitskräfte stehen zur Verfügung, um die vielen Nicht-Arbeitenden mit zu versorgen.

Produktivität stagniert derzeit

Will Österreich daher international wettbewerbsfähig bleiben und sein hohes Wohlstandsniveau halten, muss die Produktivität der Alpenrepublik erheblich gesteigert werden. Derzeit ist jedoch das Gegenteil der Fall. Gerade das Sinken der Produktivität in Österreich ist ein Indiz dafür, dass wenig bis gar nicht investiert wird. Und das heißt nichts anderes als den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit samt damit verbundenem Wohlstand.

Entschlossenheit gefragt. Erschwerend kommt hinzu, dass österreichische Unternehmen derzeit noch immer zögern, die Chancen zu ergreifen, die der Hauptproduktivitätstreiber von heute bietet: die Digitalisierung. Trotz aller Popularisierung des Themas mit dem Schlagwort „Industrie 4.0“ hinkt insbesondere der Mittelstand dem internationalen Trend hinterher. Dabei trauen Technologieexperten der digitalisierten Wirtschaft eine enorme Steigerung von Effizienz und Produktivität zu. So meint etwa Philipp Weirauch, CEO von CheckMobile, einem Anbieter von Cloud-basierter Business-Software, gegenüber BLOGISTIC.NET: „Wir stehen vor einem Produktivitätsschub, der nur noch mit dem der Nutzung des Internets Anfang des neuen Jahrtausends vergleichbar ist.“ Und in der Tat: Durch die Zusammenführung von eigentlich unabhängig entwickelten Technologien – nämlich mobilen Endgeräten mit zugehörigen Business Apps, dem Cloud Computing und Big-Data-Lösungen – können kleine und große Unternehmen völlig neue Geschäftsprozesse aufsetzen, ihre bereits bestehenden in ihrer Produktivität stark verbessern und selbst ohne großes Know-how die exakt auf ihren Betrieb abgestimmte Business-Software entwickeln. „Die digitalisierte App-Economy ist dabei, unter Einsatz von immer mehr künstlicher Intelligenz die gesamte Wertschöpfungskette ohne Prozessbrüche zu automatisieren, von Büroarbeiten über App-gesteuerte Produktion bis hin zur komplett digitalen Lieferkette. Nur: „Aktiv werden müssen die Unternehmen natürlich schon selbst. Zögern und Durchwursteln hat noch nie zum Fortschritt beigetragen“, so Ph. Weirauch.

Rettung durch Mobile Business-Apps?

Trotz aller Popularisierung des Themas mit dem Schlagwort „Industrie 4.0“ hinkt bei der Digitalisierung insbesondere der österreichische Mittelstand dem internationalen Trend hinterher. | Foto: Sandro Almir Immanuel / www.pixelio.de

Das Unternehmen hat sich auf die Programmierung und Implementierung von industriell genutzten Apps sowie mobilen Advertising-Lösungen spezialisiert. Zu verdanken ist dies der weiten Verbreitung mobiler Endgeräte (Smartphones und Tablets) in den Unternehmen, die Mitarbeitern erlauben, jederzeit und von jedem Ort auf wichtige Applikationen zuzugreifen. In Verbindung mit intelligenter Business-Software, die Informationen aus dem Backend schnell verarbeiten und nutzerfreundlich aufbereiten kann, lassen sich Prozesse beschleunigen und auch von Mitarbeitern mit geringerer Qualifikation zuverlässig ausführen. Entscheidend dabei ist, dass die Prozesssoftware nicht mehr in Form großer Pakete in der IT-Abteilung der Unternehmen liegen muss, sondern als besonders einfach zu bedienende App über das Internet genutzt werden kann – idealer Weise direkt über eine Cloud-Lösung, die die Prozesssteuerung und –abwicklung übernimmt.

 Moderne Lösungen hierzu erlauben eine schnelle Anpassung der Apps an neue Situationen, ohne dass der Nutzer dabei nennenswerten eigenen Programmieraufwand erbringen muss.

Backend und Mobil in der Cloud

Hierin liegt der entscheidende Fortschritt der App-Entwicklung: Backend und Mobilgerät kommunizieren über die Cloud und sind dabei mit intelligenter Business-Software verbunden, die Datenerfassungs-, bearbeitungs- und -auswertungsprozesse verschlankt und beschleunigt, Entscheidungen fundiert unterstützt und neue Informationen wieder an das Backoffice meldet. Die Nutzung der Cloud erweitert das Konzept auf sehr einfache Weise von rein unternehmensinternen Prozessen auf das gesamte Netz von Partnern, Lieferanten und Kunden und führt damit zu einer hoch integrierten, intelligenten und dynamischen Infrastruktur, die blitzschnelles Reagieren auf neue Marktanforderungen oder sons­tige Änderungserfordernisse ermöglicht. Große Prozessketten (wie etwa die Disposition von Fahrern in der Logistik, das Verwalten und Durchführen von Serviceaufträgen, das Überwachen von Wartungsintervallen, die Abwicklung von Wareneingangs- und Auslieferungsprozessen oder Retourenhandling und Dokumentation) lassen sich damit präzise steuern, dokumentieren und web-basiert von jedem mobilen Endgerät aus nutzen.

Will Österreich international wettbewerbsfähig bleiben und sein hohes Wohlstandsniveau halten, muss die Produktivität der Alpenrepublik erheblich gesteigert werden.

Alles andere als trivial

Was scheinbar so schnell einleuchtet, ist dennoch keine triviale Entwicklung, sondern das Ergebnis anspruchsvollster IT-Intelligenz. Denn das Zusammenspiel dieser Technologien kann seine Effizienzwirkung nur entfalten, wenn es gelingt, die Komplexität aller beteiligten Prozesse derart zu reduzieren, dass alle Abläufe so schnell und simpel ablaufen können wie nötig. Die entscheidende Frage lautet demnach, wie sich bei der Entwicklung mobiler Apps die Komplexität intelligent verbergen und dadurch die Nutzung der Anwendungen vereinfachen lässt.

Abkoppeln erlaubt. Die Entwickler haben längst Wege gefunden, den Nutzer von der Komplexität der Prozesse abzuschirmen. Bei den wohl intelligentesten Ansätzen werden die Steuerungsabläufe von der Infrastruktur abgekoppelt und auf eine eigene, getrennte Ebene verlagert, so dass individuelle Anpassungen und schnelle Prozessveränderungen keinen Eingriff in die Betriebs­abläufe erfordern und so in Echtzeit und ohne Störung des Betriebs vorgenommen werden können. Die Komplexität moderner Businesssoftware lässt sich dadurch auf eine tiefere IT-Ebene beschränken, während die Prozesssteuerung auf recht einfache Abläufe (etwa simple Abfragen) innerhalb einer getrennten Anwenderebene umgeleitet wird. Wenig qualifizierte Mitarbeiter können nun Prozesse steuern, für die bisher profundes IT-Wissen erforderlich war – etwa indem sie Materialflüsse mobil überwachen und Daten mit der Business-Software im Backoffice austauschen oder indem sie bei Service- und Wartungsarbeiten Informationen aus den Unternehmensdatenbanken in Echtzeit abrufen und Updates zurück übermitteln. Individuelle Änderungen in den Prozessen können ebenfalls ohne Aufwand und Störung des laufenden Betriebs direkt in neue Transaktionen abgebildet werden.

Wie Apps die Produktivität steigern

Welcher konkrete Nutzen sich daraus ergibt, lässt sich am Beispiel der Logistik demonstrieren: Bisher wegen ihrer Komplexität nur Spezialisten offen stehende Prozesse wie etwa die SAP-Welt, werden mit Hilfe von App, Smartphone und Cloud-Technologie auch „ganz normalen“ Anwendern zugänglich: Beispielsweise der Lkw-Fahrer und der Mitarbeiter an der Rampe eines Logistikunternehmens sind in der Lage, direkt mit dem SAP-System zu kommunizieren, ohne jemals direkten Zugriff auf die diesbezügliche Kernsoftware zu haben und die entsprechenden Datenprozesse zu beherrschen. Aber noch weit dramatischer: In einem Produktionsbetrieb hat beispielsweise ein Sensor der Produktionslinie ein Problem gemeldet, das eine mehrstündige Verzögerung bei der Produktfertigstellung verursachen wird und automatisch die zuständige Prozessebene vorgewarnt. Durch die App-gestützte Vernetzung mit den Partnern gehört aber zu dieser Ebene nicht nur die unternehmens­interne Prozesssteuerung und -verwaltung, sondern auch der Logistikservice-Partner, der die fertigen Produkte an der Rampe abholt. Direkt nachdem er automatisch vom Produktionsstopp informiert worden ist, kann dessen Disponent den betreffenden Lkw zu einem anderen Einsatz umdirigieren – ein mehrstündiges unproduktives Herumstehen von Lkw und Fahrer an der Rampe wird vermieden.

Mit mobilen Business Apps auf der Basis einer flexiblen Infrastruktur tun sich für dynamische Unternehmen völlig neue Perspektiven auf. Harald Winkelhofer, CEO IQ Mobile

Prozesse zusammenführen. Ein weiteres Beispiel für die weitreichenden Vorteile der App-Economy sind Lösungen für den Handel, die die Geschäftsprozesse verschiedener Lieferketten (beispielsweise Ladengeschäft und E-Commerce) zu einem Prozess zusammenführen und so die Voraussetzung für erfolgreiche Multi-Channel- oder Cross-Channel-Modelle schaffen. Per Cloud und App lässt sich eine zentrale Stammdatenverwaltung realisieren, die alle Vertriebskanäle konsistent mit Informationen über Filialen, Produkte, Kunden und Fulfillment-Prozes­­-se versorgt. Dies ermöglicht eine einheitliche Lieferstrategie, indem z.B. die Kunden-Bestellungen aus dem Onlineshop an den nächstgelegenen Händler oder die nächste Filiale übermittelt werden. Die online bestellten Produkte lassen sich dann per mobiler Prozesssteuerung auf dem kürzestmöglichen Weg effizient und schnell an die gewünschte Adresse liefern.

Adidas Boost Vienna

Aber nicht nur Online-Shops können dadurch ihre Prozesse verbessern. Unternehmen wie Adidas versuchen, mit intelligenten Apps den Convenience für ihre Laufschuh-Clientel zu verbessern, um so den Umsatz zu steigern. So bietet der deutsche Sportschuh-Spezialist seinen Kunden in Wien die Möglichkeit, Laufschuhe zum Testen via App zu ordern und sie dann, wenn der Sportler sie rund um die Uhr kostenlos testen will, genau dort zu testen, wo dieser läuft. Die App kommt dabei von IQ Mobile. Hierfür hat Adidas einen gelben Container – den Boostvienna – Adidas Running Network Schuhautomat – direkt am Wiener Donaukanal, neben dem Badeschiff aufgestellt.

Die Technik dahinter: Läufer registrieren sich auf www.boostvienna.com. Dazu müssen sie einmal ein Online-Formular ausfüllen, ihre ID – etwa einen Führerschein, Personalausweis oder Pass – hochladen und die Handynummer bestätigen. Beim Automaten vor Ort werden dann nur noch Geschlecht, Schuhgröße und Telefonnummer eingegeben. Sobald die Registrierung über ein CMS geprüft und freigeschaltet wurde, erhält der User einen Code auf das Smartphone. Jetzt muss der Sportler nur noch den Code beim Automaten eingeben und schon liefert der Automat die passenden Schuhe über eine extra dafür angebrachte Ausgabeklappe aus. Nach dem „Testlauf“ können die Schuhe über die Eingabeklappe retourniert werden. Wenn der Läufer die Schuhe jedoch behalten will, wird der Betrag in Rechnung gestellt. Der Erfolg dieser Aktion: Innerhalb von drei Monaten wurden 1.800 Besucher auf der Landingpage registriert, es gab dabei über 400 Bestellungen.

Anwender machen Technologie fruchtbar

Bereits diese wenigen Beispiele machen deutlich, dass Cloud und intelligente Apps das allgegenwärtige Smartphone zur Business-kritischen Infrastruktur erhoben haben: Start-ups und kleine Unternehmen, die sich keine eigene IT-Infrastruktur und kein vertieftes IT-Know-how leisten können oder wollen, sind auf diese Weise in der Lage, ohne lange Anlaufzeiten und großen finanziellen Aufwand individuell gestaltete Geschäftsmodelle anzubieten, deren Prozessvielfalt sonst nur größere Konkurrenten mit ihren IT-Abteilungen bewältigen können. Besonders mittelständische Unternehmen dürften davon profitieren, einfach und schnell neue Geschäftsmodelle umzusetzen oder vorhandene kundenfreundlicher zu gestalten. Smartphone, Apps und Cloud sind das Handwerkszeug für die dynamischen Unternehmen der Zukunft, die alle Kompetenz in den Dienst ihres Geschäftsmodells stellen wollen, ohne erst über die Hürden ausufernder IT-Infrastrukturen springen zu müssen.

Makroökonomische Auswirkungen. Was unternehmensintern beginnt, hat schnell makroökonomische Auswirkungen, wie Claudia Linnhoff-Popien vom Institut für Informatik der Ludwig-Maximilians-Universität in München anmerkt: „Produkti­vitätssteigerung und Prozessbeschleunigung sind seit jeher Treiber für Wachstum und Wohl­stand. Business-Apps schaffen durch die Mobilisierung der Geschäftswelt die Voraussetzungen für bessere und schnellere Abläufe und eine effektivere Nutzung der Arbeitszeit. So leisten sie einen wichtigen Beitrag zur volkswirtschaftlichen Entwicklung.“ Nur: Sie allein schaffen leider überhaupt nichts. Es sind die Wirtschaftsunternehmen in Logistik, Handel, Service oder Produktion, die durch intelligente Nutzung der Technologie und Entwicklung eigener Geschäftsmodelle diese Technologie fruchtbar machen – oder dies eben aus Trägheit versäumen. Allerdings müssen die Unternehmen natürlich schon selbst aktiv werden.

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