Elektromobilität ist eine Revolution, welche die Lieferketten grundlegend verändern wird, sagt Sanjiv Takyar, Director of Global Packaging Solutions bei CHEP, gegenüber blogistic.net. Eine der größten Herausforderungen ist der Transport von Lithium-Ionen-Batterien. Und gerade bei den Transportelementen wie Paletten oder Gebinden hat CHEP eine weltweite Expertise.
Alles spricht von der E-Mobility. Die deutsche Automobilindustrie geriert sich jetzt als Treiber davon. So wollen Mercedes-Benz und Volkswagen künftig nur noch auf die Produktion von Elektrofahrzeugen setzen. Doch kaum thematisiert wird in diesem Zusammenhang, dass mit dieser Entscheidung weit reichende Veränderungen in der Supply Chain der OEMs verbunden sind. Zum Einen bestehen Elektrofahrzeuge aus nur einem Zehntel an Teilen wie ein vergleichbarer Pkw mit herkömmlichen, verbrennungsmotorischen Antrieben. Schon aus diesem Grund werden sich die Lieferketten und die Lieferantennetzwerke dramatisch verändern. Auch wird die Ersatzteilversorgung, wie sie etwa für Reparaturen der Fahrzeuge in den Werkstätten, komplett wandeln. Dabei dürfte sich auch das Händler- und Werkstätten-Netzwerk entsprechend ausdünnen.
30 Prozent der Wertschöpfungskette. Und last but not least, wird sich die Serienproduktion erheblich ändern müssen, weil rund 30 Prozent der Wertschöpfungskette im Bereich des Antriebs, also in der Lithium-Ionen-Batterie bzw. anderer Feststoffbatterien bewegt. Die meisten der Aggregate kommen derzeit aus China, und es ist nicht zu erwarten, dass sich das in absehbarer Zeit ändert. Soll also nach wie vor die Wertschöpfung beim Automobilbau in Europa und in Deutschland stattfinden, müssen die Supply Chains gesichert sein. Hierbei kommt den Behältnissen und den Paletten eine hohe Bedeutung zu. blogistic.net sprach daher mit Sanjiv Takyar. Er ist Head of Innovation, Solutioning & Strategic Marketing für Europa CHEP Automotive & Industrial Solutions.
Die Supply Chains ändern sich dramatisch
blogistic.net: Warum hat die Logistik so großen Einfluss auf die Elektromobilität?
S. Takyar: Die Herausforderungen beginnen mit der Serienproduktion von Elektrofahrzeugen. Batterien machen rund 30 Prozent der Wertschöpfung eines Pkw aus. Selbst wenn eine Herstelle an jede Produktion eine Batteriefertigung andockt – die Batteriezellen kommen vorwiegend aus Asien. Das Institut für Automobilwirtschaft der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen schätzt den Marktanteil chinesischer Batteriezellenhersteller auf 80 Prozent. Nur wenn sichergestellt ist, dass alle national unterschiedlichen Gefahrgutanforderungen entlang automobiler Supply Chains erfüllt sind, können Automobilhersteller die Voraussetzung für eine stabile und Serienproduktion von Elektrofahrzeugen legen. Eines ist sicher: Der Umstieg auf Elektromobilität macht den Transport von Lithium-Ionen-Akkus zum Kernthema für die Automobilindustrie.
blogistic.net: Es ist aber keineswegs sicher, dass Lithium-Ionen die Batterie der Zukunft ist. Es wird bereits an sicheren Feststoffbatterien geforscht, die Flüssigzellen wie Lithium-Ionen ersetzen sollen?
S. Takyar: Das ist richtig. Derzeit wird an Alternativen wie Natrium-Ionen-Zellen oder Magnesium-Schwefel-Zellen geforscht, aber kein Hersteller kann so lange warten bis diese so genannten Superakkus massentauglich sind. Die Vorteile von Lithium-Ionen-Akkus sind einfach zu gut, um sie zu ignorieren – hohe Energiedichte, gutes Lastverhalten und minimaler Memory-Effekt. Ich gehe daher davon aus, dass diese Technologie noch für mehrere Jahrzehnte eine wichtige Rolle als Basis für Elektroautos spielen wird.
blogistic.net: Was wird konkret passieren, wenn E-Autos im großen Stil gebaut werden?
S. Takyar: Die Versandkosten werden exponentiell ansteigen, genauso wie die Gefahren. Lithium-Ionen-Akkus haben, neben ihren unbestreitbaren Vorteilen, einen großen Nachteil: Der Transport ist gefährlich. Sie können überhitzen und in Brand geraten oder explodieren, was eine gesamte Lieferkette lahm legen kann, ganz zu schweigen vom Image- und Vertrauensverlust.
blogistic.net: Sie haben eine Battery in Focus Group gegründet. Was hat es damit auf sich?
S. Takyar: Die Battery in Focus Group ist ein Kreis von Experten aus der gesamten Branche, die sich für nachhaltige, sichere und skalierbare Wege zum Transport von Lithium-Ionen-Akkus einsetzt. Wir sind offen für alle, die das Thema aktiv mitgestalten und über das Thema diskutieren möchten.
blogistic.net: Welche Transportverpackungen eignen sich für Lithium-Ionen-Batterien und wie lassen sich die Risiken beim Transport von Lithium-Ionen-Batterien reduzieren?
S. Takyar: Transportlösungen müssen zunächst UN-konform sein und alle Vorschriften erfüllen, die für den Versand von Lithium-Ionen-Batterien in der „Empfehlung über die Beförderung gefährlicher Güter – Modellvorschriften“ festgelegt sind. Wer Gefahrgüter über Grenzen, Kontinente und Ozeane hinweg transportiert, muss zudem komplexe Vorschriften einhalten, die sich laufend ändern. Wir halten daher effiziente Standardlösungen für die beste Wahl und haben deshalb auch unsere bestehenden Kunststoff-Faltbehälter, den EuroBin und den IsoBin für den Transport von Lithium-Ionen-Batterien entsprechend angepasst. Konkret haben wir beide Behälter mit einem neuen Aufsatzdeckel, einem Innenbeutel und robusten Gurtbändern ausgestattet, um die notwendigen Zulassungen zu bekommen. Die Grundfläche des EuroBin ist für Standard-Lkw-Abmessungen und Straßentransport optimiert, während der IsoBin für Seecontainer optimiert ist. In jedem Fall wird die Raumausnutzung maximiert.
blogistic.net: Viele Versender setzen auf Einwegverpackungen, weil sie kostengünstiger sind?
S. Takyar: Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Mehrweg-Mehrwegverpackungen sind effizienter und nachhaltiger und reduzieren so den CO2-Fußabdruck erheblich. Wir haben mehr Waren zu mehr Menschen an mehr Orten transportiert als jeder andere auf der Welt, und nach meiner Erfahrung ist eine Einwegverpackung für Lithium-Ionen-Batterien nicht die Lösung. Einwegverpackungen bergen ein erhebliches Sicherheitsrisiko und verursachen viele versteckte Kosten für Transportnutzung, Teilbeschädigung, Recycling und Lagerung. Dadurch wird es ineffizient und hat im Vergleich zu wiederverwendbaren Lösungen höhere Gesamtbetriebskosten.
blogistic.net: Solche versteckten oder fiktiven Kosten spielen in der Regel bei der Auswahl von Transporten eine untergeordnete keine Rolle. Es zählen die direkten Kosten und Skalierbarkeit.
S. Takyar: Ein Kernproblem ist, dass die Kennzahlen, nach denen heute Supply Chains beurteilt werden, den Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Viele Unternehmen berücksichtigen die Kosten potenzieller Risiken im Einkauf nicht. Ich glaube, das muss und wird sich ändern, denn keine Marke kann es sich heute mehr leisten, die Umwelt zu ignorieren oder Imagerisiken durch explodierende Batterien in Kauf zu nehmen.
blogistic.net: Warum sollte sich das durch die Elektromobilität ändern?
S. Takyar: Die Automobilindustrie erlebt den größten Wandel in ihrer Geschichte. Diese Verschiebung wird Gewinner und Verlierer hervorbringen. Beim Wechsel der Antriebstechnologie von Verbrennungsmotoren hin zu Elektroantrieben steht derzeit nur die Motorenproduktion im Fokus. In Wirklichkeit geht es um viel mehr. Der Markt wird neu verteilt und die Gesetzmäßigkeiten, nach denen Autos heute gekauft werden, sind dann nicht mehr viel wert. Die Käufer der Zukunft kaufen grün. Das wird die etablierten OEMs schwer unter Druck setzen, nicht nur das Produkt, sondern auch Marketing, Vertrieb, Produktion und vor allem ihre Supply Chains skalierbar, umweltverträglich, sicher und effizient zu gestalten. Wir glauben, dass nicht die billigste, sondern die beste Supply Chain gewinnt.
CHEP in Kürze
CHEP hilft, mehr Güter zu mehr Menschen zu bringen, an mehr Orten als jede andere Organisation auf der Welt. Ihre Paletten, Behälter und Container bilden das unsichtbare Rückgrat der globalen Lieferkette, und die größten Marken der Welt vertrauen uns, dass wir ihnen helfen, ihre Waren effizienter, nachhaltiger und sicherer zu transportieren. Als Pioniere der Sharing Economy schuf CHEP eines der nachhaltigsten Logistikunternehmen der Welt durch die gemeinsame Nutzung und Wiederverwendung seiner Plattformen nach dem Modell des so genannten „Pooling“. CHEP bedient in erster Linie die schnelllebigen Konsumgüter (z.B. Trockenfutter, Lebensmittel, Gesundheit und Körperpflege), Frischprodukte, Getränke, Einzelhandel, Automobil und die allgemeine Fertigungsindustrie. CHEP beschäftigt rund 11.000 Mitarbeiter und besitzt rund 300 Millionen Paletten, Behälter und Container über ein Netzwerk von mehr als 750 Servicezentren und unterstützt mehr als 500.000 Kundenkontaktpunkte für globale Marken wie Procter & Gamble, Sysco, Kellogg’s und Nestlé. CHEP ist Teil der Brambles-Gruppe und in mehr als 55 Ländern tätig, mit den größten Niederlassungen in Nordamerika und Westeuropa.