SPORTSWEAR-LOGISTIK – „Dimensionen sind viel größer“

Peter Ewalds, Partner des internationalen Logistik-Beratungsunternehmens Axialyze und Roland Seebacher, Geschäftsführer von Bito Lagertechnik Austria im Gespräch mit CR Hans-Joachim Schlobach darüber, wie der britische Handelsriese Sportsdirect sein Sportswear-Logistik Konzept in Österreich umsetzt.

(Foto: Jan Gott / RS Media World)
R. Seebacher: „Die Herausforderung bei diesem Projekt war, dass der Umbau im laufenden Betrieb erfolgen musste. (Foto: Jan Gott / RS Media World)

BLOGISTIC.NET: Wie war die Ausgangssituation im zentralen Distributionszentrum der ehemaligen Eybl-Gruppe?
Ewalds: Das Distributionszentrum war mit einer modernen Hightech-Logistikautomationslösung ausgestattet. Dennoch war dieses System nicht mit dem Logistikkonzept von Sportsdirect kompatibel. Es fehlte für das Handling des Sportartikel-Sortiments die entsprechenden Kommissionier- und Lagerkapazitäten, die wir erst schaffen mussten.

BLOGISTIC.NET: Was ist der Unterschied zwischen der Eybl-Welt und der von Sportsdirect?
Ewalds: Die Dimensionen der Volumina sind viel größer. Wenn bei Eybl von Stück gesprochen wurde, spricht man bei Sportsdirect von Kartons. Sprach man bei Eybl von Kartons, dann sind das bei Sportsdirect ganze Paletten. Diese Dimensionen hätten wir gar nicht mit der bestehenden Automationslösung handeln können. Sportsdirect ist auf Schnelligkeit, Flexibilität und Effizienz der Prozesse ausgerichtet. Heute wird von Wels aus ganz Österreich versorgt und, wenn wir die Landkarte von Sportsdirect in Europa ansehen, ist es durchaus denkbar, dass in naher Zukunft von Österreich aus auch andere Bereiche des Kontinents abgedeckt werden könnten. Hierzu haben wir mit dem neuen Sportswear-Logistik Konzept die Voraussetzungen geschaffen und fahren jetzt systematisch die Kapazitäten hoch. Damit wird aber in erster Linie die Belieferung der Sportsdirect-Filialen abgedeckt. Die Abwicklung des Online-Handels hingegen ist in Wels derzeit noch nicht vorgesehen.

BLOGISTIC.NET: Wurde hierfür auch das Bestellwesen adaptiert?
Ewalds: Ja, denn Sportsdirect hat auch hier eigene IT-Systeme und Lösungen eingeführt, d.h. ein automatisiertes Bestellwesen und die entsprechende Kommissionierung. Dabei wird jetzt in Rollwagen hinein kommissioniert, welche dann in die Filialen ausgeliefert werden.

BLOGISTIC.NET: Was ist die Herausforderung im Sportswear-Business von Sportsdirect?
Ewalds: Die Volumina und die Saisonen, wobei wir mittlerweile nicht nur von den üblichen Saisonen Frühling, Sommer, Herbst und Winter ausgehen, sondern hier auch die jeweiligen Zwischensaisonen abbilden können müssen. Es findet daher ein permanenter Sortimentswechsel in den Filialen statt. Große Volumina in Kombination mit Saisonen können wir jedoch viel besser mit diesem eher manuell geführten Distributionssystem abbilden. Wir sind damit wesentlich flexibler, weil Menschen eben unmittelbar, schneller und flexibler auf Schwankungen reagieren können. Eine Maschine kann das nicht. Deswegen stehen bei uns eben nicht die Automatisation und die Technisierung eines Systems im Fokus, sondern der Mensch und die Prozesse. Das heißt aber nicht, dass wir ohne Technologien auskommen. Es bedeutet aber, dass Technologien nur dann zum Einsatz kommen, wenn sie die Sportsdirect-Logistikstrategie unterstützen.

BLOGISTIC.NET: Hört sich an, als ob kein Stein auf dem anderen geblieben ist…
Ewalds: Richtig, denn wir mussten faktisch das ganze Eybl- und Sports Experts-System auf Null setzen und quasi von vorne anfangen. Dabei haben wir sehr standardisierte Einlagerungs- und Kommissionierungsprozesse eingeführt: Die Einlagerung geschieht auf der Palette, der Nachschub erfolgt dann von der Palette ins Kommissionierfach im Karton. Von hier wird dann die Ware entnommen und in Rollwagen nach Sortimentsbereiche segmentiert für die einzelnen Filialen kommissioniert.

BLOGISTIC.NET: Welche Rolle spielt dabei Bito Lagertechnik Austria?
Seebacher: Die Herausforderung bei diesem Projekt war, dass der Umbau im laufenden Betrieb erfolgen musste. Es war quasi eine „Operation am offenen Herzen“, was auch dazu führte, dass häufiger gleichzeitig mehrere Gewerke am Projekt arbeiteten und sich mitunter schon mal behinderten. Gleichzeitig stand das Projekt unter einem enormen Zeitdruck. Zudem sind von so einem Umbau sämtliche Bereiche des Gebäudes betroffen. Und last but not least durften die Abläufe im Lager unter keinen Umständen unterbrochen werden. Daher haben wir uns schon im Vorfeld, bevor wir überhaupt einen Zuschlag bekommen haben, intensive Gedanken über das Projekt gemacht. Doch letztendlich wäre das Projekt gescheitert, wenn die Mitarbeiter des Distributionszentrums nicht mitgemacht und uns dabei unterstützt hätten. Sie mussten in den Monaten des Umbaus viel über sich ergehen lassen.

(Foto: Jan Gott / RS Media World)
P. Ewalds: „Große Volumina in Kombination mit Saisonen können wir viel besser mit einem eher manuell geführten Distributionssystem abbilden.“ (Foto: Jan Gott / RS Media World)

BLOGISTIC.NET: Was war Ihre konkrete Aufgabe?
Seebacher: Das Konzeptdesign für Wels war bereits durch Axialyze erstellt worden. Unsere Aufgabe war es, die Details insbesondere für die Regaltechnik auszuarbeiten. Das war sehr komplex und die Lösung musste mehrfach adaptiert werden. So nahmen wir noch vor zwei Wochen Änderungen vor im Wissen, dass morgen die Übergabe und Abnahme des Projektes durch den Auftraggeber erfolgen soll. Das ist sehr ungewöhnlich für ein Projekt dieser Größenordnung. Es war aber notwendig, denn Sportsdirect forderte diese Flexibilität auch ein.

BLOGISTIC.NET: Was war die technische Herausforderung für Bito?
Seebacher: Die Lösung als Ganze, die wir „Walkway-Lösung“ nennen. Dabei wird sowohl am Boden als auch in der Höhe kommissioniert. Die Zwischenbereiche werden hingegen für die Verlagerung des Nachschubs genutzt. Das bedeutet, dass wir oben in den Schmalgängen zusätzlich noch Zwischenböden auf rund neun Metern Höhe einziehen mussten, damit auch dort kommissioniert werden kann. Und das alles wurde angeschlossen an eine bestehende Bühne, und zwar auf zwei Ebenen.

BLOGISTIC.NET: Findet sich jetzt gar keine Automation mehr im Lager?
Seebacher: Doch, denn wir haben in den Schmalgängen induktiv geführte Regalbediengeräte. Aber wenn wir den Vergleich ziehen zur Hightech-Lösung, die vorher in Wels installiert war, dann wurde die Automatisation auf ein Minimum reduziert.

BLOGISTIC.NET: Vielen Dank für das spannende Gespräch.
bito.com
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