Alexander Fuchs, Berater beim Software-Haus Wanko Informationslogistik in Ainring (Bayern), im Gespräch mit Gisela Upmeyer über die Herausforderungen der Digitalisierung, Schnittstellenmanagement und kompatible Daten.
B+L: Problemlose Schnittstellen – für Software-Einkäufer ein wichtiges Thema. Wo sehen Sie die Herausforderungen?
Fuchs: Das Thema ist sehr weitgefächert. Gemeint sind hier ja eigentlich die externen Schnittstellen eines Anwenders, der mehrere Partner aus verschiedenen Häusern zusammenbringen muss. Jeder Software-Einkäufer hat daher die verständliche Sorge, dass bei Neuinvestitionen vielleicht das Gesamtsystem teilweise ausfällt oder als Ganzes nicht mehr funktionieren könnte. Das Dilemma besteht dabei darin, dass es einerseits keine eierlegende Wollmilchsau bei den IT-Systemen gibt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch keine Alternative zu Zukunftsentwicklung der Wirtschaft in Richtung Digitalisierung. Unternehmen müssen also in IT investieren, wollen sie den Anschluss nicht verlieren. Gerade beim Thema Industrie 4.0 benötigen wir jedoch Informationskompatibilität, das heißt die Systeme müssen für den Austausch von Daten geeignet sein – liefern und aufnehmen können.
B+L: Wo oder bei wem liegt die Verantwortung dafür?
Fuchs: Auf uns als Anbieter bezogen zeigt sich in den Projekten, dass wir eigentlich immer die flexiblere Schnittstellenmimik haben. Das Problem ist der Export der Kundendaten und dass der Kunde die benötigten Daten zum richtigen Zeitpunkt aus seinem System liefert. Auf Kundenseite ist es daher wichtig zu wissen, was das eigene ERP-System kann. Die benötigten Schnittstellen sind zuweilen in den Systemen gar nicht angedacht, das heißt nicht wenige sind veraltet oder nicht für das Zusammenspiel mit anderen Systemen konzipiert. Viele Daten kommen inzwischen auch nicht mehr über Standartschnittstellen. Oft müssen dafür Zusatzsegmente eingebaut oder sogar ganz neue Schnittstellen generiert werden. Der Kunde muss sich also für den Gebrauch der neuen Software fit machen. Was er damit zukünftig vorhat, das ist das eine, aber welchen aktuellen Status er hat, das ist zunächst für das Zusammenspiel mit uns wichtig um überhaupt beginnen zu können.
B+L: Wie sieht das in Prozentzahlen aus?
Fuchs: 95 Prozent aller unserer Kundenfälle brauchen Schnittstellen, bei rund 40 Prozent davon geht es in die Tiefe, 20 Prozent wiederum davon sind sehr komplex. Grundsätzlich muss man aber klarstellen, dass wir die Probleme nicht verursachen, sondern sie lediglich aufzeigen. Die Anschaffung unseres TMS oder WMS zwingt den Kunden seine Datenkonsistenz zu überprüfen und eigene Prozesse zu überdenken.
B+L: Gibt es zusätzliche Hürden für die neue Effektivität.
Fuchs: Ja! Das ist aber keine Frage der Machbarkeit sondern eine Frage der verfügbaren Zeit und damit entstehender Kosten. Aufgrund der Budgetvorstellung wird nach dieser Erkenntnis dann auch zuweilen lieber händisch mit Excel weitergearbeitet. Effektivität hin oder her. Investitionen werden dann lieber auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, bis der Druck so groß ist, dass man Investieren muss.
B+L: Wie groß muss der Druck sein um diese Investitionsscheu zu überwinden?
Fuchs: Groß. Sehr viele Unternehmen reagieren nur unter Druck ihrer eigenen Kunden und investieren erst dann in EDV. Die wirtschaftliche Weitsicht trifft man bei diesem Thema eher seltener an.
B+L: Nehmen wir an, dass sich ein Unternehmen entschloss, in seine IT zu investieren. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Probleme bei solchen IT-Projekten?
Fuchs: Das größte Problem ist die saubere Datenbeschaffung. Die Daten müssen nämlich nicht nur exportierbar sein, sondern auch verfügbar und in strukturierter Form als Datenbankinformation vorhanden sein. Die Technik als solche ist seltenst das Problem. Viel mehr ist es das Organisatorische, das Beschaffen der strukturierten Datensätze. Das Prozedere sieht so aus, dass der Kunde artikuliert, was er mit der Software erreichen will, und Wanko geht von diesen Zielvorstellungen rückwärts und sagt ihm, welche Daten wir von ihm dafür brauchen. Unser Anliegen: Der Kunde muss in der Lage sein, die strukturiert aufbereiteten Daten für ein Lager oder einen Transport zu liefern. Oft wird unterschätzt, dass das in dieser kompatiblen Ordnung nötig ist.
B+L: Gibt es innerhalb der Branchen Unterschiede?
Fuchs: Nein, in Bezug auf Schnittstellen für uns nicht ersichtlich.
B+L: Wo ordnen Sie sich im Wettbewerb ein?
Fuchs: Auf Grund unserer Lösungskompetenz erhalten wir von den Kunden viel Zuspruch. WANKO passt auf Basis unserer vorhandenen Komponenten die Software auf die Arbeitsabläufe des Kunden an.
B+L: Wie sehen Sie mit dieser Ausgangssituation die Realisierung von Industrie 4.0?
Fuchs: Selbst die großen ERP-Anbieter werden ihre Systeme überarbeiten und erweitern müssen. Mit unserer Expertise im Bereich Schnittstellen zu mannigfachen ERP-System sind wir für Industrie 4.0 bestens aufgestellt.
B+L: Geht die Tendenz zukünftig eher zum Standard?
Fuchs: Ja, wenn dieser auch die individuellen Prozesse berücksichtigt.
B+L: Werden Clouds die Lösung sein?
Fuchs: Wer in der Informationskette baut und unterhält diese dann? In Deutschland sind wir auch noch nicht so weit. Da ist die Angst um die Sicherheit noch zu groß.
B+L: Wir können also festhalten, dass die Schnittstellenproblematik die Frage der Verantwortung beinhaltet – und darunter fallen auch die Hoheit des Kunden über seine Schnittstellen sowie sein kompatibler, strukturierter Datenexport. Statt Schnittstellenmanagement sollte man daher vielleicht eher von Schnittstellenfähigkeit auf beiden Seiten – Anbieter und Anwender – sprechen?
Fuchs: Das ist ein guter Ansatz!
B+L: Vielen Dank für das informative Gespräch!