Bundesverband Deutscher Industrie, BDI – Wegen der weiter andauernden Krise der Industrie im Jahr 2025, fordert BDI-Präsident Peter Leibinger in seiner heutigen Pressekonferenz die künftige Bundesregierung zu raschem Handeln auf. Der Bundesverband rechnet auch in diesem Jahr mit einer negativen Wirtschaftsleistung Deutschlands, obgleich die Weltwirtschaft um rund 3,2 Prozent wächst. Die nächste Bundesregierung müsse darum Deutschlands Wachstumskräfte stärken. Das sei nicht nur im Sinne Deutschlands, sondern ganz Europas. Wie das geschehen soll, legte er heute wiederholt dar.

BDI – Die Lage ist sehr ernst
Bei der deutschen Industrie ist Feuer am Dach, denn sie erwartet auch im Jahr 2025 einen Rückgang der Produktion um 0,1 Prozent – und das nur, wenn der US-Präsident nicht seine Zoll-Drohungen gegenüber der EU wahr macht. Dann könnte Deutschlands Industrieproduktion sogar um 0,5 Prozent schrumpfen. Das ist umso alarmierender vor dem Hintergrund, dass der Euroraum mit 1,1 Prozent und die Weltwirtschaft mit 3,2 Prozent wachsen werden. Damit bleibt Deutschland konjunkturell eines der Schlusslichter. „Die Lage ist sehr ernst: Vor allem das Wachstum der Industrie hat einen strukturellen Bruch erlitten”, sagte BDI-Präsident Peter Leibinger heute in Berlin.
P. Leibinger – “Jahrelang haben sich Regierungen mit dem Status Quo begnügt”
Der Standort Deutschland stecke in einer tiefen wirtschaftlichen Krise, die mehr als die Konsequenz der Pandemie und des Angriffskriegs auf die Ukraine sei. Die Probleme seien vielmehr hausgemacht und das Ergebnis einer strukturellen Schwäche am Standort, mit der die Wirtschaft bereits seit 2018 zu kämpfen habe, betonte P. Leibinger in seinem Statement gegenüber der Presse: „Jahrelang haben Regierungen wichtige Reformen hinausgeschoben, Investitionen zurückgehalten und sich mit dem Status Quo begnügt.”
BDI fordert zeitnahe Entlastungssignale

Der BDI – Präsident machte dabei deutlich, was die Industrie von der zukünftigen Regierung fordert. So bräuchten die Unternehmen zeitnahe Entlastungssignale und eine entschlossene Agenda für mehr Wachstum. Da für den Staat die finanziellen Spielräume begrenzt seien, müssen daher im Haushalt klare Prioritäten gesetzt werden. “Was Wachstum stärkt, muss Priorität bekommen”, so die klar formulierte Forderung P. Leibingers an den künftigen Finanzminister. Öffentliche Investitionen in eine moderne Infrastruktur, in Transformation und die Widerstandskraft der deutschen Volkswirtschaft seien daher dringend erforderlich, so der Unternehmer aus Baden-Württemberg, der heute seinen ersten öffentlichen Presseauftritt nach der Amtsübernahme zum BDI-Präsidenten am 1 Januar 2025 hatte. Er verwies in seinem Statement darauf, dass der BDI bereits Ende vergangenen Jahres ein Grundsatzpapier zur Bundestagswahl vorgelegt habe. P. Leibinger bekräftigte die darin enthaltenen Forderungen nach einem entschlossenen Bürokratierückbau, niedrigeren Energiepreisen, Investitionen in die Infrastruktur und einer klaren Strategie für die Stärkung der deutschen Innovations- und Forschungslandschaft.
BDI – Der Staat kassiert zu viel
Konkret geht es dabei einerseits um eine umfassende Steuerreform und Entlastung der Industrie. Deutschlands Unternehmen, die zu 99 Prozent aus kleinen und mittelständischen Unternehmen besteht, brauchen Spielraum für Investitionen. Eine Senkung der Unternehmenssteuern auf 25 Prozent, die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und bessere Abschreibungsbedingungen sind daher nach Ansicht des BDI notwendige Schritte, um Wachstum zu entfesseln.
Überbordende Bürokratie und mangelndes Vertrauen als Hemmschuhe

Als den nahezu größten Hemmschuh sieht der BDI jedoch die völlig überbordende Bürokratie, welche von Unternehmen völlig überzogene Berichtspflichten auferlegt. Auch sind die Genehmigungsverfahren für Investitionen langwierig und von Bundesland zu Bundesland verschieden. Dabei geht es nicht nur um Effizienz, weist der deutsche Industriellenbund mit Nachdruck hin, sondern auch darum, den Unternehmerinnen und Unternehmern wieder mehr Vertrauen entgegenzubringen. “Momentan herrscht zu viel Misstrauen, das in einem Regulierungswust endet und Innovation sowie Wachstum hemmt”, so P. Leibinger hierzu. Die Digitalisierung der Verwaltung müsse daher endlich Fahrt aufnehmen, damit Prozesse schlanker und einfacher werden, fordern die Unternehmen. Hier solle sich die Politik auch einmal ein Beispiel an den Unternehmen nehmen, die diesen Weg längst eingeschlagen haben.
BDI – Kritikpunkte “Energiepreis” und “Versorgungssicherheit”
Der BDI fordert von der neuen Bundesregierung zudem einen klaren Fahrplan für die künftige Energieversorgung. Hohe Energiekosten seien noch immer eine der größten Belastungen für die Industrie. Wir brauchen Schritte zur Senkung der Strompreise und müssen verstärkt kostengünstige Erzeugungsstandorte in Europa nutzen. Der durchschnittliche Strompreis für die Kilowattstunde liegt lt. Bundesnetzagentur derzeit bei etwa 41,59 Cent. Zum Vergleich: Europaweit liegt der durchschnittliche Strompreis für Unternehmen im Durchschnitt bei etwa 18,7 Cent pro Kilowattstunde. Die Preise variieren dabei jedoch stark zwischen den Ländern. Zum Beispiel zahlen Unternehmen in Irland mit 25,6 Cent pro kWh derzeit die höchsten Preise außerhalb Deutschlands, während Unternehmen in Island mit 8,6 Cent pro kWh die niedrigsten Preise haben.
Innovation und Forschung richtig priorisieren
“Deutschlands Innovationskraft muss gestärkt werden”, lautet eine weitere Kernforderung des BDI. Dazu gehört für die Unternehmen vor allem die bessere Verknüpfung von Forschung und Wirtschaft, insbesondere im Bereich Zukunftstechnologien. Dabei benötigen vor allem Start-ups und Mittelstand einen besseren Zugang zu (Venture-)Kapital und eine klare Innovationsstrategie. Deutschland verfüge mit seinem dualen Bildungssystem und Universitäten nach wie vor über eines der besten Innovationssysteme der Welt. “Uns fehlt es aber an Priorisierung, Koordination und Umsetzungsgeschwindigkeit”, sagt P. Leibinger bei seiner Präsentation. Für ihn sind diese Probleme jedoch lösbar.
P. Leibinger – “…in Europa eine selbstbewusste Führungsrolle übernehmen”

Die Zukunft Deutschlands liegt für den BDI in Europa und in einer engeren Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. So sollte der Fokus der künftigen Bundesregierung in einem tieferen EU-Binnenmarkt liegen. Gleichzeitig sollten entschlossene Investitionen in strategische Zukunftsbereiche wie Digitalisierung, Energieunabhängigkeit und Forschung getätigt werden, um vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken. Mit Blick nach Brüssel – und wohl auch in Richtung des noch amtierenden Bundeskanzler Scholz – sagte P. Leibinger, dass es hierbei wichtig sei, “dass Deutschland wieder eine selbstbewusstere Führungsrolle einnehme und Europa sich strategisch unabhängiger mache.” Zuletzt stand BK Scholz in Deutschland und innerhalb der EU unter scharfer Kritik, dass Deutschland weder wirtschaftspolitisch noch im laufenden Vernichtungskrieg des faschistischen Putin-Russland gegen die Ukraine Führungsstärke gezeigt habe. „Wir müssen unsere Verhandlungsmacht nutzen, um wirtschaftliche Interessen effektiv zu vertreten und Allianzen für eine stärkere europäische Integration und Wettbewerbsfähigkeit zu schmieden. Die EU muss wissen, wohin sie gehen will, und dazu gehört, dass Deutschland mit einer ambitionierten wirtschaftspolitischen Agenda vorangeht”, bekräftigt P. Leibinger, der neben seiner Funktion als BDI-Präsident auch für das Bundesministerium für Bildung und Forschung der Sprecher des Programmausschusses „Photonik bzw. Quantensysteme“ ist.
BDI – Der Ton zwischen USA und EU wird rauer

Der Präsident ging im Rahmen der Pressekonferenz auch auf die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus und dessen Zollandrohungen ein: „Wir stehen vor einem Umbruch. Der Ton wird rauer und neue Zölle könnten die Wirtschaft in Deutschland und der EU empfindlich treffen.” Bei Zöllen drohe der EU ein Wachstumseinbruch. Die exportorientierte deutsche Wirtschaft könne dann statt um minus 0,1 Prozent um fast ein halbes Prozent schrumpfen. Er forderte daher die handelnden politischen Akteure zu besonnenem Handeln im Umgang mit dem wichtigsten Handelspartner Deutschland, den USA auf. Es gelte eine kluge Balance zwischen Entschlossenheit und Flexibilität zu finden und die eigene Position strategisch neu auszurichten. “Das Wichtigste wird jedoch sein, in transaktionale Beziehungen zu treten und über strategisch wichtige Kompetenzen zu verfügen, die unsere Partner nur bei uns finden.”
P. Leibinger – “Strukturelle Probleme mutig und entschlossen angehen”
Peter Leibinger, der seit Anfang dieses Jahres das Amt des BDI-Präsidenten ausübt, appellierte zum Schluss noch einmal eindringlich an die Verantwortlichen in der zukünftigen Bundesregierung, die strukturellen Probleme mutig und entschlossen anzugehen: „Deutschland steht an einem Scheideweg – jetzt haben wir es noch in der Hand, können die richtige Richtung einschlagen und Wachstum wählen. Die Probleme sind groß, aber nicht unlösbar. Wir haben eine starke Basis, auf der wir aufbauen können. Unsere Unternehmen brauchen eine Bundesregierung, die mit Entschlossenheit, Stärke und Zutrauen die Entscheidungen trifft, die Deutschland als Industriestandort wieder auf Erfolg ausrichten.”
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