Der Schweizer Intralogistik-Lösungsanbieter Ferag macht derzeit einen rasanten Wandel mit und erfindet sich in der Welt des Klimawandels und der darin geforderten Nachhaltigkeit in vielen Bereichen quasi neu. Wie das aussieht und was Interessenten an Ferag-Lösungen erwarten können, darüber sprach blogistic.net mit Nikolas Baumann, Managing Director & Head of Region CEE/China. (LogiMAT 2023; Halle 3 |Stand 3C03)
blogistic.net – Herr Baumann. Es fällt auf, dass Ferag mehr und mehr jünger und innovativer auf dem Intralogistik-Markt auftritt. Was ändert sich gerade im Unternehmen?
N. Baumann – Wie Sie wissen, Herr Schlobach, kommt Ferag ja eigentlich aus dem Grafikbereich, also aus dem klassischen Verlagswesen und hat hierfür etwa Lösungen für den Zeitungsdruck realisiert. Die Intralogistik tickt da jedoch etwas anders: Was einst schlicht Logistik hieß, nennt sich heute Supply Chain Management. Was einst der interne Güterfluss war, ist heute die Intralogistik. Kaum eine Branche hat in den vergangenen Jahrzehnten einen derart starken Wandel durchgemacht wie der Transport von Gütern und Informationen sowie die damit verbundenen Dienstleistungen. E-Commerce verstärkt und beschleunigt das nur noch. Dahinter stecken, wenn man so will, zwei unterschiedliche Philosophien, die beide ihre Berechtigung haben. Uns ist es jeweils wichtig, authentisch, persönlich und trotzdem professionell zu sein.
Nikolas Baumann – Perfekte Lösungen gemeinsam entwickeln
blogistic.net – Zum professionellen Auftreten gehört auch die Angebotspalette eines jeden Unternehmens.
Nikolas Baumann – Richtig! Es ist wichtig, dem Kunden Lösungen zu präsentieren. Hinzu kommt nicht nur den Ist-Zustand beim Kunden zu sehen und eine Lösung zu präsentieren, sondern mit ihm gemeinsam zu überlegen, wohin die Reise gehen soll, die perfekte Lösung mit ihm gemeinsam zu entwickeln. Das wird aus unserer Sicht immer bedeutender. Interessant dabei ist, dass wir die passende Lösung meistens bereits haben. Aber es ist wichtig, offen und ehrlich zu sein. Wir sagen, wenn etwas nicht geht oder für den Kunden keinen Sinn ergibt. Meistens aber ist es so, dass sich in irgendeiner Schublade noch ein Patent versteckt. Ein Patent, das vor 20 Jahren möglicherweise noch seiner Zeit voraus war, jetzt aber genau passt.
blogistic.net – Wo setzen Sie dabei an?
N. Baumann – Es ist der permanente Austausch mit dem Gegenüber, der zählt: Was sind seine Bedürfnisse, mit welchen Themen setzt er sich auseinander, wie lösen wir die Lieferkettenproblematik? Im Endeffekt ist es wichtig – und das betone ich gern noch einmal – das zu bieten, was tatsächlich gebraucht wird.
blogistic.net – Intralogistikinvestitionen werden von Unternehmen sehr häufig ausgeschrieben. Viele Anbieter pitchen dann mit. Was unterscheidet Sie von den anderen?
N. Baumann – Wir sehen bei unseren Gesprächen oder bei Ausschreibungen nicht das einzelne Modul, sondern betrachten immer den gesamten Prozess. Auch welche Informationen vom Kunden kommen, was ihn bewegt, was ihm Sorgen bereitet, was abgebildet werden muss: Das sind zusätzliche Herausforderungen, die wir immer in Betracht ziehen. Natürlich passen unsere Produkte, wie der „ferag.skyfall“, oft sehr gut in den gewünschten Prozess. Aber, wir sind offen und “neutral” als Sub Kontraktor, als Generalunternehmer. Das ist ein Riesenvorteil für Ferag, den andere so nicht haben. Wir suchen in erster Linie das für den Kunden Beste aus den verschiedenen Welten heraus und kombinieren es.
blogistic.net – Wie sieht es in Sachen Innovation bei Ferag aus?
N. Baumann – Da haben wir so einiges zu bieten. Ein aktuelles Kundenprojekt ist ein schönes Beispiel dafür. Dabei war nicht die Technologie die Innovation. Wir haben den Kunden gefragt, was er benötigt und wo der Schuh drückt. Wir haben aber nicht versucht, die Highend-Lösung zu verkaufen. Wir haben uns gefragt: Was haben wir und was können wir für den Kunden daraus machen? In diesem Fall war es eine einfache Erweiterung einer Standardlösung die den entscheidenden, effizienten und nachhaltigen Mehrwert gebracht hat. Und das finde ich so unglaublich interessant. Das leben wir, das ist das Innovative daran. Wir entwickeln aus Bestehendem die perfekte Lösung für den Kunden, die mit seinem Erfolg mitwachsen kann, basierend auf dem, was er schon hat. Nachhaltige Entwicklungen und Prozesslösungen – immer im Interesse unserer Kunden. Innovation ist nicht nur Technik, sondern geht weit darüber hinaus. Die Art und Weise, wie wir mit unseren Kunden umgehen, was für Lösungen wir anbieten, wie wir an Projekte herangehen; auch das ist innovativ.
Nikolas Baumann – Familienunternehmen mit Start-up-Mentalität
blogistic.net – Das setzt sicher eine entsprechende Firmenkultur voraus.
Nikolas Baumann – Ja! Ich sage immer: Wir sind ein Familienunternehmen mit einer Start-up-Mentalität. Das wird auch so gelebt. Ferag hat extrem flache Hierarchien, und man kann seinen Chef – bis hin zum CEO – unkompliziert per WhatsApp erreichen.
blogistic.net – Aber noch einmal zum Thema Innovationen: Wie machen Sie diese für den Kunden sichtbar?
N. Baumann – Wir gehen zum einen raus zu den Kunden und hören zu. Zum anderen holen wir die Kunden auch zu uns ins Haus, aber nicht nur um Meetings abzuhalten. Sondern wir richten in Hinwill – und hoffentlich auch bald in unserer Deutschland-Zentrale in Sulzbach (Taunus) – Kundenzonen ein, die dann wirklich dem „Look and Feel“ für Interessenten an Ferag-Lösungen entsprechen. Wir stellen uns die Frage: Wie sieht es beim Kunden aus? Womit identifiziert er sich? Wie fühlt er sich wohl und sicher? Wie sehen die Produktverpackungen aus? Seine Waren? Und das bilden wir dann für ihn in den Kundenzonen ab. Wir wollen aber auch, dass unsere Mitarbeiter dafür leben. Sie sollen den potenziellen Anwender unserer Lösungen spüren, denn nur so können sie sich auch mit Ihm identifizieren. Dafür sind uns keine Mühen zu groß.
Nikolas Baumann – Nachhaltigkeit ist heiß
blogistic.net – Kommen wir zum Thema Nachhaltigkeit: Was gibt es hier bei Ferag zu berichten?
Nikolas Baumann – Das Thema Nachhaltigkeit, das vor – sagen wir – fünf, sechs Jahren noch keine so große Rolle gespielt hat, ist jetzt natürlich brandheiß. Das zieht sich wie ein roter Faden durch all unsere Systeme und gilt natürlich auch für unsere Technik. Aber wir setzen das auch in unserer Infrastruktur sukzessive um. Ob das Photovoltaik betrifft oder E-Autos. Wir sind hier auf dem Weg der Nachhaltigkeit, auch als Gesamtkonzern. Für mich aber ist das eigentlich Wunderbare, dass unsere Produkte Nachhaltigkeit schon leben, und zwar seit 1957. Kurz: Alles, vom Produkt über die Infrastruktur bis zu unseren Gebäuden, spricht bei uns heute die Sprache der Nachhaltigkeit. Wir sind dabei aber sicher noch nicht am Ziel, das werden wir vermutlich nie sein, weil es immer etwas zu verbessern gibt. Aber das wird gefördert und gepusht.
Nikolas Baumann – Der persönliche Kontakt ist unabdingbar
blogistic.net – Letztes Thema: LogiMAT 2023. Die Messe ist wieder der Brennpunkt für die Intralogistik-Szene. Was macht Stuttgart für Sie und Ferag so attraktiv?
Nikolas Baumann – Messen sind für uns ganz allgemein ganz wichtig. Während der Pandemie gab es keine Messen. Trotzdem konnten wir unsere Kunden gut betreuen, auch auf Distanz. Doch ohne persönliche Präsenz ist dem vorhin beschriebenen Miteinander mit Interessenten und Anwendern unserer Lösungen begrenzt. Der persönliche Kontakt ist unabdingbar, weil wir eben Menschen sind! Die LogiMAT ist für uns gesetzt, ein Netzwerk-Event und ein wichtiger Anker. Genauso sind es aber auch unsere eigenen Hausmessen und in der Region zusätzliche andere Messen. Die Coronapandemie hat gezeigt: Viele Dinge funktionieren digital und tragen zur Nachhaltigkeit bei. Doch das ersetzt den persönlichen und direkten Kontakt und Austausch nicht.
blogistic.net – Was zeigt Ferag auf seinem Stand?
N. Baumann – Wir sind mit unserer ganzen Bandbreite an Lösungskompetenzen dort. Wir zeigen beispielsweise den „ferag.skyfall“ mit automatischer Be- und Entladung der Taschen. Auch hier sind wir authentisch. Außerdem zeigen wir die Kombination des „ferag.skyfall“ mit weiteren Modulen und Systemen. Wir zeigen exemplarisch unsere vorhin beschriebene Philosophie, in Gesamtlösungen zu denken und wie sie aus verschiedenen Modulen zusammengesetzt werden können. Auch die “Intelligenz”, also die Programmierung und Steuerung der Anlage, wird gezeigt. Und natürlich, wer und wie Ferag ist.
blogistic.net – Herzlichen Dank für das Gespräch!
Ferag in Kürze
Ferag ist spezialisiert auf die Entwicklung von intralogistischen Gesamtlösungen in den Bereichen Produktion, E-Commerce und Omnichannel für die verschiedensten Branchen sowie für die Post- und 3PL-Automatisierung. Das seit über 65 Jahren am Markt befindliche Schweizer Familienunternehmen ist zudem einer der Weltmarktführer in der Entwicklung, der Konstruktion und dem Vertrieb von Materiaflusssystemen für unterschiedlichste Industrieanwendungen. Innovative Förder- und Sortierlösungen für die Intralogistik sind darüber hinaus eine konsequente und nachhaltige Weiterentwicklung der für die Printmedienproduktion entwickelten Ferag-Verarbeitungssysteme. Software- und Automationslösungen werden inhouse entwickelt und von Ferag-eigenen Teams implementiert. Die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Hinwil/Zürich ist in mehr als 20 Ländern mit eigenen Vertriebs- und Servicegesellschaften vertreten und beschäftigen weltweit rund 600 Mitarbeitende.
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