Nachts geht’s ab

Seit März 2014 können bei UPS am Kölner Flughafen 190.000 Pakete pro Stunde über die Rampe gehen. Damals eröffnete der KEP-Dienstleister nach zweijähriger Bauzeit den neuen Erweiterungsbau seines Zentral-Hubs. BUSINESS+LOGISTIC hat das neue Air Hub besucht.

Nachts elf Uhr dreißig in Köln. Während im Rest des Rheinlandes nach und nach die Lichter ausgehen und seine Bewohner sich schlaffertig machen, um für den nächsten Tag Energie zu tanken, erwacht der Flughafen Köln Bonn gerade wieder zum Leben. Die ersten der insgesamt erwarteten 37 riesigen Boeing- und Airbus-Transportmaschinen des weltweit größten KEP-Dienstleisters, UPS, rollen bereits über das Flugfeld. Kurs: Das UPS-Verteilzentrum. Hell erleuchtet liegt es geduckt da wie eine große Glucke; bereit, tausende Paketsendungen aus aller Welt in seinen Bauch aufzunehmen.

Zeit ist Geld

Hektische Betriebsamkeit beginnt sich breit zu machen, wenn die Riesenvögel anrollen, die den schon ein wenig müden Beobachter in seinen Bann reißt. Der ohrenbetäubende Lärm der Triebwerke mischt sich nun mit dem kraftvollen Brummen gigantischer Hebebühnen, welche Container für Container aus den luftigen Höhen der Flugzeug-Frachträume auf das Rollfeld hieven. Da fällt es kaum auf, dass einem ein eisiger Wind um die Ohren pfeift. Für die UPS-Mitarbeiter hier am Flughafen ist der Wind allerdings ein großes Thema, denn in dieser Nacht gibt es eine Sturmwarnung. Sturm verlangt nicht nur den Piloten der gigantischen Transportmaschinen einiges an Können ab, er bedeutet auch für das Personal am Boden eine große Herausforderung. Denn dieses hat einen straffen Zeitplan zu erfüllen, damit die Paketsendungen rechtzeitig wieder das Verteilzentrum verlassen und schließlich auch pünktlich bei den Verbrauchen ankommen.

Von allen Seiten brausen, manchmal laut hupend, kleine Zugmaschinen mit Waggons im Schlepptau heran und vorbei. Sie transportieren die UPS-Paketcontainer zu den einzelnen Stationen in den Vorhallen des gigantischen Hubs, wo die Mitarbeiter schon darauf warten, sie in Windeseile auf riesige Förderbänder zu entleeren.

Echt kultig

Diese Vorhallen allein sind schon eine Sensation. Kathedralengleich ziehen sie sich über hunderte Meter schier endlos entlang. Unwillkürlich muss ich an die Kultserie „Raumschiff Enterprise“ denken, in der sich das gleichnamige Raumschiff auf die Reise in unendliche Weiten aufmacht, um Welten zu erforschen, die nie zuvor ein Mensch gesehen hat. Hier, im Air Hub hat man den Eindruck, bereits in diesen futuristischen Welten angekommen zu sein. Der Boden der Hallen ist übersät mit Rollen. Diese Entwicklung – aus der Ideenschmiede von Siemens übrigens – erleichtert es den Hub-Arbeitern, die schweren Container nahezu mühelos an ihren Bestimmungsort zu bugsieren. Das geht auf diese Weise schneller, als mit Staplern und Förderzeugen herum zu manövrieren.

Geschwindigkeit zählt

Geschwindigkeit ist sowieso das Zauberwort, unter dessen Bann hier alle zu stehen scheinen. Zack-zack: Die Container sind an der Station kaum angedockt und werden bereits geöffnet. Eins, zwei, drei, in wenigen Minuten nur sind die Container geleert und die Pakete verschwunden. Sie machen sich in rasendem Tempo auf den Weg durch das Gewirr von Bändern, Rollschienen und Rutschen, das sich über drei, vier Stockwerke hinzieht. Die kaum vorstellbare Menge von 190.000 Paketen, Päckchen und großen Briefsendungen wuchten die vielen Mitarbeiter pro Stunde auf die Förderbänder. Das entspricht 53 Paketen pro Sekunde, die über insgesamt 40 Kilometer Bandanlage befördert werden. Durchschnittlich braucht ein Paket dabei nur 15 Minuten, um die Anlage vom Entlade- bis zum Beladepunkt zu durchlaufen. Dennoch sieht das alles ziemlich locker und entspannt aus. Es ist 24 Uhr, die Müdigkeit ist verflogen, zu aufregend ist das, was hier passiert. Und dem Beobachter bleibt kaum Zeit, sich zu orientieren.

Alles still

Mittlerweile läuft das Verteilzentrum im Hintergrund auf Hochtouren. Überall, oben, unten, links und rechts sausen die Pakete auf Förderbändern und Kippschalensortern dahin. Manchmal wird eines abgekippt und rutscht weiter hinab in den Bauch des UPS-Hubs, irgendwohin, aus den Augen des Beobachters. In weiter Ferne sieht man immer wieder gleißendes Rotlicht aufleuchten. An diesen Stellen werden Pakete gescannt und die Informationen, die auf den darauf haftenden Barcode-Etiketten gespeichert sind, in das System eingespielt. Damit weiß es, wohin es die Fracht transportieren soll. – Erstaunlich ist die Lautlosigkeit, mit der das alles vonstattengeht. Nicht viel mehr als ein eintöniges, leises, niederfrequentes Rauschen der Förderband-Rollen ist zu hören, das hin und wieder unterbrochen wird durch das Brausen ankommender oder abfliegender Maschinen. Mehr nicht! Man kann sich ganz problemlos in normaler Laufstärke unterhalten.

Klein angefangen

Das Hub: Schon 1986 hat hier UPS in den Standort Köln Bonn investiert. Kamen damals jedoch gerade einmal eine Handvoll Maschinen an, sind es mittlerweile 37 Flüge, die Nacht für Nacht zwischen 23 und 2.30 Uhr ankommen oder abgehen. Der Standort in Nordrhein-Westfalen ist für den UPS-Lufttransport die wichtigste Drehscheibe neben den Flughäfen in Louisville/Kentucky (USA) und Shanghai, Shenzen und Hongkong (Asien). Bereits 2006 investierte UPS 135 Millionen US-Dollar in den Ausbau der Facht West genannten Halle. Dafür musste ein Golfplatz weichen, der das bisherige Hub gewissermaßen umrahmte. Mit dem Ausbau wurde die Sortierkapazität von 60.000 auf 110.000 Sendungen pro Stunde erhöht.

Neue Erweiterung

Im März 2014 schließlich wurde nach zweijähriger Bauzeit die zweite Erweiterung des Air Hubs eröffnet. 200 Millionen US-Dollar ließen sich die Amerikaner die Investition diesmal kosten, die eine der größten Anlageninvestitionen in der Geschichte von UPS darstellt. Damit stehen für die Express-Fracht nun mehr als 105.000 Quadratmeter – das entspricht in etwa der Fläche von 15 Fußballfeldern – zur Verfügung.
Mit dem Kölner Erweiterungsbau hat sich UPS für das künftige Wachstum seines internationalen Air-Express-Geschäfts positioniert. Maßgeschneiderte Technologie stellt dabei die Effizienz und die Zuverlässigkeit der Abläufe des Hubs sicher und reduziert die manuelle Pakethandhabung während der Sortierung. Im Zuge der Erweiterung wurden 200 zusätzliche Arbeitsplätze am Kölner Hub geschaffen. UPS beschäftigt damit heute 2.500 Mitarbeiter in seiner Kölner Air-Operation. Damit ist das Unternehmen der größte Arbeitgeber am Flughafen Köln Bonn.

Ende eines Morgens

Mittlerweile ist es zwei Uhr morgens. Bei mir stellt sich nun doch Müdigkeit ein. Auch hier im Hub beginnt es langsam ruhiger zu werden. Nur draußen brummen wieder die Motoren der Hebebühnen und Zugmaschinen. Hin und wieder hupt es. Und bei mir kriecht nun doch ein wenig die Kälte von den Füßen in den Körper hinein. Ein wenig Ehrfurcht macht sich breit, wenn ich an die Leute denke, die, während Otto Normalverbraucher wie ich an der Matratze horchen, dafür sorgen, dass meine Pakete innerhalb von 24 Stunden quer durch Europa an seinen Bestimmungsort gelangen. Ein leichter Kerosinduft schwängert die Luft, als ich mich auf den Weg ins Hotel mache und ich denke: „Morgen spielt sich hier das gleiche Schauspiel ab, beinahe 365 Mal im Jahr.“ Und dabei ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht.

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