EUROPALETTEN – „Heute bestellt,morgen geliefert“

Paletten Winter in Hof, gilt heute als einer der ganz großen Anbieter im ost-österreichischen Europaletten- und Palettenmarkt. Der Weg dorthin war für den mutigen Unternehmensgründer Franz Winter ein steiniger. Dennoch ist der Selfmade-Man ganz er selbst geblieben: der nette Landbursch von nebenan. (Ein Firmenportrait von CR Hajo Schlobach)

Euro Palette
Paletten: Der Phantasie sind damit keine Grenzen gesetzt. (Foto: ©cmfotoworks / Fotolia.com

Hof am Leithagebirge dürfte eine ganz typisch niederösterreichische Landgemeinde sein; mit Kirchturm und vorwiegend ein- bis zweistöckigen Wohnhäusern. Knapp 1.500 Menschen wohnen hier, südlich von Wien, und die Mehrheit davon pendelt täglich in die Industriezentren in oder rund um die Bundeshauptstadt oder nach Eisenstadt. So strahlt das Örtchen auch am Tag sehr viel Ruhe aus, die von der unendlich wirkenden Tiefebene, die sich von hier über den nahen Neusiedler See bis weit nach Ungarn hinein zieht, herüberzuschwappen scheint. Diese topfebene Landschaft prägt die Region mehr, als es der Namenszusatz „am Leithagebirge“ vermuten lässt. Das Leithagebirge – oder „die Leithaberge“ wie sie im Dialekt genannt werden – ist nämlich nur ein Höhenrücken mit ein paar Quadratkilometern Ausdehnung am Rand des Wiener Beckens. Seine höchste Erhebung, der Sonnenberg, misst gerade einmal 484 Meter; nicht einmal ein Zwerg angesichts mächtiger Alpenmassive wie des Großglockners, welche Österreich sonst so vorweisen kann.

Der mit dem Radlader

Deswegen vermutet der Besucher kaum, dass hier einer der größten Paletten-Erzeuger Österreichs seinen Sitz hat: Paletten Winter. Auch wir sind überrascht, als wir, von Wien kommend, nach rund 45 Minuten Fahrtzeit über Land einen weiträumigen Großbetrieb antreffen. Wir fahren auf den vorgelagerten Parkplatz des Unternehmens, der gleich mehrere Sattelauflieger samt etlicher Pkws auf einmal bequem aufnehmen kann. Unseren Pkw stellen wir neben einem gigantischen Radlader ab, der eine Schaufel vor sich herträgt, in der ein Pkw locker Platz finden könnte. Das ist der neue Stolz des jungen Unternehmensgründers Franz Winter. Er verlädt damit die Hackschnitzel auf Lkws, zu denen er Paletten-Resthölzer und Holzverschnitte aus der Umgebung verarbeitet. Das Material wird dann in die Biomasse-Kraftwerke in der Region gebracht, um daraus Strom und Heizwärme zu gewinnen. Mehrmals am Tag kommen die Lkws und holen ihre CO2-neutrale Energie ab. Das Wissen um diese umweltfreundliche Vorgehensweise erzeugt irgendwie ein gutes Gefühl. Als wir die Strecke vom Parkplatz ins Bürogebäude zurücklegen, folgt uns ein großer, aber ausgesprochen friedlicher Hofhund. Der schwarze Kerl dürfte irgendeinem Nachbarn ausgebüxt sein und macht uns wie den Mitarbeitern nun seine Aufwartung. Freundlich wedelnd schnüffelt er ein paarmal und trottet dann gemächlich weiter; irgendwohin, ohne sich weiter um uns oder den Betrieb ringsum zu scheren. „Auch das ist Hof am Leithagebirge“, denken wir uns.

Möbel aus Palettenholz

Und dann taucht Franz Winter, der Firmenchef, in unserem Blickfeld auf. Wir sehen ihn erst von hinten, denn er kommt gerade aus der Paletten-Produktion und gibt noch ein paar kurze Anweisungen an sein Administrationsteam, bevor er sich uns freundlich lächelnd zuwendet. Er wirkt auf uns wie einer dieser modernen amerikanischen Farmer aus dem Fernsehen: schlank, ruhig und selbstbewusst. Und seine Kleidung verrät, dass er es gewohnt ist, selbst mit anzupacken.

Erstaunlich bequem. Das Interview findet im neuen Showroom, in dem er Designermöbel aus Euro-Paletten ausstellt, statt. „Das wird unser neuer Geschäftszweig, eine Idee meiner Frau“, erklärt F. Winter mit seiner sanften Stimme und einem Augenzwinkern. Der Showroom ist freundlich hell und es riecht nach frischem Holz und Farbe. Wir lassen uns auf einer der ausgestellten Sitzgruppen nieder. Sie ist erstaunlich bequem und man kann sich leicht vorstellen, wie sie wohl in einer modernen Wohnung wirkt: echt trendy. „Das hier war ja ursprünglich nur eine Spielerei, mit der wir reparable, aber sonst nicht weiter verwertbare Paletten einmal einer anderen Bestimmung zuführen wollten als dem Schreddern“, erzählt F. Winter und weiter: „Der Prototyp hat aber alle so begeistert, dass wir uns überlegt haben, mehr daraus zu machen.“

Eine neue Kollektion. Tatsächlich ist aus dem Prototyp mittlerweile eine ganze Kollektion geworden, welche vom Bett über den Tisch bis hin zum Barhocker reicht und in der jedes Stück ein echtes Unikat ist. „Man kann aus Europaletten nahezu alle Möbel machen. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt.“ Das dürften viele so sehen, denn die Palettenmöbel erfreuen sich einer großen Nachfrage, obgleich Winter sie erst seit Ende März 2014 anbietet.

Vor 20 Jahren

„Auf eine ähnliche Weise haben wir hier übrigens vor knapp 20 Jahren angefangen“, erzählt Franz Winter und ist dabei mit uns gleich per Du. Damals war er noch Nebenerwerbs-Gemüsebauer. Während der Erntezeit fuhr er immer um zwei Uhr früh, vor seiner eigentlichen Arbeit, mit seinem Traktor und Hänger zum Großgrünmarkt und bot sein Gemüse an. Das ging deshalb, weil sein eigentlicher Arbeitsplatz faktisch auf dem Weg lag. Da es ihm stets an Paletten mangelte, nahm er dann immer nach der Marktzeit die kaputten Paletten mit. Am Wochenende zerlegte er sie dann und zimmerte aus den brauchbaren Überresten neue Paletten. Der Rest wanderte als billiges Brennholz in den Ofen. „Die anderen Marktstandler und Bauern haben das irgendwann einmal bemerkt und begonnen, mir die Paletten abzukaufen“, erinnert sich F. Winter. So sei daraus – neben dem Gemüse-anbau – ein zusätzlicher lukrativer Nebenerwerb geworden. „Bis daraus jedoch ein Unternehmen wurde, habe ich noch mehrere Jahre ganz normal gearbeitet, was in Erntezeiten dazu führte, dass ich kaum ein Auge zugetan habe“, erzählt mehr als 15 Jahren habe ich dann endlich Paletten Winter gegründet“, schließt F. Winter dieses Kapitel, um sogleich zu bekräftigen: „Ohne meine Frau, die das von Anfang an tatkräftig unterstützt hat, hätte ich das nicht geschafft.“

Die anderen Marktstandler und Bauern haben das irgendwann einmal bemerkt und begonnen, mir die Paletten abzukaufen. Franz Winter, CEO Paletten Winter

Paletten über Paletten

Mittlerweile erzeugt F. Winter in Hof am Leithagebirge Paletten aller Art, von der Euro-Palette über die Halbpalette bis hin zu Einwegpaletten. Er experimentiert mit Viertelpaletten und denkt sogar über Paletten aus Pappe nach. Eigentlich bekommt man hier fast alles, was so gemeinhin rund um Paletten & Co notwendig ist. Sogar Reparaturen führt Paletten Winter in der eigenen Tischlerei aus. Klar, wer von Anfang an Paletten selbst zimmert, kann sie auch reparieren. Das macht das niederösterreichische Unternehmen auch attraktiv für einen ganz großen kommerziellen Palettenpool-Betreiber: Chep. Seit 2010 sorgt Winter dafür, dass der ostösterreichische Palettenpool von Chep immer tipptopp ist und in ausreichender Menge Paletten vorhanden sind (siehe auch Artikel „Die Sache mit dem Tausch“, BUSINESS+LOGISTIC 1/2014, S. 12 ff). Hierfür hat Winter viel Geld in die Hand genommen, um vor allem den Prüf- und Reparaturvorgang zu automatisieren und möglichst effizient zu gestalten. Nur so kann er überhaupt die erforderliche Menge pro Monat umschlagen.

Holz aus Österreich. Die Holzpaletten stammen aus Holz aus Österreich und der näheren Umgebung, wie uns F. Winter bestätigt. Rund 1.200 Kubikmeter österreichisches Holz verarbeitet er dabei monatlich. Wir fragen ihn nach den Gründen, warum er denn nur österreichisches Holz verarbeitet, und sind als Holz-Laien über die Antwort überrascht: „Der Grund dafür ist, dass man aus Tschechien, Slowakei bzw. aus ganz Osteuropa kaum mehr Schnittholz beziehen kann, weil diese Staaten die Einschlagkontingente radikal reduziert haben.“

Das Geschäft wird härter

Für die Palettenerzeuger ist das übrigens allgemein eine unangenehme Sache, denn seither klettern die Holzpreise in Sphären, die selbst so großen Palettenerzeugern wie Paletten Winter Schwierigkeiten bereiten. Gleichzeitig steigen die Kosten für Energie, Löhne und Lohnnebenkosten. Aufgrund der starken Wettbewerbssituation können die Mehrkosten jedoch nicht an die Märkte weiter gegeben werden. Zudem schließen Unternehmen mit ihren Palettenlieferanten üblicherweise Jahresverträge über fixe Liefermengen zu Fixpreisen ab, innerhalb derer bei Schwankungen der Rohstoffpreise nur bedingt nachverhandelt werden kann.

Verschnaufpause. Allerdings dürfte sich der Palettenmarkt derzeit ein wenig entspannt haben und die Preise zumindest für Standardpaletten etwas anziehen. Ein Grund dürfte die steigende Nachfrage sein. So berichtet der Europäische Wirtschaftsdienst Euwid in seiner Online-Ausgabe vom 6. Mai, dass Hersteller von Standardpaletten im April und davor einen leichten Anstieg der Nachfrage verzeichnen konnten, sodass vielfach mittlerweile wieder von zufriedenstellenden Auftragsbeständen gesprochen wird. Neben den Abnehmern aus den Bereichen Lebensmittel-, Getränke- und Elektroindustrie hat sich im Laufe des Aprils auch wieder eine verstärkte Nachfrage aus der Bauindustrie positiv bemerkbar gemacht. Nur in wenigen Fällen berichten Hersteller von einem eher verhaltenen Ostergeschäft. Insgesamt konnten demnach in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres die sowohl mengen- als auch umsatzmäßig hohen Vorjahresergebnisse eingestellt, vereinzelt auch übertroffen werden.

Just-in-time. Diese leichte Entspannung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Palettengeschäft in den letzten 15 Jahren für lokale Anbieter wie Paletten Winter härter geworden ist. Neben den wachsenden Kosten, die nur wenig an die Märkte weitergegeben werden können, plagen die Palettenbranche nämlich auch die dramatisch anwachsenden Anforderungsprofile. So verflüssigen Unternehmen ihr in Paletten gebundenes Kapital und reduzieren ihre Palettenlager faktisch auf null. Sie verlagern damit die Kosten für die Lagerung sowie die Handlingkosten an ihre Lieferanten. Gleichzeitig wächst der Zeitdruck, denn Paletten sind ein unverzichtbares Gut sowohl für betriebsinterne wie externe Transporte. „Heute bestellt und morgen geliefert, das ist die Realität im Paletten-Geschäft“, erzählt uns F. Winter. Er helfe sich damit, dass er seinen Lieferradius mittlerweile auf 100 Kilometer beschränke. „Damit decke ich nahezu ganz Ostösterreich ab“, bekräftigt er im Gespräch mit BLOGISTIC.NET.

Nicht entmutigt

Der sympathische Unternehmer lässt sich allerdings nicht durch solche Schwierigkeiten entmutigen, sondern sieht diese vielmehr als unternehmerische Herausforderung. Zudem habe er persönlich zu viel Zeit und Energie geopfert und als Firmenchef genügend Ups und Downs erlebt, als dass ihn das zu sehr beeindrucke, sagt er selbstbewusst. „Und außerdem habe ich mittlerweile 120 Mitarbeiter in der gesamten Firmengruppe, die neben Paletten Winter auch noch das Unternehmen Hackgut Winter umfasst. Damit zähle ich hier im Umkreis zu den größten Arbeitgebern. Meinen Mitarbeitern samt deren Familien fühle ich mich daher auch ein Stück weit verantwortlich“, so F. Winter. Das Einzige, was er jedoch fordere, seien politische Weichenstellungen, welche eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten und der Steuerlast bringen und den Abbau von bürokratischen Hürden. „Damit bleiben wir auch künftig wettbewerbsfähig“, sagt er – und seine Augen blitzen dabei.

euro-paletten.at