Prokurist Harald Scherleitner MBA, Spartenleiter von Fronius Perfect Charging in Wels (OÖ) und designierter Leiter der Sparte Perfect Welding, im Gespräch mit CR Hans-Joachim Schlobach über Energiemanagementkonzepte, Ladetechnologien und den Marktdruck nach Standardisierungen bei Li-Ladetechnologien.

B+L: Die Lithium Ionen-Technologie (Li-Technologie) gehört in der Staplertechnologie zum Standard. Die Brennstoffzelle spielt zwar noch nicht die große Rolle im gesamten Antriebsspektrum, gilt aber als Zukunftstechnologie. Und die Nasszelle wird zwar zurück gedrängt, bleibt aber als bewährte Technologie in vielen Flotten nach wie vor ein gefragtes Antriebskonzept. Wie ordnen Sie in diesem Zusammenhang die Ladetechnologie und Perfect Charging im Bereich der Flurförderzeuge ein?
Scherleitner: Ladetechnologien werden immer wichtiger, insbesondere vor dem Hintergrund, dass in den entwickelten Märkten die verbrennungsmotorisch angetriebenen Geräte immer mehr durch elektrisch angetriebene ersetzt werden. Das bedeutet, dass der Anteil der Elektrostapler in den Unternehmen immer höher wird. Somit steigt auch der Stromverbrauch in Unternehmen, der natürlich wieder eingespart werden soll, zumindest zum Teil.
B+L: Was ist der Kundennutzen moderner Ladetechnologien?
Scherleitner: Natürlich der geringere Stromverbrauch. Aber wenn ich unsere Ri-Ladetechnologie für die klassische Blei-Säure-Batterie betrachte, dann liegt der Kundennutzen auch in der längeren Haltbarkeit der Batterien, dem daraus folgenden geringeren Wartungsaufwand, der diese Technologie nach sich zieht, den geringeren Verbrauch von destiliertem Wasser usw. Und das kann man dann in konkreten Einsparungen beim Kunden darstellen.
B+L: Ressourceneinsparungen, CO2-Abdruck, Umweltverträglichkeit, usw. sind mit neuen Antriebs- und Ladetechnologien aber auch zu erzielen…
Scherleitner: Selbstverständlich ist auch das wichtig. Aber unterm Strich zählt für ein Unternehmen der kommerzielle Nutzen, der durch neue Technologien erzielt werden kann. Die Intralogistiker rechnen in Cent-Beträgen, auch bei Einsparungen. Diese summieren sich jedoch in längeren Zeiträumen durchaus zu fünfstelligen Eurobeträgen pro Jahr, je nach Größe einer Staplerflotte.
B+L: Damit sich die Einsparungen summieren, müssen die Anwender von Ladetechnologien aber schon ganz genau wissen, wo sie ansetzen müssen. Wissen sie das denn auch in der Praxis?
Scherleitner: Viele Unternehmen wissen nicht konkret, wo sie beim Sparen ansetzen sollen und nehmen daher unsere Beratungsleistungen in Anspruch. Dabei geht es zunächst einmal vor allem darum, zu ermitteln, wo genau gemessen werden soll. Darum zerlegen wir gemeinsam mit unseren Kunden zuerst einmal deren aktuelle Anwendung, d.h. wir stellen fest, welche Flurförderzeuge sie einsetzen, was sie damit machen, wo die Ladestationen installiert sind, welche Ladetechnik verwendet wird, wie das Energie- und Batteriemanagement strukturiert ist, wann die Batterien aufgeladen werden, ob die Räumlichkeiten für Ladestationen der Norm entsprechen usw. Wir analysieren also die gesamten Prozesse, die innerhalb der gesamten Flotte ablaufen, denn es geht darum, ein Verständnis für den konkreten Fall zu entwickeln. Auf dieser Basis berechnen wir dann die Einsparungspotenziale, welche mit unseren Energie- und Batteriemanagementkonzepten möglich sind. Daran orientieren sich ja dann auch die Investitionen in unsere Leistungen und Services.
B+L: Sie positionieren sich seit Neuestem nicht mehr als Lieferant für Batterieladetechnologien, sondern als Spezialist für Prozesse, wie sie in Staplerflotten ablaufen…
Scherleitner: Unsere gewünschte Positionierung ist eigentlich die Knowhow-Führerschaft im Energie- und Batteriemanagement. Damit ich das jedoch sein kann, muss ich die Prozesse der Intralogistik verstehen, die in den Unternehmen ablaufen. Erst daraus lassen sich unterschiedlichste Ansätze ermitteln, nicht nur die Intralogistik, sondern auch das Energie- und Batteriemanagement optimieren. Wir trauen uns daher heute zu behaupten, dass wir bei nahezu jeder Anwendung Einsparungspotenziale ermitteln können.
B+L: Seit dem vergangenen Jahr müssen Unternehmen ab 250 Mitarbeiter verpflichtend ihre Energieaudits abliefern. Spüren Sie Auswirkungen der rechtlichen Rahmenbedingungen?
Scherleitner: Das Energieeffizienzgesetz 2020 hat sehr motivierend gewirkt. Die Nachfrage nach Beratung im Bereich des Energiemanagement, ist seither bei uns enorm gewachsen. Daher haben wir hier auch personell aufgestockt. Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen fragen nach oder installieren sogar selbst Energiemanager, um Energieeinsparungspotentiale bei sich sichtbar zu machen.
B+L: Diese Entwicklungen müssen das Verständnis im Markt für Batterieladesysteme und Konzepte dafür ja eigentlich verbessern. Oder nicht?
Scherleitner: Definitiv! Wir merken das vor allem daran, dass wir heute nicht mehr die Basics für die Sinnhaftigkeit des Einsatzes beispielsweise unserer Ri-Technologien erklären müssen. Heute diskutieren wir nur noch über das ‚Wie‘. Und wenn wir noch ein Jahr warten, dann werden diese Unternehmen auch Systeme installiert haben, wo sie ganz gezielt die Kilowatt-Bedarfe bei sich messen können. Somit treffen sie künftig ihre Energieentscheidungen auf der Basis von Fakten und sind nicht mehr auf den ‚guten Glauben‘ angewiesen. Noch vor einem Jahr hat eine Firma mit 30 Staplern nicht über den tatsächlichen Energieverbrauch ihrer Staplerflotte Bescheid gewusst. Das ändert sich nun sehr rasch.
B+L: Wir erleben derzeit eine echte Zäsur im Hinblick auf alternative Antriebstechnologien wie Littium-Ionen-Technologie. Ihre Ri-Technologie ist jedoch rein für Blei-Säure-Batterien konzipiert. Was ist die Herausforderung dabei?
Scherleitner: Im Hinblick auf unsere Energiespar- und Batteriemanagementkonzepte ist es uns egal, welche Antriebstechnologien verwendet werden. Auch können unsere Ladetechnologien die Blei-Säure-Batterien sämtlicher Hersteller laden. Technisch gesehen können wir bei Fronius jedoch sämtliche Antriebskonzepte, also Nasszelle, Li-Technologie bis hin zur Brennstoffzelle abdecken. Bei den Li-Ladetechnologien haben wir allerdings das Problem, dass derzeit sämtliche Hersteller von Li-Technologien und Li-getriebenen Staplern ihren Kunden nur geschlossene Systeme zur Verfügung stellen, d.h. die Ladetechnologie und die Kommunikation zwischen Batterie und Ladesystem ist immer nur auf den spezifischen Hersteller abgestimmt. Das ist so ähnlich wie wir das noch vor ein paar Jahren bei den Handys kannten. Da hatte jeder Hersteller faktisch seine eigene Ladetechnologie, manchmal sogar für jedes Produkt. Mit anderen Worten: Es fehlen bei Li-Technologien im Staplersegment die Standards, die ja eigentlich nur Softwarestandards sind. Die Ladetechnologie selbst ist überhaupt kein Higlight.
B+L: Wohin wird in diesem Bereich die Reise gehen?
Scherleitner: Die großen End-Abnehmer von solchen Technologien, die sich ja nicht nur auf einen Hersteller verlassen wollen, werden nicht lange akzeptieren, dass sie faktisch für jeden Li-getriebenen Stapler oder jede Li-Batterie stets auch eine eigene Lade- und Managementtechnologie anschaffen müssen. Die werden die Öffnung der Systeme in ihren Ausschreibungen verlangen. Und die anderen werden bald nachziehen. Mit anderen Worten: Der Markt wird diese Exklusivstrategie der Hersteller nicht lange akzeptieren und alles Weitere regeln. Wir bereiten uns jedenfalls jetzt darauf vor. Theoretisch könnten wir bereits alle Li-Batterien sämtlicher Hersteller laden.
B+L: Vielen Dank für das Gespräch.
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