
Die LogiMAT 2020, die 18. Internationale Fachmesse für Intralogistik-Lösungen und Prozessmanagement, wurde aufgrund einer behördlichen Anordnung abgesagt. Der neue Termin steht bereits fest. Wer jedoch für die entstandenen Milliarden Euro Schäden solcher Messe-Ausfälle aufkommt, ist hingegen völlig ungeklärt.
Wie Messeveranstalter Euroexpo in einer Presseaussendung mitteilte, ist die LogiMAT 2020 bereits Geschichte, bevor sie überhaupt anfing. Bis zuletzt ging man, gemeinsam mit der Landesmesse Stuttgart, von der Durchführbarkeit der weltweit größten Messe für Intralogistik aus. Und das trotz der Coronavirus-Problematik und der Absage etlicher gewichtiger Aussteller. Selbst das Gesundheitsamt Esslingen sah bis zuletzt keine erhöhte Gefährdung für Aussteller und Besucher.
Corona-Situation spitzt sich zu
Doch dann hat sich das Ansteckungsrisiko innerhalb weniger Tage erheblich verändert. Innerhalb weniger Tage nahm die Verbreitung des Virus in Deutschland rasant zu. Besonders betroffen ist auch Baden-Württemberg im Allgemeinen und die Region Stuttgart im Besonderen. Das zuständige Ordnungsamt Leinfelden-Echterdingen hat daher auf dringende Empfehlung des zuständigen Gesundheitsamtes des Landkreises Esslingen dem Messeveranstalter die Absage Messe angeordnet – wenige Tage vor Messebeginn.
“Das ist bitter…”
Die LogiMAT war heuer mit über 1.640 Ausstellern völlig ausgebucht und hätte sämtliche Hallen der Messe Stuttgart belegt (wir berichteten). Über 20.000 Messebesucher hatten bereits online ihre Messeteilnahme gebucht, 60.000 Besucher wurden heuer in Stuttgart erwartet. “Es ist daher besonders bitter, da die LogiMAT in Stuttgart für die weltweite Intralogistikbranche von herausragender Bedeutung ist. Die Absage der LogiMAT 2020 aufgrund äußerer, unvorhersehbarer Umstände ist ein Novum in ihrer 18-jährigen Geschichte”, so Christoph Huss, geschäftsführender Gesellschafter der Euroexpo. Man habe zudem keinen geeigneten Termin für eine spätere Durchführung im Jahr 2020 finden können, so C. Huss weiter und abschließend: “Wir haben uns deshalb schweren Herzens für die Absage der Messe entschieden.“ Allerdings steht der nächste Messetermin bereits fest. Die nächste LogiMAT wird vom 9. bis 11. März 2021 wie gewohnt in Stuttgart stattfinden, gibt Euroexpo bekannt.
Wer die Kosten trägt
Der Ausfall der LogiMAT 2020 ist ein Supergau für alle beteiligten. Für Messeveranstalter Euroexpo, die Aussteller und die Region rund um Stuttgart stellt sich nun die bange Frage, wer für die bereits entstandenen Kosten und Nachfolgekosten gerade steht.
Ein Jahr Arbeit für die Katz‘. Immerhin hat Veranstalter Euroexpo ein ganzes Jahr darauf verwendet, die Messe zu organisieren. Das beginnt mit ganz banalen Dingen wie die Akquisition von Ausstellern bis hin zur Organisation des Messeaufbaus, die Miete der Hallen und endet, brandaktuell, in der Erarbeitung eines Sicherheitskonzepts, das die Gesundheit von Ausstellern und Besuchern in Hinblick auf den Coronavirus gewährleistet. Dahinter steckt eine große Anzahl von Lieferanten und Sublieferanten, die trotz des Ausfalls auf ihre Bezahlung warten. Das Problem ist dabei: Die Messe wurde sehr kurzfristig abgesagt und die Aussteller befanden sich mitten im Aufbau.
Juristen können sich freuen. Neben den entgangenen Einnahmen dürfte Veranstalter Euroexpo daher mit einer ganzen Lawine an Forderungen konfrontiert sein. Dabei ist es für das Unternehmen eher weniger hilfreich, dass durch die behördliche Anordnung eine Art „höhere Gewalt“ geltend gemacht werden kann. Das unternehmerische Risiko für den Messeausfall bleibt und die Leistungen diverser Lieferanten wurden bis zur Absage erbracht. Das Unternehmen könnte lediglich gegenüber den Ausstellern nicht für deren entstandene Kosten für die Messe haften. Ob dies allerdings auch die Vorauszahlungen der LogiMAT- Aussteller an die Euroexpo betrifft, ist allerdings unklar. Hier dürfte es wohl darauf ankommen, welche individuellen Vereinbarungen sowohl Aussteller als auch Messeveranstalter treffen.
Aussteller müssen aktiv werden. Die Aussteller selbst dürften möglicherweise komplett auf ihren angefallenen Kosten sitzen bleiben, sofern sie nicht auf Ausfälle versichert sind und die Versicherungen eine behördliche Anordnung zur Absage einer Messe als „höhere Gewalt“ akzeptieren. Ob Aussteller, die nicht ausreichend versichert sind, eine Entschädigung erhalten, ist daher völlig offen. „Die privatrechtlichen Verträge der jeweiligen Betreiber oder Aussteller können unterschiedliche Regelungen beinhalten. Deshalb ist es wichtig, sich das jetzt genau anzusehen“, sagte eine Sprecherin des deutschen Wirtschaftsministers der dpa. Letztendlich läuft es deshalb darauf hinaus, dass jeder Aussteller der LogiMAT 2020 eine individuelle Kulanzregelung mit der Euroexpo trifft und wenigstens die Standgebühren ersetzt bekommt. Dass man hier sehr kulant vorgehen will, war bereits von Euroexpo zu erfahren.
Hoteliers kommen zum Handkuss. Die LogiMAT ist ein Publikumsmagnet, der rund 60.000 Besucher aus der ganzen Welt anlockt. In der Messe-Zeit sind die Hotels in einem großen Umkreis ausgebucht. Dabei werden Messepreise verlangt. Gleichzeitig profitiert die Gastronomie von den finanziell potenten Besuchern der Messe. Diese fallen nun komplett zumindest für diejenigen aus, die keine Regelungen für Unterbringung und Verköstigung mit den Ausstellern getroffen haben.
Milliarden-Schaden für Messestandort Deutschland
Die Gesamtkosten für den Ausfall der LogiMAT 2020 lassen sich derzeit kaum beziffern. Schätzungen zufolge liegen sie jedoch bei rund 100 Millionen Euro. Ein Teil der Kosten wird dabei sicherlich von Ausfallversicherungen gedeckt, sofern Aussteller und Veranstalter für solche Fälle versichert sind und die Versicherungen eine behördliche Absage als „höhere Gewalt“ akzeptieren. Somit könnte die weltweit größte Intralogistikmesse noch zu einem teuren Abenteuer für alle beteiligten werden.
Corona und die Messen. Für den Messestandort Deutschland dürfte jedoch der Coronavirus unterm Strich zu einem Milliarden Euro teuren Fiasko werden. Neben der LogiMAT 2020 sind etliche Weltleitmessen wie die Turismussmesse Berlin, die Buchmesse in Leipzig, der Handwerksmesse in München und etliche kleinere Veranstaltung zum Opfer gefallen. Manche Messen wie die Hannover Industriemesse wurden in den Juli verschoben. Schätzungen zufolge überschreiten die finanziellen Folgen der Ausfälle und Verschiebungen locker die Milliarden-Euro-Grenze und dürften sich, wenn sich die Absagen weiter häufen, bei einem zweistelligen Milliarden Euro-Betrag einpendeln. Und das alleine wegen eines Virus‘. Der Gesamtschaden, den der Coronavirus erzeugt, ist bis dato nicht bezifferbar, dürfte jedoch bis Ende 2020 alleine für Deutschland einen dreistelligen Milliarden Euro-Betrag ausmachen. Vor diesem Hintergrund sollte die Frage dringend geklärt werden, ob die Schäden, die den Volkswirtschaften Europas durch einen harmlosen Virus aus China entsteht, gerechtfertigt sind.