Das aktuelle Transportbarometer Januar 2023 der führenden Frachtenbörse in Europa, Timocom, zeigt ein uneinheitliches Bild. Auf der einen Seite ist der Transportbedarf der Wirtschaft stark gesunken. Gleichzeitig sind die Frachtangebote gegenüber demselben Zeitraum in 2021 um zwölf Prozent gestiegen. Wie das interpretiert werden kann, lesen Sie hier.
Das aktuelle Transportbarometer Januar 2023 der Frachtenbörse Timocom zeigt im vierten Quartal 2022 einen starken Rückgang an Frachtangeboten und damit eine rückläufige Tendenz bei der Nachfrage an Laderaum. Europaweit gingen die eingestellten Angebote in der Timocom-Frachtenbörse gegenüber dem Vorquartal 2022 um 36 Prozent zurück. Das vierte Quartal stellt damit einen Wendepunkt im europäischen Transportmarkt dar, nachdem das erste Halbjahr 2022 noch von massiven Frachtüberhängen geprägt war. In Deutschland ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Hier waren es sogar 39 Prozent weniger Frachtangebote als im Vorquartal. Während die Stagnation bei Frachtangeboten in der Bundesrepublik bereits im Juni eintrat, wurde diese im europaweiten Durchschnitt erst im September deutlich.
Transportkapazitäten frühzeitig gesichert
Der stärkste Rückgang ist lt. Transportbarometer Januar 2023 im Dezember 2022 zu erkennen. In Deutschland gingen die verfügbaren Angebote um 55 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Europaweit waren es 48 Prozent weniger Frachtofferten gegenüber Dezember 2021. Dennoch wurden im Jahr 2022 in ganz Europa zwölf Prozent mehr Frachtangebote in den Marktplatz von Timocom eingestellt als 2021. Innerhalb Deutschlands waren es 2022 allerdings nur 2,5 Prozent mehr Frachten als im Vorjahr.
Transportbarometer Januar 2023 zeigt unterschiedliche Geschwindigkeiten
Der saisonale Peak und der anschließende Einbruch der Frachtangebote sei nichts Ungewöhnliches, äußert sich Gunnar Gburek, Head of Business Affairs bei Timocom gegenüber den Medien. Doch was ist die Ursache für die unterschiedlichen Geschwindigkeiten bei den Veränderungen zum Jahresende? „Die diesjährige Entwicklung im Straßengüterverkehr ist geprägt von Fahrermangel und Kapazitäts- sowie Lieferengpässen. Hinzu kamen die stark gestiegene Inflation und die drohende Rezession. Dies hat bei vielen Auftraggebern zum Umdenken geführt“, so die Antwort von G. Gburek. Gleichzeitig machen sich aber auch der Vernichtungskrieg des faschistischen Putin-Russland gegen die Ukraine, die Rezession in wichtigen Ländern Europas wie etwa Großbritannien und die Zero-Corona-Politik Chinas bemerkbar. Hinzu kommen die sich dramatisch verteuernden Rohstoffpreise, welche die Wirtschaft Europas und Deutschlands weiter einbremsen und die Inflation auf zehn Prozent und mehr hochtrieben.
Steht Marktbereinigung im Transportgeschäft bevor?
In Hinblick auf den Fachkräftemangel in der Transportwirtschaft haben viele Unternehmen daher reagiert und sich bereits im Vorfeld bei den Frächtern und Spediteuren Transportkapazitäten gesichert, um für das saisonale Geschäft frühzeitig gerüstet zu sein. Das nahm insbesondere im Dezember 2022 viel Geschwindigkeit aus dem vorweihnachtliche Frachtaufkommen in der Frachtenbörse Timocom heraus und drückte den Marktplatz sogar unter das Niveau des Coronajahres 2021. Zudem lagen die Feiertage dieses Jahr auf einem Wochenende, was mehr verfügbare Kapazitäten in der gesamten Vorwoche schaffte und zu einer geringeren Nachfrage zwischen den Jahren führte. “Im November war ein Großteil der planmäßig absehbaren Transporte bereits vergeben. Entsprechend mussten für diese keine kurzfristigen Transporteure gesucht werden“, äußert sich G. Gburek hierzu. „Zudem herrscht eine steigende Tendenz, wieder langfristige Verträge mit Dienstleistern abzuschließen“, berichtet der Unternehmenssprecher weiter. Er rechnet daher mit einem weiteren Sinken der Frachtangebote im ersten Quartal 2023. Auf diese Weise dürfte sich der Transportmarkt Europas wieder von einem Anbietermarkt zu einem Verbrauchermarkt mit einem schärferen Wettbewerb und sinkenden Transportpreisen wandeln. 2023 könnte daher eine großflächige Bereinigung des Transportmarktes einläuten, damit die die Branche die steigenden Kosten durch Mautgebühren, Dieselfloater und gestiegene Personalkosten an den Markt auch weitergeben kann.
Frankreich & Deutschland – Transportbarometer Januar 2023 zeigt weniger Transporte
Die größten Rückgänge zwischen den führenden Wirtschaftsnationen der EU, Frankreich und Deutschland sowie BeNeLux waren im vierten Quartal bei Transporten von Belgien (BE) nach Deutschland (DE) sowie von Frankreich (FR) nach Deutschland und in umgekehrter Richtung zu beobachten. Dabei war der Außenhandel zwischen Deutschland und Frankreich bis Oktober noch stabil, trotz Energiekrise und Inflation. Doch im November ging die Nachfrage aus dem Ausland laut Statistischem Bundesamt deutlich zurück. EU-Länder haben 10,3 Prozent und Drittstaaten 6,8 Prozent weniger Waren in der Bundesrepublik geordert. Zudem sank die Nachfrage der deutschen Verbraucher um 1,1 Prozent. Im Gegensatz dazu stiegen lt. Transportbarometer Januar 2023 die Frachten von Spanien mit Ziel in Frankreich im vierten Quartal im Vergleich zum Vorjahr. So gab es im Oktober 15 Prozent und im November 22 Prozent mehr Frachtangebote im Marktplatz von Timocom. Im Dezember 2022 erreichte das Frachtaufkommen auf dieser Relation dasselbe Niveau wie 2021.
Frachtangebote in Polen stabil
Das Frachtaufkommen des osteuropäischen Landes trotzt dem europaweitem Negativ-Trend ein wenig. Im vierten Quartal 2022 gab es in Polen insgesamt sechs Prozent mehr Frachtangebote als im Vorjahr 2021. Das Frachtvolumen sank im selben Zeitraum insgesamt um mäßige sieben Prozent zum dritten Quartal 2022, verblieb jedoch auf einem hohen Niveau im Vergleich zu den Veränderungen in anderen europäischen Ländern. Das dürfte daran liegen, dass der Außenhandel in Osteuropa insgesamt zulegte. So ist das Frachtaufkommen von Polen in Richtung Rumänien im vierten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Im Oktober wurden sogar 89 Prozent mehr Frachtangebote im Marktplatz von Timocom eingestellt. Und im November 2022 waren es nochmals sieben Prozent mehr als im Vorjahr, bevor auch hier im Dezember ein deutlicher Angebotsrückgang um 42 Prozent zu verzeichnen war.
Transportbarometer Januar 2023 – Geringes Plus bei Laderaumangeboten
Im Vergleich zum Vorjahresquartal waren acht Prozent mehr Laderaumangebote in Q4 2021 verfügbar. Die Laderaumeingaben, die in der Frachtenbörse von Timocom eingestellt wurden, schwankten im Jahresverlauf 2022 aufgrund saisonaler Veränderungen nur leicht, verglichen mit Frachtangeboten. „Trotz Frachtangebotsrückgang hat sich das Laderaumangebot gegenüber dem Vorjahr 2021 daher kaum verändert“, analysiert G. Gburek die Entwicklung. Nach einem Plus von 16 Prozent im ersten Quartal fiel die Anzahl eingestellter Laderaumangebote im zweiten Quartal um acht Prozent gegenüber Q1. Im dritten Quartal waren es zwei Prozent Fahrzeuge mehr, im vierten Quartal 2022 war das verfügbare Laderaumangebot im Durchschnitt prozentual unverändert zu Q3. Nur im Dezember 2022 reduzierte sich die Anzahl der LKW, die in der Frachtenbörse zu finden waren.
Verhältnis von Fracht- zu Laderaum wieder saisonaler geprägt
Das Transportbarometer Januar 2023 zeigt aber auch, dass das Verhältnis zwischen Frachtaufkommen und Laderaum wieder mehr von saisonalen Schwankungen geprägt ist. So lag der Anteil von Frachten gegenüber Laderaumangeboten im Jahr 2022 deutlich über dem Ausnahmejahr 2020. Allerdings sank der Anteil aufgrund der Rezession zum Ende des Jahres erstmals unter den Endjahreswert von damals. “Die ersten Tage des neuen Jahres haben den Trend von Dezember 2022 bestätigt. Spannend bleibt daher, was in der nächster High-Season passiert”, so G. Gburek. Traditionell nehmen die Frachtangebote vor Ostern wieder zu. “Vermutlich bleibt das Verhältnis von Fracht- zu Laderaum in 2023 daher wieder deutlich saisonaler geprägt, so, wie es vor Corona der Fall war“, prognostiziert G. Gburek.
Ifo – Exporterwartungen steigen
Laut ifo-Institut sind die Exporterwartungen Deutschlands von 0,9 Punkten im November auf 1,6 Punkte im Dezember gestiegen. Die weitere Entwicklung hängt von der weltwirtschaftlichen Situation ab. Doch Experten des Deutsche Industrie- und Handelskammertags erwarten 2023 einen weiteren Exportrückgang, wie das Handelsblatt im Dezember berichtete. Nicht nur Deutschland kauft seit Ende 2022 weniger im Ausland ein. Das Frachtaufkommen im Binnenverkehr könnte dadurch 2023 verhältnismäßig stärker zunehmen und den Fahrermangel hierzulande noch deutlicher zu Tage fördern. Digitale Tools und Online-Marktplätze können die Logistik dabei maßgeblich unterstützen, besser zu planen und bei Marktveränderungen langfristig sowie flexibel reagieren zu können.
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