TEST CAMP INTRALOGISTICS – Wenn CEOs gerne High-Tech ausprobieren

Während die Coronapandemie in den vergangenen drei Jahren viele Eventveranstalter dazu zwang, Messen und Kongresse abzusagen, hat sich fast unbemerkt das TEST CAMP INTRALOGISTICS zum Geheimtipp für alle entwickelt, die sich einen effektiven Überblick über den Stand der Technik in der Intralogistik verschaffen wollen. Bei dem neuen Eventformat, das sich aus dem IFOY Award entwickelt hat, dreht sich alles ums selber Testen, Ausprobieren, Fahren und live erleben.  

A. Würmser - "Auch Vorstände und Inhaber probieren gerne in Ruhe aus, vor allem dann, wenn sie investieren oder kooperieren wollen.” (Foto: testcamp / RS MEDIA WORLD Archiv)
A. Würmser – „Auch Vorstände und Inhaber probieren gerne in Ruhe aus, vor allem dann, wenn sie investieren oder kooperieren wollen.” (Foto: testcamp / RS MEDIA

Wenn am 29. und 30. März 2023 zum dritten Mal das Test Camp Intralogistics in der Messe Dortmund seine Tore öffnet, dann stehen auf 10.000 Quadratmetern Hallenfläche bis zu 100 ausgewählte Innovationen und neue Produkte aus zehn Ländern zum Selbsttest bereit. „Don´t call it Messe“ sagen die Macher dieses Testevents und gehen andere Wege. Welche das sind, darüber sprachen wir von blogistic.net mit Anita Würmser. Sie ist die geschäftsführende Gesellschafterin des Eventformats. Gleichzeitig ist sie Juryvorsitzende des IFOY Award (siehe auch TESTATLAS) und der Logistics Hall of Fame. 

Test Camp und das “Glück der Tüchtigen”  

blogistic.net – „Abgesagt“ war das Wort der Jahre 2020, 21 und noch zu Beginn des Jahres 22. Das TEST CAMP INTRALOGISTICS hat dennoch dreimal stattgefunden. Wie etabliert man mitten im Lockdown eine Präsenzmesse mit fast 1.000 Teilnehmenden?  

A. Würmser – (lacht) Das bin ich unzählige Male gefragt worden. Wir haben es einfach gemacht. Auf eine Formel gebracht, war es 200 Prozent Arbeit, 100 Prozent Mut, Null Prozent Planungssicherheit. 

blogistic.net – Glück gehörte nicht dazu? 

A. Würmser – Doch natürlich. Das braucht man bei solchen Projekten immer auch, das berühmte “Glück der Tüchtigen”.  

blogistic.net – Aber wie gelang Ihnen gerade so ein Publikumsevent, während anderswo solche Veranstaltungen gecancelt wurden.   

A. Würmser – Die Behörden waren auch bei uns hart, aber gleichzeitig hilfsbereit. Und in der Tat: Die Auflagen gigantisch. Diese trieben das unternehmerische Risiko enorm in die Höhe. Ich denke aber, das Momentum war am Ende dann doch der Mut aller Beteiligten. Gäste, Aussteller, Tester, Team, Juroren – sie alle sind gekommen, um Innovationen auszuprobieren und das Business am Laufen zu halten. Und alle haben sich akkurat an die Regeln gehalten.  

A. Würmser – “Mir war das dann doch irgendwie unheimlich”  

blogistic.net – Wie ging es Ihnen dabei persönlich? 

A. Würmser – Mir war es beim ersten Mal irgendwie doch etwas unheimlich, als wir 2021 mitten im Lockdown mit 650 Menschen ganz allein im Hotel und auf dem Messegelände unterwegs waren.  

blogistic.net – Und wie war die Resonanz auf Eure Messe?  

A. Würmser – Die Resonanz war überraschend positiv. Teilweise wurden wir sogar angefeuert und die Berichterstattung in den Medien ist explodiert. 960 Medien in 79 Ländern haben über uns berichtet. Nur eine Privatperson wollte das Test Camp verbieten lassen, was uns aber sogar geholfen hat. 

blogistic.net – Wieso das denn?  

A. Würmser – Unser Corona- und unser Sicherheitskonzept wurde deshalb besonders genau geprüft. Am Ende stuften die Behörden es als vorbildlich ein. Zugute kam uns dabei sicher auch, dass bei unserem Konzept der Zugang für Aussteller und Besucher sowieso limitiert ist. Das Test Camp ist schließlich keine Messe. 

Test Camp ist keine Messe 

blogistic.net – Aha. Es gibt Aussteller mit Ständen und Besucher. Was soll es denn sonst sein? 

A. Würmser – Das Test Camp ist ein Testevent der Branche mit limitiertem Zugang. Deshalb: Don´t call it Messe.  

blogistic.net – Trotzdem: Stände, Aussteller, Besucher. Warum sagen Sie „Don´t call it Messe“?  

A. Würmser – Weil es ein völlig neues Eventformat, eine Erlebnisevent für ausgewählte Innovationen für Entscheider ist. Eine Messe ist hingegen auf Masse ausgelegt, was keineswegs negativ ist. Aber das ist der entscheidende Unterschied. Das Ziel von Messen sind volle Hallen und Gänge und ein möglich breites Ausstellerangebot. Wir werden dagegen nervös, wenn die Flure und Stände voll sind, weil sich Schlangen an den Teststationen und Boxen bilden und das Testing nicht mehr funktioniert.  

blogistic.net – Aber… 

A. Würmser – Auf einer Messe kann zudem nahezu jeder ausstellen, bei uns wird jedoch vorausgewählt. Bei einer Messe muss man sich selbst orientieren, beim Test Camp führen wir die Besucher in Highlight-Touren durch die Halle.  

blogistic.net – Nicht jeder kann ausstellen, nicht jeder kommt rein? Wer trifft dann die Auswahl?  

A. Würmser – Einerseits sind mit den Finalisten des IFOY Awards, der ja gleichzeitig abläuft, ohnehin die besten Innovation des Jahres vertreten. Andererseits achten wir bei den anderen Ausstellern darauf, dass nur neue und innovative Produkte gezeigt werden. Zusätzlich recherchieren wir und sprechen weltweit die Unternehmen an, die Innovationen und neue Produkte zu bieten haben.  

blogistic.net – Aha. Und wie? 

A. Würmser – Neben einem begrenztem Kartenkontingent laden wir und die Aussteller Top-Level B2B-Gäste mit einem konkreten Innovations- und Investitionsinteresse zum Hands-on-Testing ein. Der Event richtet sich an Entscheider, die die besten Innovationen nicht nur anschauen, sondern live erleben, selber testen, fahren und ausprobieren wollen. Solche, die wissen wollen, was kommt. Wir achten dabei auf einen interessanten Mix und Match. 

Test Camp – Ein Kind des IFOY Award 

Test Camp – Der neue Event ist keine Messe, sondern eine Erlebniswelt für Entscheider in Sachen “Investment in Intralogistics”. (Foto: testcamp / RS MEDIA WORLD Archiv)
Test Camp – Der neue Event ist keine Messe, sondern eine Erlebniswelt für Entscheider in Sachen “Investment in Intralogistics”. (Foto: testcamp / RS MEDIA WORLD Archiv)

blogistic.net – Stimmt es, dass sich das Test Camp aus dem IFOY Award entwickelt hat?  

A. Würmser – Ja, das stimmt. Aber das Test Camp ist heute eine eigenständige Veranstaltung. Das IFOY Audit der Finalisten, die so genannten IFOY Test Days, finden parallel bzw. im Rahmen des Test Camps statt. Allerdings hatten zu den IFOY Test Days lange Zeit nur Finalisten, Juroren, Tester und IFOY Partner Zutritt. Das waren alles in allem nicht mehr als 150 Personen. Während der IFOY Test Days 2017/18 haben dann einige Juroren Kontakte aus ihrer Leserschaft eingeladen. Sie selbst sind von Anfang an mit dabei, Herr Schlobach. Sie wissen daher genau, dass die IFOY Jury aus Chefredakteuren führender Logistikmagazine weltweit besteht. Damals waren ein paar Logistikdienstleister dabei, ein Automobilzulieferer und ein -hersteller, ein Baumarktleiter, ein Möbelhändler aus der Region. Sie alle waren begeistert von der Möglichkeit die IFOY Finalisten selber zu testen. Warum also nicht eine limitierte Zahl an B2B-Gästen zulassen? Anfang 2020 haben wir dann als Testlauf 50 Gäste eingeladen und 2022 waren es schon fast 1.000 Teilnehmer. 

CEOs aus allen Branchen kommen testen 

blogistic.net – 1.000 Teilnehmer: Das klingt nicht gerade nach viel…  

A. Würmser – Auf den ersten Blick, ja. Ich halte jedoch 1.000 Besucher an zwei Tagen für die optimale Größe. Mehr könnten die Aussteller in dieser Zeit auch gar nicht bewältigen. Zudem kommt es immer darauf an, wer der Gast ist. Die Test Camp – Besucher entscheiden immerhin bis in den dreistelligen Millionenbereich. Sie wollen die Innovationen daher in konzentrierter Form sehen und sich einen effektiven sowie effizienten Überblick über den Stand der Technologien verschaffen. Entsprechend lange und intensiv beschäftigen sie sich mit den Exponaten. Manchen schmeißen sich sogar unters Gerät, damit ihnen kein Detail verborgen bleibt. Wenn man als Aussteller nur viele Leads sammeln will, dann ist man beim Test Camp definitiv falsch. Da haben Sie Recht, Herr Schlobach 

blogistic.net – Aus welchen Branchen kommen die Besucher?  

A. Würmser – Die stärkste Gruppe sind Logistikdienstleister, und hier vor allem Kontraktlogistiker. Nahezu vollständig vertreten sind aber auch die Automobil-OEMs, E-Commerce und Stationärer Handel, aber auch die Konsumgüter- und Getränkeindustrie, Maschinenbau, Chemie und Pharma sind gut vertreten. In diesem Jahr erwarten wir auch zahlreiche Arbeitnehmervertreter, was an unserem Sondertestbereich Exoskelette und Ergonomie liegt.  

blogistic.net – Die C-Level-Dichte in der Halle war 2021 und 2022 ausgesprochen hoch. Wird das 2023 wieder so sein, immerhin ist das Test Camp heuer nicht mehr der einzige Logistikevent: LogiMAT, transport logistic usw., nur um die größten zu nennen…  

A. Würmser – Ich gehe einmal stark davon aus! Auch Vorstände und Inhaber probieren gerne in Ruhe aus, vor allem dann, wenn sie investieren oder kooperieren wollen.  

Test Camp als “nachhaltiger” Event 

blogistic.net – Das Test Camp positioniert sich als nachhaltiges Event. Jeder schreibt sich das Thema gerade auf die Fahnen. Wie unterscheidet sich dieser Erlebnis-Event von Massen-Events? 

A. Würmser – Wo immer sich Müll, Transportwege, Energie oder Ressourcen einsparen lassen, tun wir das. Aber das sind nicht die alleinigen Punkte. Nachhaltigkeit sagt sich so leicht. Aber versuchen Sie einmal, Herr Schlobach, etwas wirklich nachhaltig zu machen, ohne Ablasshandel oder pseudogrünem Marketing. Nachhaltigkeit ist auch für uns eine fundamentale Entscheidung und ändert einfach alles. 

blogistic.net – Warum? 

A. Würmser – Marken bekommen damit ein ganz anderes Gesicht und es entsteht ein anderes Geschäftsmodell. Wir hatten den Vorteil der grünen Wiese und wollten etwas Sinnstiftendes machen, einen Event, der in die Zeit passt und Kunden wie Aussteller begeistert. Nachhaltigkeit war bei uns deshalb weniger eine Frage des „Ob“, sondern nur des „Wie“.  

blogistic.net – Wie wirkt sich das aus? Können Sie das unseren Leser:innen etwas konkretisieren?  

A. Würmser – Wir wollten uns beispielsweise nicht Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreiben und gleichzeitig gigantische Müllberge nach dem Event hinterlassen. Es stellte sich für uns deshalb die Frage, ob und wie viel Standbau überhaupt sein muss. Wir hätten nämlich eine Testmesse erfinden können mit individuellem Standbau und Showelementen. Das wäre für uns sicher lukrativer gewesen, aber sicher nicht nachhaltig. Die Halle oder die Testflächen müssen im Test Camp nicht funkeln, sondern sie müssen funktional sein. Alle Stände werden deshalb zentral geplant, auf- und abgebaut. Das Branding ist standardisiert und schlicht. Zudem ist ein eigener Standbau nicht zugelassen, genauso wenig wie Shows oder überflüssige Deko, die nicht für die Funktionalität des Exponats notwendig ist. Nahezu alle Materialien sind wiederverwendbar. Wir setzen Alu-Traversen, Mannesmanngitter und Mietmöbel von nahegelegenen Dienstleistern ein. Der Teppich wird nach dem Camp geschreddert und wieder zu Teppich verarbeitet, das zentrale Catering spart Wasser und Ressourcen. Das Hotel ist 100 Meter von der Halle entfernt, wir nutzen Ökostrom. Es läuft also auf Minimalismus hinaus. Wir sind nämlich der Ansicht, dass echte Innovationen keine Dekoration benötigen.  

Nachhaltigkeit – Weniger ist mehr, auch für Besucher 

Test Camp - Über rund 100 ausgewählte Innovationen und neue Produkte aus zehn Ländern wird man 2023 diskutieren können. (Foto: testcamp / RS MEDIA WORLD Archiv)
Test Camp – Über rund 100 ausgewählte Innovationen und neue Produkte aus zehn Ländern wird man 2023 diskutieren können. (Foto: testcamp / RS MEDIA WORLD Archiv)

blogistic.net – Geben sich die Aussteller und Besucher mit weniger zufrieden? Was ist für den Erfolg in der Logistik am wichtigsten und gleichzeitig am schwersten?  

A. Würmser – Heute machen Technologien den Wettbewerbsvorspung aus und deren richtiger Einsatz. Wer also auf die falsche Soft- und Hardware setzt, wer die entscheidende Innovation verpasst, der ist heute raus. Viele Unternehmen sind deshalb offen für neue Wege und unseren Fokus auf Innovationen und neue Produkte. Auch der All-Inclusive-Ansatz des Test Camps bietet den Vorteil, dass man sich auf das Wesentliche konzentrieren kann. Es macht schlichtweg einen Unterschied, ob man einen humanoiden Roboter testet, einen Horizontalkommissionierer bedient, ein Exoskelett probiert, einen Stapler fährt oder ob man sich das alles nur anschauen kann, wie auf einer Messe.  

blogistic.net – Stichwort Self-Testing. Wie läuft das ab?  

A. Würmser – Wir führen die Besucher in Highlight-Touren zu allen Ausstellern, um ihnen einen Überblick über die Innovationen zu geben. Jeder Aussteller stellt in zwei, drei Minuten seine Innovationen vor und danach können die Besucher individuell Probefahren oder testen. Die Testflächen sind abgesperrt, wir geben außerdem Warnwesten aus. Sicherheitsschuhe sind ebenfalls Pflicht auf den Testflächen. 

Rund 100 ausgewählte Innovationen  

blogistic.net – Im März öffnet der Event zum dritten Mal seine Pforten in Dortmund. Welche Innovationen stehen dann auf der Agenda?  

A. Würmser – Bis zu 100 ausgewählte Innovationen und neue Produkte aus zehn Ländern werden dabei sein. Mit dabei sind Lagertechnikgeräte, Stapler, Software, Roboterlösungen, AGV und AMR, interessante Speziallösungen und natürlich die Finalisten des IFOY Award. Spektakuläre Settings versprechen auch die Neuauflage des AGV Mesh-Up des VDMA Fachverband Fördertechnik und Intralogistik, die Exoskelett & Co. Arena und die Order Picker Safari. Es wird für Besucher definitiv ein Erlebnis. Auf dem Kongressprogramm stehen außerdem eine ganze Reihe von Talk-Panels rund um das Thema Innovation. What´s next?  

blogistic.net – Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?  

A. Würmser – Wir werden den Self-Testing-Charakter noch stärker herausstellen und die Talk-Panels ausbauen. Außerdem wollen wir neben den bereits am Markt verfügbaren Neuentwicklung auch mehr Zukunftsvisionen zeigen. 

blogistic.net – Vielen Dank für das Gespräch. 

testcamp-intralogistics.com | ifoy.org

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