STAATLICHES WEBSHOPPEN – Dilettantismus oder politische Intention?

KAUFHAUS ÖSTERREICH - Ausverkauf der Freiheit? (Foto: Tim Reckmann / www.pixelio.de)
KAUFHAUS ÖSTERREICH – Auf den ersten Blick vernünftig. Ist das jedoch ein Schritt in den Ausverkauf der Freiheit? (Foto: Tim Reckmann / www.pixelio.de)

Staatliches Webshoppen – Die kostspielige und eher dilettantisch vorgetragene Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Digitalisierung und der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), kaufhaus-oesterreich.at, ist ein (partei-)politischer Eingriff in die Marktgeschehen des österreichischen Handels. Die staatlich initiierte Online-Plattform eröffnet zudem der staatlichen Kontrolle Tür und Tor. So gut das gemeint sein mag, so ist diese Initiative das Gegenteil von gut.

Ein Kommentar von Hans-Joachim Schlobach

Jetzt sind also Bundes-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und der Präsident der Wirtschaftskammer, Harald Mahrer (beide NÖVP), ausgeritten, den österreichischen Handel vor den Unbill der zwei Lockdowns in Österreich zu retten. Sie investierten knapp 700.000 Euro Steuergeld in eine Plattform, auf welcher der österreichische Handel seine Produkte den Konsumenten aus Österreich feilbieten soll. Und diese Produkte sollen so rot-weiß-rot wie möglich sein. Der Konsument soll dann hier seiner patriotischen Pflicht genügen und möglichst viele österreichische Produkte vom österreichischen Handel einkaufen. Staatliches Webshoppen ist also angesagt.

Österreicher*innen sollen Regierung retten

An den Patriotismus der österreichischen Konsument*innen wird dieser Tage ohnehin permanent appelliert, so, also ob sie den österreichischen Handel, die österreichische Tourismuswirtschaft und den österreichischen Winter retten könnten. Die Message ist dabei stets dieselbe: „Alles Böse kommt von Außen“: So kommt etwa das Corona-Virus mit dem Auto über die Grenze – im heurigen Sommer vorwiegend aus Kroatien und Italien und über die geschlossene Balkanroute. Die böse EU verlangt gleichzeitig mehr Beitragsgeld und stellt dann auch noch die unbillige Forderung an das Finanzministerium, dass Unterstützungsgelder richtig zu beantragen seien. Und jetzt verlangen Deutschland, Frankreich und Italien auch noch, dass Österreich seine Schipisten schließt. Die Bundesregierung, allen voran Bundeskanzler Sebastian Kurz, ist dabei die Retter*in der Nation, so die Message und weiter: „Die Bundesregierung hat alles im Griff, von ihrem Geschick ist alles abhängig.“ Und wenn es nicht klappt, sind die Konsument*innen in Österreich die Schuldigen oder die Mächtigen von Außen oder wer auch immer. Die Bundesregierung mit S. Kurz als Kanzler trägt in keinem Fall die Verantwortung.

An den Patriotismus der österreichischen Konsument*innen wird dieser Tage permanent appelliert, so, also ob sie den österreichischen Handel, die österreichische Tourismuswirtschaft und den österreichischen Winter retten könnten.

Nationale Schulterschlüsse gegen alles. Vor diesem Hintergrund soll nun also das Heil des österreichischen Handels für das Weihnachtsgeschäft und darüber hinaus im staatlichen KAUFHAUS ÖSTERREICH liegen. Durch staatliches Webshoppen soll dann im nationalen Schulterschluss diversen Handels- und Logistikkraken wie Amazon, Alibaba & Co stiernackig die rot-weiß-rote Stirn geboten werden. Denn diese Logistikgiganten gelten als die Profiteure der Coronakrise schlechthin und eignen sich daher perfekt als Synonym für bedrohliche Mächte. Das rot-weiß-rote Aufgebot im Kampf dagegen besteht diesmal jedoch nicht aus dem Kanzler, dem Vize-Kanzler und dem Gesundheitsminister, sondern aus einer ehemalige Postbeamtin und einem „Experten für eh alles“. Das verdeckt allerdings den Blick darauf, dass es unterm Strich die Konsument*innen selbst sein müssen, die zur Rettung schreiten und das politische Missmanagement in der Coronakrise überdecken sollen.

Staatliche Förderungen fördern vor allem Abhängigkeiten

KAUFHAUS ÖSTERREICH - Staatliche Rettungsaktion für österreichischen Handel?(Foto: Rainer Sturm / www.pixelio.de)
KAUFHAUS ÖSTERREICH – Mit staatlichem Webshoppen sollen Österreichs Konsument*innen jetzt auch noch den Handel retten. (Foto: Rainer Sturm / www.pixelio.de)

Überzeugte Liberale hegen daher generell großes Misstrauen gegen solcherlei politischen Aktionismus. Und die Ablehnung steigert sich, wenn daraus direkte Eingriffe des Staates und staatsnaher Organisationen in Märkte werden. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob damit österreichische Unternehmen gestützt werden sollen oder nicht. Liberale Wirtschaftstreibende sind grundsätzlich Gegner von staatlichen eingriffen, also auch von staatlich initiierten Web-Plattformen, auf denen sich Unternehmen scharen sollen. Und sie sind auch Gegner von staatlichen Förderungen monetärer Art.

Geld stinkt manchmal doch irgendwie. Wohin solcherlei Förderwesen nämlich führt, ist beispielhaft bei der österreichischen Medienförderung inkl. Regierungsinseraten ablesbar. Sie trägt nicht zur Medienvielfalt, sondern vor allem zur Monopolisierung zugunsten weniger Medienunternehmen bei. Auf Umwegen wird zudem die Medienlandschaft gleichgeschalten. Verbreitet wird regierungsfreundliche Propaganda. Kritischer Qualitätsjournalismus wird in den geförderten Medienhäusern nicht gefragt, insbesondere wenn es um die Regierung und der daran beteiligten Parteien NÖVP und GRÜNE geht. Diese staatlichen „Förderungen“ führen somit gewissermaßen zu einer Gleichschaltung. Solche staatlichen Förderungen führen übrigens generell zu Marktverzerrungen, weil sie die willkürliche Einflussnahme der (Partei-)Politik auf Märkte ermöglichen. Schließlich führt jedoch genau das „Freunderlwirtschaft“ und Günstlingswesen.

Die Freiwilligkeit fehlt. Auch KAUFHAUS ÖSTERREICH ist letztlich nicht mehr als ein Eingriff der (Partei-)Politik über staatliche Organe wie das Wirtschaftsministerium und staatsnaher Organisationen wie der WKO. Beide sind von Vertretern der NÖVP geführt. Dadurch entsteht per se der begründete Verdacht, Wirtschaftstreibende und Konsumenten gleichermaßen an die NÖVP und nicht zuletzt an Bundeskanzler Kurz binden zu wollen. Es ist daher keinem Händler zu empfehlen, sich dort per einfachen Mausklick zu registrieren. Dadurch wird nämlich auch eine Selektion vorgenommen, die politisch ausgelegt werden kann. Nein, eigentlich ist dieser Mausklick sogar per se eine politische Aussage: „Wer hier mitmacht, kommt seiner patriotischen Pflicht nach und bestätigt die Wirtschaftspolitik der NÖVP“. Die Frage ist daher, wie freiwillig die Teilnahme daran in der Zukunft sein wird. Umgekehrt ist keinem Konsumenten die Nutzung dieser Plattform zu empfehlen – aus denselben Gründen.

Von der Freiheit persönlicher Entscheidungen

KAUFHAUS ÖSTERREICH - Ausverkauf der Entscheidungsfreiheit (Foto: Tony Hegewald / www.pixelio.de)
STAATLICHES WEBSHOPPEN – Ist das der Ausverkauf der Entscheidungsfreiheit im Handel? (Foto: Tony Hegewald / www.pixelio.de)

Es gibt keine patriotische Pflicht und auch keine (partei-)politische Verpflichtung in Österreich, für niemanden, also auch nicht die Pflicht für staatliches Webshoppen. Es gibt sie daher auch nicht, wenn es um Kauf- und Verkaufsentscheidungen geht, Patriotismus hin oder her, Unterstützung des regionalen Marktes hin oder her. Staatliches Webshoppen ist staatliches Eingreifen in die unterschiedlichen Marktgeschehen des Handels in Reinkultur auf der Basis der Parteipolitik der NÖVP. Man könnte es daher auch als parteipolitischen Missbrauch von Institutionen klassifizieren. Ob so oder so: Auch diese Art der Wirtschaftsförderung ist rundweg abzulehnen.

Staatliche Kontrolle. Gleichzeitig eröffnet diese Plattform der staatlichen Kontrolle Tür‘ und Tor. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob das Wirtschaftsmnisterium und/oder die WKO die Intention dazu hatte, als diese Plattform geplant wurde und/oder staatliche Kontrolle über diese Plattform tatsächlich ausgeübt wird. Es reicht alleine die Möglichkeit aus, Daten über das Verkaufsverhalten des österreichischen Handels und das Einkaufsverhalten der Konsumenten in Österreich frei Haus geliefert zu bekommen – vorwiegend an die NÖVP. Österreich ist nämlich eine liberale, demokratische Republik und es bedarf keiner Kontrolle dieser Art, auch wenn das für manchen Politiker reizvoll erscheint. Niemand möchte einen Überwachungsstaat Österreich, auch nicht, um die Corona-Krise in den Griff zu bekommen.

Staatliches Webshoppen – Wer zu spät kommt…

Man muss sich ohnehin fragen, warum diese Plattform entstanden ist, denn irgendwelchen Giganten wie Amazon oder Alibaba usw. wird damit nicht beizukommen sein. Diese Firmen liefern dem Konsumenten nämlich genau das, was er will: Convenience bis zum Abwinken. Garniert wird das Ganze mit Messages wie: „Bei uns hat jeder die Chance, Karriere zu machen.“ oder „Wenn du bei uns kaufst, schützt du das Klima.“ (Das sind die Inhalte der laufenden Amazon-Werbekampagne). Amazo vermitteln den Nutzern der Plattform ein gutes Gefühl. Dagegen kann man weder mit einer „patriotischen Pflicht“ noch mit Kontrolle anstinken. Abgesehen davon gibt es bereits viele österreichische Händler, welche über Amazon, Alibaba & Co ihren Verkauf abwickeln. Wer also jetzt erst, während der Corona-Krise, den Vertriebskanal „Internet“ und „E-Commerce“ für sich entdeckt, ist ohnehin zu spät. So rot-weiß-rot kann so eine Plattform gar nicht sein. Und diese neue Web-Plattform für 700.000 Euro ist zudem derart mit Fehlern behaftet, dass sie sich in den sozialen Medien bereits zum Gespött gemacht hat. Was bezwecken Regierung und WKO also mit KAUFHAUS ÖSTERREICH? – Die Antwort wurde bislang nicht gegeben.

Wenn diese Regierung etwas sinnvolles für die Wirtschaft tun will, dann sollte sie sich dafür einsetzen, dass Unternehmen nicht ihr Eigenkapital für die Lockdowns opfern müssen.

Mittelstand nachhaltig wettbewerbsfähig machen

Nein, diese Initiative ist für den Handel schlichtweg untauglich. Sie dient allenfalls dem eignen, medial wirksamen Schulterklopfen nach dem Motto: „Wir tun eh‘ etwas für unsere Wirtschaft.“ Das investierte Geld ist verbrannt und es wird weiteres Geld verbrannt. Damit werden jedoch keinesfalls die Konsequenzen der Lockdowns und des seither zu beobachtenden politischen Missmanagements abgemildert, die der Mittelstand tragen muss. Wenn diese Regierung also etwas sinnvolles für die Wirtschaft tun will, dann sollte sie sich dafür einsetzen, dass Unternehmen nicht ihr Eigenkapital für die Lockdowns opfern müssen. Die Fixkostenzuschüsse sind dabei ein richtiger, wenn auch kleiner Schritt in die richtige Richtung. Noch wichtiger wären Entlastungen bei den Lohnnebenkosten. Diese könnte man – zumindest temporär – dadurch erreichen, dass insbesondere EPU und KMU von SVA-Abgaben ganz befreit werden für die nächsten zwei Jahre. Diese Regierung könnte sich zudem für eine SVA-Reform der gewerblichen Wirtschaft einsetzen, die KMU-Unternehmer*innen von ihrer persönlichen SVA-Abgabe befreien, wenn sie Mitarbeiter*innen einstellen. So könnte der unternehmerische Mittelstand entlastet und das Schaffen von Arbeitspläzten attraktiviert werden. Gleichzeitig könnten so die Lohnnebenkosten insgesamt gesenkt werden.

Herzlichst,

Ihr Hans-Joachim Schlobach
Gründer der HJS MEDIA WORLD
( hjs(at)journalismus.at )


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