Eine Software muss nicht immer neu gekauft werden, man kann aktuelle Softwarelizenzen auch „gebraucht“ erwerben. Gerade für mittelständische Unternehmen könnte das die Beschaffungskosten senken.

Welches Lizenzmodell am wirtschaftlichsten ist, muss jedes Unternehmen für sich selbst entscheiden. Mit Sicherheit lässt sich dabei jedoch feststellen: Neue Software zu kaufen ist teuer. Gebrauchte Lizenzen sind rund 30 Prozent günstiger. Software zu mieten, scheint hingegen meist nur auf den ersten Blick billiger zu sein. Eine Beispielrechnung zeigt, was damit gemeint ist.
Eine Frage des Rechnens
Ein Unternehmen mit elf Mitarbeitern möchte seine PCs mit Microsoft Office Professional 2013 ausstatten. Im Unternehmen gibt es 10 Arbeitsplätze, denn zwei der Mitarbeiter arbeiten in Teilzeit und nutzen einen gemeinsamen PC. Neu kostet jede Lizenz 539 Euro. Ohne eventuelle Mengenrabatte einzukalkulieren zahlt das Unternehmen also 5.390 Euro. Auf dem Gebrauchtmarkt ist dieselbe Version bereits ab 210 Euro erhältlich – mit 2.100 Euro für 10 Arbeitsplätze also mehr als 50 Prozent günstiger als der Neukauf. Wobei das Produkt absolut gleichwertig ist.
Mieten statt Kaufen. Mietet das Unternehmen stattdessen Office 365 Business Premium zahlt es mit einem Jahresabonnement monatlich 10,50 Euro pro Benutzer, also 126 Euro pro Jahr. Für 11 Mitarbeiter ergeben sich damit Kosten von 1.386 Euro im Jahr. Bei einer Nutzungsdauer von 5 Jahren sind dies also 6.930 Euro. Die Abos sind zudem nutzergebunden. Das bedeutet: Teilen zwei Mitarbeiter denselben PC, benötigen beide ein eigenes Abo. Zwar erhält man mit jedem Abo das Recht, die Software auf fünf Endgeräten zu installieren, doch müssen diese demselben Benutzer zugeordnet sein, wie z.B. ein Smartphone oder Tablet.
Dünne Luft in der Cloud
Besonders die Nutzung von Mietsoftware, bei der die Daten in der Cloud gespeichert werden, sollte man gründlich prüfen. Unternehmen mit Mitarbeitern, die viel unterwegs sind, schätzen die räumliche Unabhängigkeit dieser Dienste. In der Tat nutzen laut dem „Cloud Monitor 2015“ des IT-Branchenverbandes BITKOM bereits 44 Prozent der befragten Unternehmen Cloud-Anwendungen. Doch weit mehr als die Hälfte aller Befragten gab an, Angst vor Angriffen auf sensible Daten zu haben.
Zugang zu Mails. Vor allem das Vertrauen in US-amerikanische Provider ist gesunken. Sorge bereitet beispielsweise das Urteil eines US-amerikanischen Bundesrichters aus dem Jahr 2014: Amerikanische Internet-Unternehmen müssen den US-Sicherheitsbehörden auch dann Zugang zu E-Mails und gespeicherten Informationen geben, wenn diese nicht auf Servern in den USA, sondern im Ausland gespeichert sind. Das bedeutet: Kunden von US-amerikanischen Cloud-Diensten – und viele Cloud-Dienste sind nun einmal amerikanische Unternehmen – müssen grundsätzlich davon ausgehen, dass ihre Daten für die US-Behörden zugänglich sind.
Datenverlust. Hinzu kommt die Möglichkeit des Datenverlustes. Was passiert mit den Daten, wenn der Cloud-Anbieter beispielsweise insolvent oder aufgekauft wird? Können die Daten beim Transfer in der Cloud verschwinden? Auch wenn solche Fälle eher selten eintreten dürften, bleibt es eine Tatsache, dass der Nutzer hinsichtlich Sicherheit und Verfügbarkeit hochgradig vom Provider abhängig ist. Gibt es beim Betreiber einen Serverausfall, hat er mindestens für die Dauer der Unterbrechung keinen Zugriff auf den Dienst und die eigenen Daten. Gleiches gilt, wenn die eigene Internetverbindung einmal unterbrochen oder langsam sein sollte. Die Entscheidung, ob man cloud-basierte Mietsoftware-Modelle nutzen will, sollte also wohl erwogen sein.
Interview
„An der Nase herumgeführt“
Peter Schneider, Geschäftsführer des deutschen Gebraucht-Softwarehändlers Usedsoft, im Gespräch mit BLOGISTIC.NET über Softwaregiganten und die Mär vom Neukaufzwang.

BLOGISTIC.NET: Herr Schneider, wie sehen Sie den Gebraucht-Softwaremarkt in Österreich?
Schneider: Der Gebrauchtsoftware-Markt im B2B-Geschäft wächst seit dem EuGH-Urteil von 2013 rasant, auch in Österreich. Immer mehr Unternehmen haben nämlich verstanden, dass sie von den Software-Herstellern jahrzehntelang an der Nase herumgeführt worden sind und dass Standard-Software gekauft werden darf. Und da es sich dabei um eine Entscheidung des höchsten EU-Gerichts handelt, das verbindlich in allen EU-Staaten gilt, war dies ein Signal für den freien Software-Handel in ganz Europa.
BLOGISTIC.NET: Können Sie das in Zahlen gießen?
Schneider: Wir haben wir im Jahr 2012, also im Jahr des EuGH-Urteils, noch knapp 200.000 Euro Umsatz in Österreich gemacht. Im Jahr 2015 kamen wir an die 2,5 Millionen-Grenze. Dabei setzen wir zunehmend auch auf den Online-Vertrieb.
BLOGISTIC.NET: Was sind die Hauptherausforderungen für Sie als Händler?
Schneider: Die Hauptherausforderung für uns Händler besteht nicht im Verkaufen. Erfolgsentscheidend ist die Lieferfähigkeit. Ich muss immer genügend Software aus zuverlässigen Quellen auf Lager haben. Das ist bei den meisten Wettbewerbern nicht der Fall. Hier profitiert Usedsoft von dem jahrelangen Know-how-Vorsprung im Markt. Nicht zuletzt deshalb haben wir nach unseren Einschätzungen trotz steigendem Wettbewerb unsere führende Position im österreichischen Markt weiter ausgebaut.
BLOGISTIC.NET: Danke für das Gespräch.