Steigende Geschäftsvolumina sind Indiz für Erfolg, bedingen jedoch eine kontinuierliche Anpassung der Intralogistikstrukturen an volatile Märkte und Sortimente. Deshalb setzt das friesische Elektronik- und Computertechnik-Versandhaus Reichelt Elektronik auf die Modularität und Skalierbarkeit seiner Intralogistiklösungen. Ein Ende 2020 abgeschlossenes Projekt steht dabei exemplarisch für eine Reihe solcher Maßnahmen, die seit 1996 umgesetzt worden sind. Hier wurden im bestehenden Logistikzentrum in Sande (Niedersachsen) unter anderem die Fördertechnik erweitert und Fachbodenregale zu einer Bühne ausgebaut.
Bei der Frage, worauf er im Geschäftsleben besonders stolz sei, zögert Ulf Timmermann, CEO von Reichelt Elektronik, keine Sekunde: „Auf meine Leute!“ Und in der Tat: Das Team am Firmensitz und Logistikzentrum in Sande zeigte viel Engagement, insbesondere in den letzten eineinhalb Jahren während der Coronakrise. In dieser Zeit ging die Online-Nachfrage nach Bauteilen für Computerelektronik, Geräten wie PCs, Router sowie Zubehör und Werkzeuge etc. sprunghaft in die Höhe und hält bis heute in bislang unbekannten Bestell-Dimensionen. Dabei kommt den Leuten dessen Kompetenz in puncto Informationstechnologie und Logistik zugute. Im Fokus stehen hierbei stets eine höchstmögliche Verfügbarkeit der Produkte und – damit verbunden – kürzeste Lieferzeiten. Diese Maxime wird durch das Logistikzentrum am Standort Sande gestützt. Dort sind derzeit rund 120.000 Artikel bevorratet und werden täglich bis zu 10.000 Pakete auf den Weg gebracht. Die Abnehmer aus weltweit 128 Ländern kommen hierbei aus dem B2B- und B2C-Sektor gleichermaßen.
Kleine Schritte mit großer Wirkung
Flexibel mitwachsende Logistiklösungen für reichelt elektronik | SSI SCHÄFER
In der jahrzehntelangen Partnerschaft zwischen reichelt elektronik und SSI SCHÄFER wurde die Logistik schrittweise der Unternehmensexpansion angepasst. Seit der Gründung im Jahr 1969 hat sich der ursp…Ihren Anfang nahm die Biographie des norddeutschen Mittelständlers im Jahr 1969, als die Eheleute Reichelt eine Firma in ihrer Privatwohnung in Wilhelmshaven gründeten. Seither hat sich der ursprüngliche Elektroladen zu einem mehrfach prämierten Elektronik-Distributor und Online-Händler mit rund 300 Mitarbeitern entwickelt. Seither ist auch SSI Schäfer aus Neunkirchen (Siegerland) als Lieferant für Lagerlogistik-Komponenten und Automation mit an Bord. „Schon beim ersten Besuch war offensichtlich, welch großes Potenzial in dem Betrieb steckte“, erinnert sich Ralph Schließer, zuständig für den Projektvertrieb bei dem Intralogistik-Komplettanbieter, im Gespräch. Daher sei es wichtig gewesen, eine Logistikarchitektur zu implementieren, die sich jederzeit möglichst flexibel an Marktveränderungen anpassen lässt.
Startschuss in 1996. Daher nahm Reichelt Elektronik im Jahr 1996 sein Logistikzentrum mit einer Fachbodenregalanlage von SSI Schäfer in Betrieb. In den Folgejahren wurden dort sukzessive weitere Regale, Stahlbauten und Bühnen eingebracht. Parallel hat sich die Zahl der im Umlauf befindlichen Mehrwegbehälter erhöht, darunter Sichtlagerkästen, Euro-Fix-Boxen, Regalkästen sowie Multifunktionsbehälter für das manuelle und automatisierte Handling. Angesichts der Entwicklung investierte Reichelt Elektronik zudem 2016 in einen angebundenen Hallenneubau. Kern der dort realisierten Inhouse-Lösung, ist ein zweigassiges Paletten-Hochregallager inklusive Fördertechnik und energieeffizienten Regalbediengeräten.
Klare Lagerstruktur. Damit steht das norddeutsche Versandhaus eine weitere skalierbare Logistik zur Verfügung. Sie zeichnet sich in ihrer Gesamtheit durch einen klar strukturierten Mix aus manuellen und automatisierten Prozessen aus. Aus dem Paletten-Hochregallager (HRL) und dem automatischen Kleinteilelager (AKL) mit 18.000 Behälterstellplätzen angeforderte Produkte werden heute im Kommissionierlager an sieben Pick-Stationen zusammengestellt und barcodegesteuert auf die Packstraße ausgeschleust. Auch das Wiegen und Labeln der Pakete vor Übergabe in die Speditionscontainer erfolgt vollautomatisch. Verbindendes Element ist ein Fördertechniksystem, das auf sieben Kilometern Länge Weichen, Stau-, Steigungs- und Gefällestrecken umfasst.
Skalierbarkeit – Visionen gemeinsam realisieren
Von der Beschaffung bis zum Versand – über allem schwebt das Credo: Geht nicht, gibt’s nicht! „Ich hatte in jungen Jahren intensive Ausbildungsjahre bei der Marine“, berichtet Reichelt-CEO U. Timmermann gegenüber blogistic.net. „Wir mussten zusammenhalten und in vielerlei Hinsicht zaubern, um Dinge gangbar zu machen. Das prägt mich bis heute und ist auch in der DNA des Handelsunternehmens verankert.“ Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, auf einen Spezialisten wie beispielsweise SSI Schäfer vertrauen zu können.
Nachhaltige Skalierbarkeit. Dabei gibt nicht unbedingt der sportliche Dreiklang aus höher, schneller, weiter, die Marschrichtung vor. „Skalierbarkeit und Nachhaltigkeit waren von Beginn an ein großes Thema für uns“, weiß R. Schließer. „Daher haben wir bei den Systemlösungen quasi von der Endausbaustufe zurückgedacht und diese so ausgelegt, dass fortwährend die Möglichkeit bestand, rasch mehr Platz zu schaffen und Leistungsreserven freizusetzen.“ So wurde zum Beispiel Ende 2020 in dem seit 2016 genutzten Fachbodenregalsystem eine weitere Geschossdecke eingezogen und die Fördertechnik vertikal erweitert. Zudem ist der Universal-Regal-Klassiker R3000 von SSI Schäfer zu einer Bühnenanlage ausgebaut worden. Ein Ersatz durch Neuinstallation war dabei nicht erforderlich. Generell wird bei Reichelt Elektronik keine Wegwerf-Kultur gepflegt. Dem kommt SSI Schäfer mit aus Eigenfertigung stammenden Qualitätsprodukten entgegen. Da überrascht es dann auch nicht, dass der Online-Versandhändler viele Behälter und Regale der ersten Stunde noch heute nutzt.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Bereits bei der Planung des Distributionszentrums Mitte der 1990er Jahre hat Reichelt Elektronik intern aufgebautes Logistik-Know-how in das Standortkonzept in Sande eingebracht. Gleichzeitig waren die Niedersachsen aus dem Kreis Friesland von der Leistungsfähigkeit ihrer eigenentwickelten Steuerungssoftware überzeugt. „Wir hatten und haben mit SSI Schäfer einen Partner auf Augenhöhe an unserer Seite“, sagt U. Timmermann hierzu. „Sie geben uns praktisch die Freiheit, uns auszuleben. Ideen zum mechanischen Aufbau werden begrüßt und man war und ist offen dafür, unsere Logistik-Software einzusetzen. Das ist keine Selbstverständlichkeit.“
„Geht nicht, gibt’s nicht – das ist eine Devise, die auch mich sowie SSI Schäfer als Unternehmen antreibt“, merkt auch R. Schließer zur Zusammenarbeit der beiden Unternehmen an. Denn primär gehe es darum, dem Kunden individuelle Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten. Relevant sei dies insbesondere für wachsende, kleinere und mittelständische Unternehmen (KMU). „Wir erwarten von unserem Partner, dass er zuhört, auf unsere Wünsche eingeht und entsprechende Lösungskompetenz einbringt“, bringt U. Timmermann die Anforderungen auf den Punkt. Auch eine konstruktive Kommunikation in Stresssituationen sei entscheidend, um eine Verbundenheit über Jahrzehnte zu erhalten.
Skalierbarkeit macht fit für neue Märkte
Das Besinnen auf eigene Stärken und der Mut, auch unkonventionelle Wege einzuschlagen, haben dazu beigetragen, dass Reichelt Elektronik heute deutschlandweit als einer der 100 umsatzstärksten Online-Shops gelistet wird. Um diese Position zu stärken, werden selbst kleinere Schritte konsequent verfolgt. Der etappenweise, durch wechselnde Produkttrends forcierte Ausbau der Logistikkapazitäten ist hierfür ein gutes Beispiel. Einmal installiert, lassen sich die im Einsatz befindlichen Techniken schnell und einfach umbauen sowie bei Bedarf jederzeit erweitern. Über die Zukunftssicherheit hinaus ist Nachhaltigkeit ein entscheidender Faktor. Dies impliziert einen umsichtigen Umgang mit Ressourcen und den Einsatz fortschrittlicher Technologien mit Energiesparpotenzial. In diesem Zusammenhang ist auch naheliegend, dass der Elektronikspezialist Füllverpackungen selbst herstellt und eine eigene Solaranlage betreibt.
Gesamtpaket muss stimmen. Angesichts des kontinuierlichen Wachstums sei es auf logistischer Ebene wichtig, dass das Gesamtpaket hinsichtlich der Skalierbarkeit stimmt. Dabei müssen alle Komponenten möglichst perfekt ineinandergreifen, damit auch die Flexibilität des Systems gewahrt bleibt. „An dieser Stelle leistet uns SSI Schäfer seit mehr als zwei Jahrzehnten wertvolle Unterstützung“, bekräftigt U. Timmermann. Aktuell sieht sich der Elektronik-Distributor und Online-Händler gut aufgestellt, auch kommende Herausforderungen über seine ausgeklügelte Logistik zu meistern. Doch angesichts verstärkter Internationalisierungspläne in Verbindung mit einem weiteren Sortimentsausbau zeichnet sich ab, dass Stillstand keine Option ist.