In das Rennen um den begehrten IFOY 2023 schickten die Hamburger Intralogistikspezialisten von Jungheinrich ihren PowerCube in der Kategorie Intralogistics Robots. Anders als die bekannten Cube Storage – Lösungen aus Skandinavien bewegen sich die Shuttles allerdings nicht auf dem Behälter-Stapel, sondern darunter. Das soll das System leichter wartbar und flexibler für die Lagerhallen-Geographie machen.

IFOY Testbericht
PowerCube stapelt von unten
Jungheinrich schickte, anders als andere IFOY-Nominées des IFOY 2023, lediglich eine Präsentation und ein nicht funktionstüchtiges Modell des PowerCube zur Begutachtung. Insofern basieren die Testergebnisse lediglich auf Basis eines unvollständigen Augenscheins und Diskussionen mit dem Hersteller.
Wie auch immer: Da die Lagerbediengeräte des automatischen Behälter-Kompaktlagers PowerCube nicht auf, sondern unter dem Behälter-Regal unterwegs sind, lässt sich die Höhe der einzelnen Behälterstapel problemlos an die jeweilige Gebäudeinfrastruktur anpassen. Entsprechend kann man auf Hindernisse reagieren und etwa schräge Dachformen in das bis zu zwölf Meter hohe Regalsystem adaptieren.
2D-Fahschienen – System passt sich an Hallenböden an
Ein weiteres wichtiges Merkmal des PowerCube – Systems resultiert aus dem 2D-Fahrschienensystem, auf dem die Shuttles ihren Dienst verrichten. PowerCube lässt sich auf Standard-Industriefußböden gemäß DIN 18202 installieren und Bodenunebenheiten können mit Stellfüßen normentsprechend nivelliert werden.
PowerCube – Behälterstapel bis 750 Kilo
Als maximale Last eines Behälterstapels sind lt. Jungheinrich 750 Kilogramm möglich. Bei einer Stapelhöhe von zwölf Metern könnten daher theoretisch pro Meter 62,5 Kilogramm gelagert werden. Zum Einsatz kommen jedoch auf die Anwendung hin entwickelte Behälter, die eine Zuladung von maximal 50 Kilogramm aufnehmen können. Das ist nicht außergewöhnlich bei solchen Cube Storage – Lösungen. Die maximale Innenraumgröße der Behälter ist dabei so ausgeführt, dass der Transport von Standard-KLT (Länge x Breite x Höhe: 600 x 400 x 290 Millimeter) möglich ist. Auf Anfrage der IFOY-Jury schloss Jungheinrich andere Behälterabmessungen für die Zukunft nicht aus.
PowerCube – Kompatibilität mit anderen Lösungen
Wer sich für Jungheinrich entscheidet, kann sich ein ganzes Intralogistik-System mit unterschiedlichen Automationslösungen aus Hamburg zusammenstellen lassen. Die PowerCube – Systembehälter machen da keine Ausnahme. Sie sind nach Angaben von Jungheinrich kompatibel mit anderen Automatisierungslösungen des Herstellers. Sie lassen sich darum auch außerhalb des Kompaktlagersystems einsetzen, mithilfe von extern angeschlossener Fördertechnik. Ein- und Auslagerstationen oder Kommissionierarbeitsplätze werden in dieser neuen Intralogistik-Lösung daher entsprechend umgesetzt. Diese Modifizierungen ließen sich während des IFOY TestCamps ebenso wenig direkt in Augenschein nehmen wie das ganze System. Jungheinrich präsentierte die Funktionalitäten von PowerCube nur visuell.
Shuttles – Flinke vier Meter pro Sekunde und leicht wartbar
Die neu entwickelten Shuttles des PowerCube bewegen sich laut Hersteller mit einer maximalen Geschwindigkeit von vier Metern pro Sekunde und einer Beschleunigung von bis zu 2 m/s² durch die Anlage. Konzipiert sind die Fahrzeuge für den gleichzeitigen Transport von zwei Behältern. Dabei sind die Shuttles in der Lage, sich automatisch in der Ebene unterhalb des Regals zu bewegen. Da die Shuttles auf Bodenniveau agieren, ist für die Durchführung von Wartungsarbeiten keine Bühne notwendig.
Shuttles mit Rekuperation
Um an die für eine Bearbeitung eines Auftrags erforderlichen Behälter zu gelangen, werden andere Behälter im PowerCube umgelagert. Dabei wirkt sich positiv aus, dass die dabei freiwerdende Energie wieder ins System zurückgespeist werden kann: Shuttle-Rekuperation. Allerdings halten sich die Umlagerungen in Grenzen.
PowerCube und seine Power
Die Energie-Ladestationen der Shuttles befinden sich direkt an den Arbeitsstationen. Sie lassen sich lt. Jungheinrich bei Bedarf aber auch an anderen Stellen innerhalb der Anlage installieren. Eine Schnellladefunktion schafft dabei die Voraussetzungen für den 24/7-Betrieb des Lagersystems. Ein zentrales Element der Fahrzeuge, deren Anzahl sich aufgrund der Skalierbarkeit den Durchsatzanforderungen des jeweiligen Betreibers anpassen lässt, ist die Hubplattform. Diese ist so ausgeformt, dass der Behälter formschlüssig und sicher aufgenommen wird. Eventuelle Positioniertoleranzen des Shuttles in beiden Fahrtrichtungen lassen sich zudem mithilfe eines Ausgleichsmechanismus kompensieren. Demzufolge dürfte aus Sicht der IFOY-Jury jederzeit ein funktionssicheres Behälter-Handling garantiert sein.
IFOY Innovation Check

Marktrelevanz
Der Marktanteil von kompakten Vertikallagersystemen ist in den letzten zehn Jahren aufgrund der breiten Einsetzbarkeit in Produktion und Handel bei geringem Lagerflächenverbrauch stetig gewachsen. Mit dem PowerCube spricht Jungheinrich ein Kundensegment an, bei dem Lagerhöhen von bis zu 12 Metern bei variablem Höhenprofil – etwa aufgrund geneigter Decken – gewünscht sind. Da dies für viele Bestandsgebäude zutrifft, wird das Marktpotenzial der Lösung als hoch eingeschätzt. Die Wirtschaftlichkeit soll bereits ab circa 100 Quadratmeter Lagerfläche gegeben sein. Erste Pilotanlagen befinden sich in der Umsetzung.
Kundennutzen
Aufgrund der größeren und flexiblen Lagerhöhe gegenüber Marktführer AutoStore kann die PowerCube-Lösung nach eigenen Angaben eine noch bessere Flächennutzung erreichen. Die unter dem Lager operierenden Roboter können bis zu zwei Behälter mit höherer Geschwindigkeit transportieren, sind somit effizienter und können Behälter direkter und mit kürzerer Zugriffszeit (circa 2 bis 3 Minuten) an Ausgabeplätze oder Fördertechnik übergeben. Die Wartung erfolgt nutzerfreundlich auf Bodenhöhe. Die Aufbauzeit wird von Jungheinrich mit weniger als sechs Monaten angegeben. Da bis März 2023 nur ein Pilotprojekt in der Schweiz implementiert wurde, ist das nicht nachprüfbar, wäre aber ohnehin nicht außergewöhnlich. Nach Angaben von Jungheinrich können Anbauten nahezu unterbrechungsfrei im laufenden Betrieb vorgenommen werden. Auch das ist für die IFOY-Jury nicht nachprüfbar gewesen. Die Installation ist ohne Nivellierung des Bodens möglich und auch verschiedene Behälterhöhen sind nutzbar.
Neuheit & Innovation
Wenngleich das Prinzip des vertikalen Kompaktlagers nicht neu ist und bezüglich Kennzahlen wie Kompaktheit, Durchsatz, Kosten und Energieverbrauch keine gravierenden Unterschiede zu AutoStore zu erwarten sind, so stellt der Zugriff von unten eine Innovation dar, die neue Nutzungsformen wie die variable Deckenhöhe und deutlich höhere Lagerschächte zulässt und die Wartung vereinfacht. Technische Innovationen im Detail sind das Behälterladegewicht von 50 Kilogramm, ein intelligent konstruierter Klappmechanismus zum Halten des Behälterstapels im Schacht, ein mechanischer Toleranzausgleich bei der Behälteraufnahme sowie eine Schnellladefunktion für den 24/7-Betrieb der Roboter ohne Stillstand.
Funktionalität & Art der Umsetzung
PowerCube ist eine durchdachte und hochwertige Lösung mit vielen Potenzialen jenseits der Möglichkeiten von AutoStore. Die Behälter wurden zweckmäßig für die Lösung neu designed. Aufgrund der Bedienung von unten ist das maximale Behälterstapelgewicht auf 750 Kilogramm beschränkt. Beim Zugriff erfolgt Energierückgewinnung durch die Roboter. Das System konnte allerdings nur mechanisch, nicht aber im laufenden Betrieb begutachtet werden. Der Einsatz für Kühl- und TK-Bereiche ist in Arbeit.
IFOY Testfazit
Das sehr hochqualitativ umgesetzte Vertikallagersystem PowerCube besticht durch die Möglichkeit der flexiblen Raumnutzung durch variable Bauhöhen von bis zu 12 Meter und den Einsatz der Roboter unterhalb der Lagerfläche, wodurch sich eine einfachere Wartung sowie viele Möglichkeiten der Warenausgabe aus dem System sowie eine Anbindungsoption an Fördertechnik ergeben. Ein hoher Durchsatz wird durch die gleichzeitige Aufnahme von bis zu 2 Behältern mit je 50 Kilogramm Beladung durch einen Roboter und dessen hohe Geschwindigkeit erreicht. Zum Zeitpunkt des IFOY Tests im März 2023 wurde von Jungheinrich eine Pilotanwendung bei einem Handelsunternehmen aus der Schweiz realisiert. Es war der Jury also nicht bekannt, ob sich die Erwartungen an das System beim Anwender und Hersteller gleichermaßen erfüll. Aus sicht der IFOY-Jury hat PowerCube jedoch ein hohes Potenzial.
Power Cube Kurzbeurteilung
Marktrelevanz | ++ |
Kundennutzen | ++ |
Neuheit / Innovation | + |
Funktionalität / Art der Umsetzung | ++ |
++ sehr gut / + gut / Ø ausgeglichen / – weniger / — nicht vorhanden |
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