Die angespannten Lieferketten mit teilweisen Lieferausfälle schlagen auf das Wachstum der Euro-Zone voll durch. Die Produktion, der Auftragseingang und Beschäftigung laufen derzeit auf dem Niveau vom Februar 2021. Zu diesen Ergebnissen kommt der IHS PMI September 2021 von IHS-Markit. Das Wachstum dürfte sich noch weiter einbremsen durch die Drosselung der Produktion in China wegen der Rationierung des Energieverbrauchs und der Elektronik- und Halbleiter-Krise.
Die bislang nur gefühlten negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft der EU wegen angespannter Lieferketten bestätigen sich jetzt im aktuellen Einkaufsmanagerindex (PMI) von IHS Markit. Demnach bremst sich das Wirtschaftswachstum in der Union im September im Vergleich zu den Vormonaten deutlich ein. So sank der IHS Markit Eurozone PMI gegenüber August um 2,8 Punkte auf 58,6 und landete damit auf dem tiefsten Wert seit Februar. Und vor dem Hintergrund der aktuellen Energie-Probleme der VR China und der dort verordneten Produktionsstopps wichtiger Lieferanten für die europäische Industrie, dürfte der Abwärtstrend auch im Oktober weiter anhalten. Das bestätigt auch Chris Williamson, Chefökonom der führenden europäischen Wirtschaftsforschungsagentur IHS Markit: „Das Wachstum der Eurozone-Industrie blieb im September zwar robust, es schwächte sich jedoch deutlich ab, da viele Unternehmen zunehmend unter den Problemen in den Lieferketten zu leiden hatten.“ Das war dabei der stärkste Rückgang seit April 2020 als die Coronavirus-Pandemie an Fahrt aufnahm und weltweit Restriktionen erlassen wurden. Die Vorabschätzung wurde um 0,1 Punkte unterschritten. Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist schwächten sich somit zum dritten Mal hintereinander ab und fielen so wenig optimistisch aus wie zuletzt im Januar.
PMI September 2021 – Euro-Zone trotz Abschwächung auf Wachstumskurs
Ausschlaggebend für den Rückgang des PMI September 2021 war, dass zwei der wichtigsten Indikatoren, nämlich „Produktion“ und „Auftragseingang“ deutlich niedrigere Zuwächse auswiesen als zuletzt. Beide Indizes sanken auf Acht-Monatstiefs. (Eurozone Index Industrieproduktion September 55,6, August 59; Eurozone EMI Industrie September 58,7 (August: 61,4) „Sie hielten sich allerdings auf hohem Niveau“, heißt es im aktuellen Bericht. Auch das Exportorderplus, das zuletzt ausgesprochen hoch ausgefallen war, fiel im September so niedrig aus wie zuletzt im Januar.
Lieferketten weiter angespannt
Die Lieferzeiten verlängerten sich zudem im September noch etwas stärker als im August. Zu verbreiteten Engpässen kam es dabei vor allem bei Elektronikkomponenten wie etwa Micro-Chips sowie Rohmaterialien. Das führte daher gerade im Industrie- und automotivlastigen Deutschland zu einem starken Absinken des PMI Composite Index Produktion. Dieser befindet sich mit 55,3 Punkten in einem Sieben-Monate-Tief (August: 60,0). Konkret wirkt sich das beispielsweise im Automotive-Sektor durch Produktionsstopps und Kurzarbeit wie etwa bei Opel oder Volkswagen aus. Aber auch die mangelnde Verfügbarkeit von Frachtcontainern sowie Logistikprobleme in Teilen von Asien spielten dabei eine Rolle und werden sich auch weiterhin nachteilig auswirken.
Einkaufsverhalten durch Verfügbarkeit bestimmt
Die anhaltenden Lieferprobleme wirkten sich auch auf das Einkaufsverhalten und die Lagerhaltung aus. So wurde die Einkaufsmenge im September wegen der mangelnden Verfügbarkeit von Vorprodukten mit der niedrigsten Rate seit Januar ausgeweitet. Das hinderte wiederum die Unternehmen daran, ihre Lager aufzustocken. Folglich blieb der Inflationsdruck hoch, sowohl bei der Beschaffung als auch – in weiterer Folge – beim Weiterverkauf. Die Einkaufspreise stiegen so sehr wie seit September 2000 nicht. Mit anderen Worten: Die höheren Einkaufpreise wurden vielerorts an die Kunden weitergegeben. Des legten die Verkaufs- bzw. Angebotspreise im September mit der dritthöchsten Rate seit zwei Jahrzehnten zu. Sie wurden lediglich übertroffen von den Werten im Juni und Juli.
Schlecht für den Arbeitsmarkt
Der PMI September 2021 legt auch offen, dass sich damit auch die Dynamik auf den Arbeitsmärkten verlangsamt. Das Wachstum bei Arbeitskräften bewegt sich auf dem Niveau von vor vier Monaten. Ausschlaggebend hierfür war vor allem die Unsicherheit wie sich Nachfrage und Lieferzeiten weiter entwickeln werden. Dennoch blieb der Jobaufbau in Europa insgesamt einer der stärksten seit zwanzig Jahren. Viele Unternehmen sind nach wie vor bestrebt sind, ihre Kapazitäten aufzustocken.
Deutschland und Frankreich schwächeln
Der PMI September 2021 wird vor allem durch das Schwächeln der beiden größten Volkswirtschaften Frankreich (55 Punkte) und Deutschland (58,4 Punkte) beeinflusst. Folglich konnten die kleineren Eurozone-Länder im September noch das stärkste Wachstum verzeichnen. Dabei ist Österreich das einzige Land, welches einen beschleunigten Zuwachs verzeichnete (62,8 Punkte). Doch ist es zu erwarten, dass auch die Alpenrepublik in den kommenden Monaten sinkende Indizes aufweisen wird. Ein Grund ist die starke Verflechtung der österreichischen Industrie mit der deutschen und der europäischen.