Die Themen Nachhaltigkeit und der Ausstoß von CO2-Emissionen sind aus Diskussionen rund um Supply Chains nicht mehr wegzudenken. Aber wo stehen Unternehmen derzeit dabei tatsächlich und welche Maßnahmen treffen sie, um umweltfreundlicher zu werden? Das erfahren Interessenten hier.
Ein Fachbeitrag von Jesper Bennike*
Die Beantwortung der im Eingangstext aufgeworfenen Fragen ist nicht so einfach, insbesondere da globale Lieferketten und Unternehmensnetzwerke immer komplexer werden. Die gute Nachricht ist allerdings, dass die Themen Nachhaltigkeit und CO2-Reduktion branchenübergreifend auf der Agenda vieler Unternehmen steht, insbesondere wenn es um die Organisation der Logistik geht. Laut des Real-Time Visibility Trend Report 2021 ist die Reduzierung der CO2-Emissionen eine der fünf wichtigsten Prioritäten für Logistikexperten – zusammen mit Themen wie der Optimierung des Lagerbetriebs und der Verbesserung der Kundenzufriedenheit.
CO2-Emissionen für Spediteure eine Herausforderung
Wenn es darum geht, ihre Umweltauswirkungen zu messen sind viele Unternehmen jedoch noch lange nicht so weit, wie sie sein könnten. So ergab eine Transporeon-Umfrage im Jahr 2021, dass mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Spediteure derzeit nicht in der Lage sind, ihre CO2-Emissionen zu berechnen. Darüber hinaus betrachten nur 15 Prozent, Nachhaltigkeitsbemühungen als einen wichtigen Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens. Es gibt also noch einiges zu tun, um die Aufgeschlossenheit von Unternehmen gegenüber umweltfreundlichen Maßnahmen und deren Umsetzung zu fördern.
Ein Status-Check in der Konsumgüterindustrie
Doch es gibt auch gute Nachrichten. Wenn wir die Supply Chain Branche durch die Brille der Nachhaltigkeit betrachten, können wir viele positive Schritte erkennen, die unternommen werden, um Lieferketten „grüner“ zu gestalten und CO2-Emissionen zu reduzieren. So konnte der italienische Lebensmittelkonzern Barilla durch die Verlagerung des Warentransports zwischen Norditalien und Süddeutschland auf die Schiene, 5.000 LKW von der Straße nehmen und seine CO2-Emissionen um 70 Prozent reduzieren.
Lieferketten nachhaltig gestalten. Erst letzten Monat eröffnete zudem der globale Konsumgüterkonzern P&G ein neues Product Supply Innovation Center (PSIC). Die Eröffnung des PSIC ist Teil eines größeren Ziels, nämlich die CO2-Emissionen in allen Geschäftsbereichen des Unternehmens um 50 Prozent zu senken. Darüber hinaus hat Nestlé, ein weiterer Riese in der Lebensmittelindustrie, kürzlich seine Unterstützung für den EU-Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Unternehmens- und Marketingpraktiken in der Lebensmittelversorgung zugesagt. Mit dem Beitritt zu der Initiative hat Nestlé sich dazu verpflichtet, Lieferketten von Lebensmitteln nachhaltiger zu gestalten. Durch die Einhaltung von insgesamt 23 Zielen soll das Unternehmen zur Reduzierung seines ökologischen Fußabdrucks beitragen – dazu gehört u.a. auch eine Umstellung auf eine emissionsfreie Logistik.
Der politische Druck wächst
Viele Regierungen auf der ganzen Welt unternehmen ebenfalls Schritte, um Nachhaltigkeit in der Supply Chain zu fördern. So wurde in Deutschland vor Kurzem ein Gesetz über die unternehmerische Sorgfaltspflicht („Gesetz über die Corporate Due Diligence in Supply Chains“) in Lieferketten verabschiedet. Dieses sogenannte „Lieferkettengesetz“ macht Unternehmen für jeden Schritt in der Lieferkette verantwortlich: Unternehmen müssen mit einer Geldstrafe von bis zu zwei Prozent ihres Jahresumsatzes rechnen, wenn ihre Zulieferer gegen Umweltvorschriften verstoßen.
Überblick über Beschaffung fehlt
Dies stellt eine große Herausforderung für Unternehmen dar. Laut einer aktuellen Studie von Oxford Economics, in der 1.000 Fachleuten aus der Supply Chain Branche befragt wurden, hat nur die Hälfte der Teilnehmer einen wesentlichen oder vollständigen Überblick über die Beschaffung von nachhaltigen Produkten durch das eigene Unternehmen. Lediglich 21 Prozent geben an, dass sie einen vollständigen Überblick über die Beschaffung nachhaltiger Produkte durch ihre Lieferanten haben.
2020er das Jahrzehnt der Nachhaltigkeit. All diese Initiativen sind jedoch Teil einer Bewegung, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Alles deutet darauf hin, dass die 2020er Jahre das Jahrzehnt der Nachhaltigkeit in der Supply Chain sein werden. Mehrere Faktoren tragen dazu bei, dass die Bedeutung „grüner“ Maßnahmen in Unternehmen immer weiter zunimmt. Unternehmen müssen auf diesen Trend reagieren, wenn sie sich in den kommenden Jahren einen Wettbewerbsvorteil verschaffen wollen.
Ein anhaltender Trend
Aktuell gibt es daher keine Anzeichen dafür, dass sich die Nachhaltigkeitsbewegung in nächster Zeit verlangsamen wird. Im Gegenteil, sie beschleunigt sich. Während sich Unternehmen von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie erholen, versuchen sie bei Verbrauchern weltweit zu punkten – und diese sind am Thema Nachhaltigkeit interessierter als je zuvor.
Verbraucher wollen nachhaltige Waren. Die Online-Suchen nach nachhaltigen Waren sind in den letzten fünf Jahren weltweit um 71 Prozent gestiegen, wie eine Studie des World Wildlife Found (WWF) zeigt. Insgesamt halten es zudem 70 Prozent der Verbraucher für wichtig, nachhaltige Waren zu kaufen. Dieser Trend zieht sich durch alle Teile des Unternehmens – auch durch nicht dem Kunden sichtbare Prozesse wie die Supply Chain.
Überblick über Effizienz der Aktivitäten fehlt
Die Herausforderung, vor der viele Unternehmen stehen, ist, dass sie keinen ausreichenden Überblick über die Effizienz ihrer Aktivitäten haben. Das macht es sehr schwierig, die eigenen Umweltauswirkungen zu reduzieren. Dieses Problem kann jedoch durch die Verbesserung der Echtzeit-Transparenz in der Supply Chain adressiert werden.
Nutzung von Echtzeitdaten kann helfen. Durch die Nutzung von Echtzeitdaten erhalten Unternehmen zum Beispiel einen besseren Einblick in die Funktionsweise von Transportnetzwerken und die Auslastung einzelner Fahrzeuge. Dadurch können sie Leerkilometer reduzieren und ihre Kapazitäten effektiver an die bestehende Nachfrage anpassen. Diese Echtzeitdaten können Unternehmen zusätzlich dabei helfen, eine Vielzahl an Prozessen in der Supply Chain zu optimieren und so ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern.
Wo soll man anfangen?
Der Schlüssel zum Erfolg ist zu wissen, wo man anfangen muss. Methoden wie die Carbon Footprint Calculation von Transporeon zeigen Unternehmen ihren aktuellen Ist-Zustand auf und lassen sie erkennen, wo Verbesserungen möglich sind. Mit diesem ersten Schritt können Unternehmen schnell eine verbesserte Umwelttransparenz über ihre Transportvorgänge erreichen. Es mag ein kleiner Schritt sein, aber dieser ist entscheidend, um eine nachhaltige Entwicklung in der gesamten Branche voranzutreiben und die erheblichen Umweltauswirkungen der Supply Chain zu reduzieren.