Gabor Shoes mit Sitz in Rosenheim gilt als einer der führenden Hersteller hochwertiger, modischer Damenschuhe und ist weit über die Grenzen Deutschlands bekannt. Das Familienunternehmen besteht seit mehr als 65 Jahren. Jetzt errichtete das Modeunternehmen in Mindelheim ein neues Logistikzentrum. Damit sollen der weltweite Handel und vielfältige Value Added Services für den E-Commerce forciert werden.

Viele Frauen haben mehr als zwanzig Paar Schuhe im Schrank. Bis zu sieben Paar kommen statistisch im Jahr hinzu oder werden durch neue ersetzt. Um sicherzustellen, dass die richtigen Damenschuhe auf den Tag genau im Handel im Regal stehen, hat Gabor Shoes am Standort Mindelheim ein neues, hochautomatisiertes Logistikcenter errichtet.
Mindelheim – Gabor Standort seit 2003

Seit 2003 findet in Mindelheim der zentrale Warenumschlag der Damenschuhe der Marke Gabor sowie der Lizenzmarke camel active statt. Von hier werden die fertigen Schuhe aus den Werken in der Slowakei und Portugal auf die weltweite Kundschaft von 5.000 Händlern verteilt. Im selben Jahr installierte Vanderlande als der Generalunternehmer hier ein erstes Sortersystem, um die Verteilung der aus den Werken und von Zulieferbetrieben stammenden Schuhkartons sicherzustellen. Das System mit einer zentralen Sortersortierung war damals eine optimale Lösung, um eine direkte Verteilung von den Produktionsstandorten auf die Händler sicherzustellen.
Gabor – E-Commerce verändert alles
Seither hat sich jedoch viel im Einzelhandel getan: das E-Commerces-Business hat sich seit damals rasant entwickelt und macht mittlerweile einen Großteil des Handels aus. Der Einzelhandel hat darauf reagiert und bietet mittlerweile viele Services an, um Filialkunden an der Stange zu halten. Die Anforderungen der Gabor-Kunden sind somit gewachsen, auf die Hersteller wie das Rosenheimer Familienunternehmen reagieren müssen. Gabor ist das offenbar gelungen, wie das inzwischen auf jährlich über 9,5 Millionen Paar Schuhe angewachsene Produktionsvolumen zeigt. Das brachte den Standort in Mindelheim an seine Grenzen. Eine Erweiterung der Verteilkapazitäten musste also her. Diese wurde nun in einem ersten Schritt mit dem Neubau eines automatischen Kartonlagers mit Regalbediengeräten und einer neuen Warenausgangslösung realisiert. „Unser Ziel ist es, für unsere Handelspartner hohes Servicelevel und die schnelle Auslieferungen sicherzustellen“, sagt Johann Haas, Leiter Logistik von Gabor, gegenüber Medien.
Neubau in bestehende Prozesse integrieren

Also begann man, gemeinsam mit der bmt Planungsgesellschaft Hamburg, eine Lösung am Standort Mindelheim zu erarbeiten. Ziel war es nicht nur, den Status quo besser zu bewältigen, sondern gleich auch genügend Potenzial am Standort zu sichern, um allfällige Erweiterungen realisieren zu können. Deshalb wurden beispielsweise angrenzende Grundstücke übernommen, um ein größeres AKL-Lager errichten zu können. Zudem sollte der Bau neuen Büroflächen sowie einem großzügigen und einladenden Outlet Center genügend Raum bieten. Das Gebäude mit dem Versand- und AKL-Lagerblock sollte dabei im Design eines Gabor Schuhkartons gestaltet werden. Herausfordernd in der Planung waren hierbei jedoch vor allem die fördertechnische und informationstechnologische Integration des Neubaus an bestehende Infrastrukturen und Prozesse. Gleichzeitig sollten Testdurchläufe, die solche Anlagen mit sich bringen, keinesfalls die bestehenden Abläufe der Verteillogistik behindern.
Technik aus Mönchengladbach
Der Generalunternehmer Vanderlande lieferte für das Projekt die fördertechnischen Anlagen, die Regalbediengeräte Typ Quickstore 3.2, den Regal- und Stahlbau sowie die Materialflussteuerung des Systems. „Die Zusammenarbeit beim vorherigen Projekt (in 2003) war sehr partnerschaftlich und wir waren über Jahre mit den Produkten von Vanderlande äußerst zufrieden. Mit den neuen Lösungen von Vanderlande und den Erfahrungen aus der Vergangenheit lag es nahe, wieder mit Vanderlande zusammen zu arbeiten“, erläutert Johann Haas.„Wir freuen uns sehr, dass uns Gabor als unser langjähriger Kunde auch für die Erweiterung das Vertrauen geschenkt hat“, betont Christian Grimm, Business Development Manager bei Vanderlande in Mönchengladbach.
Der Logistikprozess im Detail

Die Paletten mit den fertigen Schuhen aus den Werken werden angeliefert und es wird festgestellt, für welchen Kunden die Ware bestimmt ist. Steht die Ware nicht zum direkten Versand an, geht sie ins Hochregallager. Aus dem Wareneingang oder dem Palettenhochregallager werden die artikelreinen Paletten mit den eingelagerten Schuhkartons zum Quergurtsorter verbracht. Der Sorter schleust die Schuhkartons in (Kunden)-Auslagerrutschen aus, bis der Versandauftrag komplett zusammengestellt ist. Der Sorter kann pro Stunde mehrere tausend Paar Schuhe abwickeln.
Neue Versandeinheitenhalle
Die Versandmitarbeiter stellen aus den ausgeschleusten Schuhkartons eine Versandeinheit zusammen. Dabei werden die Schuhkartons mit Karton-Trays verpackt und den Versandunterlagen versehen. Im weiteren fördertechnischen Verlauf werden die Versandeinheiten vollautomatisch foliert. Von dort werden die gepackten Versandeinheiten aus der Bestandsanlage in den Neubau – die neue Versandeinheitenhalle – gefahren.
Nach Größe sortiert
Die Versandeinheiten durchfahren hier eine automatische Konturenmessstation. Hier werden die tatsächlichen Abmessungen der Versandeinheiten gemessen und mit den vorher übermittelten Daten überprüft. Dies ist notwendig, um für die Regalfachvergabe die Absolutwerte der Abmessung der Versandeinheiten aufzunehmen. Abhängig von der Größe der Versandeinheit wird ein passendes Fach mit noch möglicher Zulagerung gesucht und die Versandeinheit wird dorthin verfahren. Auch mögliche Überstände und Abweichungen werden registriert, damit es zu keinerlei Störungen bei der Einlagerung mit den Regalbediengeräten kommt. Bei positiv verlaufener Kontrolle werden anschließend die tatsächlichen Daten für die Platzsuche im neuen AKL genutzt. Bei großen Abweichungen werden die Versandeinheiten über den nachfolgenden Transfer und über den neuen Sortierrundlauf zum zentralen No-Read-Arbeitsplatz gefahren. Ansonsten werden die Versandeinheiten ins AKL-Gebäude transportiert und dort auf einen der zwölf Einlagerstiche des AKLs abgegeben.
Ein 18 Meter hoher Schuhschrank

Eingesetzt werden hier zwölf 18 Meter hohe Vanderlande QUICKSTORE 3.2 Regalbediengeräte mit Barracuda-Lastaufnahmemittel, die in der bis zu 120.000 Versandeinheiten fassenden Regalanlage die Ein- und Auslagerung übernehmen. Mithilfe der Regalbediengeräte werden die Versandeinheiten in das entsprechende Lagerfach eingelagert. Die Vanderlande Regalbediengeräte wurden mit einem Kamerasystem ausgestattet, um mögliche Fehler im Nachhinein analysieren zu können. „Mit den Quickstore Regalbediengeräten hat sich Gabor für eines der innovativsten, leistungsstärksten und zuverlässigsten Produkte entschieden. Von den Regalbediengeräten der Quickstore-Serie sind viele Hundert bei Kunden im Einsatz“, so Christian Grimm von Vanderlande.
Warten auf die Auslieferung
In den Lagerfächern des Versandeinheitenlagers warten die für den Versand fertig verpackten Schuhkartons auf den vom Kunden festgesetzten Ausliefertermin. Bedarfsgerecht werden von den Regalbediengeräten die entsprechenden Versandeinheiten aus dem AKL ausgelagert und auf einen Auslagerstich abgegeben. Von diesem gelangen die Versandeinheiten über den Sammelförderer in Richtung Versandeinheitensortierung.
Verfahrbare Teleskopgurtförderer
Die von der vorhandenen Fördertechnik oder aus dem AKL kommenden Versandeinheiten werden auf den Versandeinheiten-Loop auf- und können auf elf Versandtore ausgeschleust. Die Zielvorgabe kommt von dem übergeordneten Lagerverwaltungssystem. Die Zielbahnen sind so ausgestattet, dass im Versandbereich fünf verfahrbare Teleskopgurtförderer vor das entsprechende Tor gefahren werden können. Das heißt, die Versandeinheiten werden über die richtige Zielbahn und dann über einen Teleskopgurtförderer in den LKW gefahren. Sollte vor einem Tor kein Teleskopgurtförderer benötigt werden, so besteht die Möglichkeit, diesen auf Schienen zur Seite zu verfahren, sodass die LKW problemlos per Handhubwagen mit den Paletten beladen werden können. Auf der Innenseite der Sorteranlage sind insgesamt acht Zielbahnen vorgesehen, auf denen die Versandeinheiten ausgeschleust werden können, die zu größeren Aufträgen gehören. Neben diesen Zielbahnen werden bauseits Paletten gestellt, so dass die Versandeinheiten von den Mitarbeitern auf diese aufgestapelt werden können. Vom AKL werden die Aufträge in Batches immer so ausgelagert, dass die fertig gepackten Paletten pünktlich zum Abholen am Warenausgangstor bereitstehen. Sei es zu Beginn der Saison oder als Nachorder für ein besonders erfolgreiches Modell.
E-Commerce: Partnerschaft mit dem Handel
Auch die Endverbraucher, die auf dem Gabor Online-Marktplatz bestellen, können von Mindelheim aus beliefert werden. Bestellt ein Kunde direkt über den Gabor Marktplatz, werden erst die Händler vor Ort eingebunden, um den Kunden zu beliefern. Durch die Dezentralisierung können Kunden schnell beliefert werden und der Einzelhandel vom Online-Geschäft profitieren. Nur wenn die lokalen Händler die Bestellung nicht erfüllen können oder wollen, liefert Gabor aus dem Zentrallager in Mindelheim. Dieses Konzept wäre ohne die Erweiterung und den Neubau an diesem Standort nicht denkbar gewesen.
Das neue Gabor Logistikzentrum wurde kürzlich feierlich mit einem Tag der offenen Tür und einem Fest eingeweiht. Die Öffentlichkeit nahm die Einladung ins Mindelheimer Logistikzentrum gerne an und so besuchten mehrere tausend Menschen die Anlage am Tag der Eröffnung und erhielten so einen Einblick in die moderne Lagerlogistik von Gabor. „Am Tag der Aufschaltung blieben Teile der alten Fördertechnik ausgeschaltet und die neue Fördertechnik lief an. Wir konnten von Tag eins an unsere Auslieferungen wie geplant über die neue Anlage durchführen“, erzählt Johann Haas. Nach dem Umschalten auf das neue System werden aktuell circa neun Millionen Paar Schuhe an rund 5.000 Handelskunden in über sechzig Länder ausgeliefert.
gabor.de/de/ | vanderlande.com/de/
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