LOGISTIKARCHITEKT – Unkonventionell denken lassen

Dr. Maximilian Schachinger, der Logistikarchitekt der österreichischen Transportwirtschaft und langjähriger Geschäftsführer von Schachinger Logistik, spricht anlässlich des 75-jährigen Jubiläums des Unternehmens mit mit CR Hans-Joachim Schlobach über Architektur, Asthetik, Design, Unternehmertum und die Zukunft des Transports.

Dr. Maximilian Schachinger
Dr. Maximilian Schachinger prägte wie kaum ein anderer die Transportlogistik der Nachkriegszeit in Österreich (Foto: Roland Ferrigato / RS MEIA WORLD Archiv)

BLOGISTIC.NET: Herr Dr. Schachinger, Sie gelten als guter Zeichner und wollten nach Ihrer Matura im Jahr 1960 eigentlich Architekt werden. Warum sind Sie dann doch Spedi­teur geworden?
Schachinger: Stimmt! Architekt wäre ich lieber geworden als Logistiker. Mein Vater hat mich aber dazu überredet, Welthandel zu studieren, damit ich später ins Unter­nehmen einsteigen kann.

BLOGISTIC.NET: Wehmütig?
Schachinger: Nicht wirklich, denn die Logistik ist ja eine sehr spannende und ab­wechslungsreiche Sache. Zudem ist mir ja die Leidenschaft für Architektur und damit verbunden auch die Ästhetik geblieben.

Die Begabung des Unternehmers liegt aus meiner Sicht darin, für neue Ideen auch dann offen zu sein, wenn sie bei erster Be­trachtung unsinnig erscheinen. Man muss unkonventionelles Denken zulassen. Dr. Maximilian Schachinger, österreichischer Unternehmer und Logistiker

BLOGISTIC.NET: Wie wirkt sich das aus?
Schachinger: Ich würde sagen in der Liebe zu kreativen Menschen, die gepaart ist mit der Abneigung gegen unschöne Dinge und Unordnung. Letzteres ist unästhetisch und überträgt sich auf die Mitarbeiter und das Unternehmen. Besonders spürbar wird mein Faible für Architektur jedoch bei un­seren Bauprojekten. Da rede ich den Archi­tekten schon gerne mal drein. Das dürfte mein Sohn Max ein Stück weit von mir übernommen haben, denn er hat das bei unserem letzten Projekt genauso gemacht (lacht).

M. Schachinger – „Ästhetik bestimmt das Verhältnis zum Menschen…“

BLOGISTIC.NET: Kann man sagen, dass das Faible für Ästhetik in Ihrer Familie den Spirit im Unternehmen ausmacht?
Schachinger: Ja, die Ästhetik bestimmt das Verhältnis zum Menschen. Eine solche Ästhetik finden Sie im übertragenen Sinn auch in dem, was man gemeinhin als „guten Ruf“ bezeichnet. Und dieser beinhaltet in Bezug auf das Unternehmen Schachinger Logistik solche Eigenschaften wie Hand­schlagqualität, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Ordentlichkeit, Freundlich­keit usw. Und mit meinem Sohn Max und Tochter Heidi als Nachfolger wird das alles mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ um eine zentrale Zukunftsvariante erweitert. Wie wichtig Ästhetik ist, erkennen Sie etwa dar­an, dass die Entscheidung, ob jemand mit uns ins Geschäft kommen will, auf dem Weg von der Einfahrt auf unser Werksge­lände in Hörsching bis zum Hauptgebäude fällt. Das sind ein paar Minuten. Wenn wir hier kein ästhetisches Gesamtbild abgeben, ist die Sache gelaufen.

M. Schachinger: "Die Ästhetik bestimmt das Verhältnis zum Menschen
M. Schachinger: „Die Ästhetik bestimmt das Verhältnis zum Menschen. Eine solche Ästhetik finden Sie im übertragenen Sinn auch in dem, was man gemeinhin als „guten Ruf“ bezeichnet. (Foto: RS Media World Archiv / Roland Ferrigato)

BLOGISTIC.NET: Die Transportbranche hat nicht gerade den Ruf, ästhetisch zu sein, sondern gilt vielen immer noch als Schmuddelkind, das die Umwelt belastet. Wie gehen Sie damit um?
Schachinger: Beispiele: Der kombinierte Verkehr und die Ökombi, an deren Zustande­kommen wir maßgeblich beteiligt waren, galten damals als eher exotische Experi­mente. Ein ähnliches Schicksal hat die öko­logische Bauweise von Lagerhallen, die mein Sohn Max schon seit Jahren vorantreibt. Das alles sind Add-ons, die für das jeweils gegenwärtige Geschäft nicht notwendig waren bzw. sind. Wir bemühen uns dennoch, sie umzusetzen, weil wir auch zeigen wollen, dass die Branche diese Pauschalierung nicht verdient und vielfach sogar Vorreiter ist. Ökombi war damals keine Spinnerei und die nachhaltige Bauweise von Lagerhallen ist es heute nicht. Es hat aber mit unserer Zukunft zu tun. Wer sich nicht darum be­müht, wird künftig kein Geschäft machen.

M. Schachinger – „Für neue Ideen offen sein…“

BLOGISTIC.NET: Sie haben die österreichische Logistiklandschaft geprägt wie nur ganz wenige in Österreich. Sie waren dabei vor allem mit Ihren strategischen Konzepten in vielen Fällen Vorreiter und konnten diese erfolg­reich umsetzen. Ihr Sohn folgt Ihnen jetzt nach. Haben Sie beide die Bega­bung, zum richtigen Zeitpunkt am richti­gen Ort zu sein?
Schachinger: Eine schwierige Frage, denn an der Entwicklung künftiger Strategien und Konzepte sowie deren erfolgreicher Umsetzung sind ja immer viele Leute betei­ligt. Die Begabung des Unternehmers liegt aus meiner Sicht darin, für neue Ideen auch dann offen zu sein, wenn sie bei erster Be­trachtung unsinnig erscheinen. Man muss unkonventionelles Denken zulassen, weil das erst die Betrachtung aus unterschiedli­chen Perspektiven ermöglicht. Gleichzeitig benötigt ein Unternehmen straffe Struktu­ren, um Innovationen erfolgreich umsetzen zu können. Ein innovativer Unternehmer schafft daher ein Umfeld, in dem sich Kreativi­tät frei entfalten kann. Gleichzeitig macht er diese Kreativität mit den straffen Unternehmensstrukturen kompatibel. Ein Erbsen­zähler ist daher eher selten ein innovativer Unternehmer. Diesen benötigen Sie aber für den Aufbau straffer Strukturen, damit sich die Pläne und Strategien betriebswirt­schaftlich rechnen.

 BLOGISTIC.NET: Vielen Dank für das tolle Gespräch!

 schachinger-logistik.com


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