LIEFERKETTENGESETZ – Nachhaltigkeit per Gesetz und digitale Lösungsansätze

Das seit 1. Januar 2023 in Deutschland gültige Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), erhitzt die Gemüter. Befürworter sehen im sogenannten “Lieferkettengesetz” vor allem ein notwendiges Instrument, um Unternehmen zu nachhaltigerem Handeln zu motivieren und Verbesserungen bezüglich Menschenrechte, Arbeitsbedingungen, fairer Bezahlung etc. zu erzielen. Andere wiederum sehen in der Verordnung ein eher ungeeignetes Instrument für Veränderungen in der Gesellschaft, dafür aber Bürokratiemonster. Das zeigt eine aktuelle Studie, die Miebach Consulting gemeinsam mit dem Strichcode-Spezialisten GS1 Deutschland letzten Sommer erstellte. Doch es gibt digitale Lösungen, welche hier entschärfend wirken können.  

Lieferkettengesetz - Für Unternehmen, welche das LkSG als Chance betrachten, könnte es im Wettbewerb wie ein Tennis-Aufschlag nach Maß sein. (Foto: Rainer Sturm / www.pixelio.de)
Lieferkettengesetz – Für Unternehmen, welche das LkSG als Chance betrachten, könnte es im Wettbewerb wie ein Tennis-Aufschlag nach Maß sein. (Foto: Rainer Sturm / www.pixelio.de)

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, LkSG, oder kurz “Lieferkettengesetz” genannt, verpflichtet Unternehmen seit 1. Januar 2023 dazu, umfassende Due-Diligence-Prozesse zu etablieren, um Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen in ihren Lieferketten aufzudecken, zu dokumentieren und auf Verstöße zu reagieren. Damit wird das LkSG ein wichtiger neuer Aspekt im Risiko- und Lieferantenmanagement. „Was gut gemeint ist, erweist sich in der Umsetzung für die betroffenen Unternehmen jedoch als schwierig und aufwendig. Die bisherigen Praxiserfahrungen zeigen, dass das Gesetz für viele Unternehmen zu einer echten Informations- und damit zu einer Daten- und IT-Herausforderung wird“, erklärt Dr. Frank Schlein, Geschäftsführer von CRIF Deutschland gegenüber den Medien.  

LkSG – Ab 2024 sind mehr als 3.600 Unternehmen zur Transparenz verpflichtet  

Offiziell sind seit dem 01.01.2023 nur ca. 700 Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern verpflichtet, ihre Lieferanten unabhängig von deren Betriebsgröße zur Einhaltung von Menschenrechten und bestimmter Umweltaspekte zu überprüfen. Ab 2024 erweitert sich der Kreis der Verpflichteten auf mehr als 3.600 Unternehmen, die über 1.000 Mitarbeitende in Deutschland beschäftigen. Allerdings ist die tatsächliche Anzahl der Unternehmen, die ihre Lieferanten nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz überprüfen, inzwischen deutlich höher. Denn etliche vom LkSG betroffene Großunternehmen verlangen auch von ihren mittelständischen und nicht vom LkSG betroffenen Lieferanten (<3.000 bzw. <1000 Mitarbeiter), dass diese sich ebenfalls dem LkSG unterwerfen und wiederum ihre Vorlieferanten umfassend überprüfen. Damit sind deutlich mehr Unternehmen mit dem LkSG befasst, als vom Gesetzgeber ursprünglich geplant. 

Lieferkettengesetz – Studie lässt tiefer blicken 

Es gibt also genug Gründe nachzufragen, was vor allem deutsche Unternehmen vom neuen Lieferkettengesetz halten, denn In Österreich oder der Schweiz gibt es so etwas (noch) nicht. Die Frage war 2022 auch, ob sie ausreichend darauf vorbereitet sind? Diesen und anderen Fragen hinsichtlich des LkSG, sind der deutsche Logistikberater Miebach Consulting und Strichcode-Spezialist GS1 Germany im Sommer 2022 nachgegangen. Sie führten eine Studie mit knapp 500 Teilnehmern durch und ermittelten, wie es um die Einstellung der deutschen Wirtschaft zu den bevorstehenden Vorschriften steht. Und sie fragten nach, welche Maßnahmen sie bereits 2022 ergriffen haben bzw. geplant sind, um den gesetzlichen Anforderungen, die EU-weit gelten, nachzukommen. 

LkSG – Die Kosten tun Unternehmen weh  

Im Allgemeinen kann die Erwartungshaltung der Studienteilnehmer in 2022 an das Lieferkettengesetz als positiv beschrieben werden. Dennoch ist nicht jeder bereit, auch den Preis für Nachhaltigkeit zu zahlen. Fast die Hälfte der Teilnehmer gaben an, dass sie damit rechnen, dass sich die Gesetzgebung positiv auf Umwelt und Gesellschaft auswirken wird bzw. auch zu einem fairen Wettbewerb beitragen kann. Auf der anderen Seite sprechen für 41 Prozent der Unternehmen der steigende Verwaltungsaufwand und höhere Kosten durch das Lieferkettengesetz im Vordergrund. Gleichzeitig wird moniert, dass die konkreten Anforderungen des Gesetzes für viele Unternehmen und verantwortliche Mitarbeiter unklar sind. 

Lieferkettengesetz für wenig regulierte Industrien eine Herausforderung  

LkSG – Nachhaltiges Wirtschaften schützt nicht nur die Umwelt, sondern macht Deutschlands Wirtschaft enkelfit. (Foto: Rainer Sturm / www.pixelio.de)
LkSG – Nachhaltiges Wirtschaften schützt nicht nur die Umwelt, sondern macht Deutschlands Wirtschaft enkelfit. (Foto: Rainer Sturm / www.pixelio.de)

Im Gegensatz zu stark regulierten Industrien dürfte das Lieferkettengesetz für Unternehmen aus weniger regulierten Branchen eine Herausforderung darstellen, insbesondere in Hinblick auf die Transparenz der Lieferketten. Während nämlich bei Tier-1-Lieferanten oft noch ausreichend Transparenz vorliegt, sind Daten zu menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflichten zu bekommen, je länger die Lieferketten sind. So sind bei Tier-2- und Tier-3-Lieferanten beispielsweise Nachweise von Wochenarbeitsstunden, angemessenen Mindestlöhnen aber auch der Umgang mit umweltschädlichen Substanzen und Produkten in der Praxis kaum verfügbar. 

LkSG als Motivation für mehr Nachhaltigkeit   

„Trotz der möglichen zusätzlichen Kosten und Aufwände ist die Regulierung über das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz aus unserer Sicht ein wichtiges Instrument, um Unternehmen zu mehr Nachhaltigkeit zu motivieren. Während mehr als 30 Prozent bereits nachhaltigkeitsbezogene Maßnahmen aufgrund von Kundenanforderungen eingeführt haben, sind Regularien mit 25 Prozent der zweitwichtigste Antrieb für Unternehmen Nachhaltigkeitsinitiativen zu starten“, analysiert Anastasiia Omelchuk, Consultant bei Miebach Consulting, die Studie. So geben viele Unternehmen insbesondere die zum Befragungszeitpunkt bevorstehende Gesetzgebung in Deutschland und die noch strengeren Auflagen auf europäischer Ebene als Hauptgrund für die Einführung einer Nachhaltigkeitsstrategie an. 18 Prozent nennen ihre Mitarbeiter als wichtigsten Treiber für Nachhaltigkeit. 

Mehrheit ist hinsichtlich Lieferkettengesetz optimistisch 

Immerhin: Über 60 Prozent der teilnehmenden Unternehmen geben an, optimistisch hinsichtlich ihrer Vorbereitungsmaßnahmen auf das Lieferkettengesetz zu sein und keine großartigen Änderungen innerhalb ihrer derzeitigen Lieferketten oder bei Lieferanten vorzunehmen. Nach Aussage der Studienteilnehmer arbeiten 43 Prozent der Unternehmen bereits an ihrem Aktionsplan sowie an Maßnahmen in Vorbereitung auf das Inkrafttreten des Gesetzes. Eine dieser Maßnahmen besteht beispielsweise darin, mit derzeitigen Lieferanten zusammenzuarbeiten und sicherzustellen, dass diese das LkSG einhalten.  

LkSG – Herausforderung “Zusammenarbeit in der Supply Chain” 

Die Zusammenarbeit zwischen den Partnern in der Supply Chain stellt bezüglich des LkSG eine besonders wichtige Maßnahme dar. Trotz zahlreicher Beispiele für eine wirksame Zusammenarbeit im Bereich der Nachhaltigkeit wird diese Option jedoch noch oftmals vernachlässigt. So geben ca. 40 Prozent der Studienteilnehmer an, in erster Linie die Zusammenarbeit zwischen internen Abteilungen zu verfolgen, um Nachhaltigkeit zu fördern. Die Angaben zur Kollaboration mit Tier-1-Lieferanten (25 Prozent) und Beratungsunternehmen (15 Prozent) zeigen zwar einen positiven Trend, sind aber im Rahmen der Anforderungen des Lieferkettengesetzes an Transparenz entlang der gesamten Supply Chain noch zu zögerlich. „Neben der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit wird zukünftig eine Standardisierung im Datenaustausch eine entscheidende Rolle für Unternehmen spielen, um Transparenz und nachhaltige Handlungen zu ermöglichen. Die Digitalisierung der Geschäftsprozesse ist dafür eine wichtige Voraussetzung“, erläutert Thomas Krebs, Senior Principal, Miebach Consulting, gegenüber den Medien die Zahlen. 

Lieferkettengesetz – Technische Lösungen entlasten beim Transparenzdruck 

F. Schlein - „Unternehmen, die bereits jetzt das Lieferkettengesetz und ESG-Kriterien einhalten, können möglichen Kundenanfragen vorausgreifen und ihr Engagement unterstreichen, soziale, ökologische und unternehmenssteuernde nachhaltige Kriterien einzuhalten.” (Foto: Synergy / RS MEDIA WORLD Archiv)
F. Schlein – „Unternehmen, die bereits jetzt das Lieferkettengesetz und ESG-Kriterien einhalten, können möglichen Kundenanfragen vorausgreifen und ihr Engagement unterstreichen, soziale, ökologische und unternehmenssteuernde nachhaltige Kriterien einzuhalten.” (Foto: Synergy / RS MEDIA WORLD Archiv)

Die Wirtschaftsvertreter in der Miebach-Studie aber auch anderswo beklagen den administrativen Aufwand, der durch das LkSG entsteht. Doch es gibt Lösungen, die hier Abhilfe schaffen können. So hat etwa der globale Informationsdienstleister CRIF in seine Synesgy-Plattform einen separaten und mehrsprachigen LkSG-Fragebogen integriert. Damit können Unternehmen alle relevanten Informationen zur Einhaltung des Lieferkettengesetzes bei ihren nationalen und globalen Lieferanten abfragen, archivieren und verwalten. „Mit Synesgy bieten wir Unternehmen bereits seit einiger Zeit ein Tool zur ganzheitlichen ESG-Analyse ihrer Lieferanten an. Mit unserer Erweiterung decken wir damit nun auch die neuen Anforderungen des Lieferkettengesetzes ab“, freut sich F. Schlein gegenüber blogistic.net. Und in der Tat: Die digitale und in 18 Sprachen verfügbare Synesgy-Plattform ermöglicht Unternehmen eine ganzheitliche und durchaus effiziente ESG-Nachhaltigkeitsanalyse ihrer Lieferanten im In- und Ausland. Und die ESG-Bewertung wurde bereits im Juni 2022 um die relevanten Kriterien des am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Lieferkettengesetzes erweitert. 

Risikomanagement mit minimalem Aufwand 

Um betroffenen Unternehmen die Integration des neuen Lieferkettengesetzes zu erleichtern, hat CRIF seine Synesgy-Plattform um einen separaten LkSG-Abschnitt ergänzt, mit dem die benötigten Daten schnell und einfach bei Lieferanten erhoben werden können. So können Unternehmen Risiken bei ihren Lieferanten identifizieren, dokumentieren und bei kritischen Antworten Prüfhandlungen und gegebenenfalls geeignete Abhilfemaßnahmen nach dem LkSG vornehmen. Dank des vollständig digitalisierten Prozesses reduziert sich der Erhebungs- und Dokumentationsaufwand erheblich und die Unternehmen können ihre Ressourcen auf die Lieferanten fokussieren, die kritische Antworten im Sinne des Lieferkettengesetzes abgegeben haben. Je nach Anwender kann die Plattform dabei auch ergänzend zu bereits implementierten LkSG- oder ESG-Lösungen eingesetzt werden. Oder sie dient als einfache Lösung für Unternehmen, die zwar nicht nach dem LkSG verpflichtet sind, ihre Lieferanten aber aus ethischen oder Reputationsgründen bereits ganzheitlich anhand von ESG-Kriterien überprüfen möchten. Dies könnte somit auch für österreichische Unternehmen interessant sein, die nach Deutschland exportieren. 

Lieferkettengesetz – Erfüllung mit Zertifikat   

„Auch Lieferanten profitieren durch den Fragebogen. Wer nach der LkSG-Befragung weitere Fragen zur Nachhaltigkeit im Sinne von ESG beantwortet, erhält ein für zwölf Monate gültiges Synesgy-Zertifikat, das auf die eigene Website gestellt werden kann. Dieses schafft bei potenziellen Kunden, Mitarbeitenden und Kreditgebern Vertrauen. Denn es zeigt, dass sich das Unternehmen den Herausforderungen für mehr Nachhaltigkeit stellt und mit der jährlichen Rezertifizierung regelmäßig einer ESG-Bewertung unterzieht. Zudem spart das Unternehmen Prozesskosten, da es einzelne Kundenanfragen zum Thema Nachhaltigkeit nicht mehr bearbeiten muss, sondern auf das ausgegebene Zertifikat verweisen kann“, erklärt Dr. Frank Schlein. 

Fragebogen umfasst alle Aspekte des LkSG   

Der Synesgy-Fragebogen umfasst alle ESG-Aspekte. Die von CRIF entwickelten Fragen basieren auf dem Berichtsstandard GRI (Global Reporting Initiative). Darüber hinaus deckt der LkSG-Fragebogen alle verbotenen Handlungen nach dem LkSG ab. F. Schlein sieht in der Lösung daher auch einen starken Hebel, um eine positive Reputation für das eigene Unternehmen zu schaffen: „Unternehmen, die bereits jetzt das Lieferkettengesetz und ESG-Kriterien einhalten, können möglichen Kundenanfragen vorausgreifen und ihr Engagement unterstreichen, soziale, ökologische und unternehmenssteuernde nachhaltige Kriterien einzuhalten. Das Thema ESG wird in Zukunft eine zunehmend wichtigere und strategische Rolle für jedes Unternehmen bekommen. Dabei wollen wir unsere Kunden bestmöglich und frühzeitig unterstützen. Dazu gehört auch, unsere Synesgy-Plattform kontinuierlich an die aktuelle Regulatorik anzupassen und damit die volle Bandbreite der ESG-bezogenen Anforderungen abzudecken“, so F. Schlein gegenüber blogistic.net abschließend. 

miebach.com | gs1-germany.de | synesgy.com | crif.de

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