Der Internethandel boomt. Dennoch balancieren die KEP-Dienstleister knapp zwischen Gewinn und Verlust herum, weil im Massengeschäft ein brutaler Preiskampf tobt. Auf der Strecke bleiben dabei nicht nur Subunternehmer, sondern auch die Qualität der Leistungen. (Ein Bericht von CR Hans-Joachim Schlobach)
Die KEP-Branche in Österreich versteht sich, allen negativen Wirtschaftsprognosen zum Trotz, nach wie vor als Wachstumsbranche. Denn der boomende Internethandel beschert den Unternehmen nach wie vor ein stetig steigendes Aufkommen von rund vier Prozent jährlich in den nächsten Jahren. Aber neben dem Online-Handel geht auch der Trend zum Outsourcing weiter und damit die Nachfrage nach Mehrwertdiensten wie Ausliefern, Auspacken, Aufstellen und in Betrieb nehmen. Trotzdem ist die Branche nicht gerade euphorisch was ihre eigene Zukunft angeht.

Denn insbesondere mit dem Wachstumstreiber E-Commerce nimmt auch der Kostendruck weiter zu. Besonders große Händler wie Zalando, Amazon & Co verlangen nämlich je nach Einkaufssumme nur wenig bis nichts für Versandlogistikleistungen von ihren Kunden. Noch Mitte des Jahres 2014 verkündete Zalando, für Logistikdienstleistungen wie Retouren nichts verrechnen zu wollen, obgleich rund 60 Prozent der ausgelieferten Ware zurück genommen werden muss. Erst kürzlich rang man sich beim Online-Händler durch, für Expressdienste 5,90 Euro in Rechnung stellen zu wollen. Ein Klacks für Leistungen, für die üblicherweise das Vierfache und mehr verlangt werden muss, um kostendeckend zu sein.
Die Online-Händler zahlen die Logistik-Zeche nicht selbst, sondern geben ihre Preispolitik hemmungslos an die KEP-Dienstleister weiter.
Hemmungsloses Preisschlachten. Die Online-Händler zahlen die Logistik-Zeche jedoch nicht selbst, sondern geben ihre Preispolitik hemmungslos an die KEP-Dienstleister weiter. Sie spielen ihre Marktmacht aus, weil sie große Mengen umschlagen können. Als kurios bezeichnete daher die Vorsitzende des deutschen Bundesverbandes Transportunternehmer (BVT), Dagmar Wäscher, in einem Interview mit dem deutschen Fachmagazin eurotransport.de die niedrigen Paketpreise, welche die KEP-Giganten von ihren Großkunden verlangen, um sich Marktanteile zu sichern. Preise von weit unter drei Euro seien dabei keine Seltenheit, so D. Wäscher. Auch in Österreich dürften ähnliche Preis kursieren. Gleichzeitig wird den Unternehmen insbesondere in Ballungszentren die Ausführung ihrer Jobs zunehmend durch bürokratische Hürden, Fahrverbote usw. erschwert, was somit die Kosten der Zustellungen zunehmend nach oben treibt. „Es macht langsam keinen Spaß mehr“, sagt ein Kenner der Szene im Rahmen eines Round Tables, den BLOGISTIC.NET im Sommer des vergangenen Jahres in seinen Redaktionsräumen veranstaltete.
Umsatzverluste sind existenzgefährdend
Betroffen von der Misere sind dabei jedoch nicht nur die bekannten KEP-Größen, sondern vor allem auch die vielen kleineren Unternehmen, oft Einzel- oder Kleinunternehmer mit nur wenigen Mitarbeitern. Sie sind die eigentlichen Spezialisten auf der letzten Meile. Ohne sie würde die KEP-Branche letztlich nicht funktionieren.

Dennoch wird der Preiskampf zum Teil auf ihrem Rücken ausgetragen. Für sie heißt es derzeit, immer mehr leisten zu müssen, ohne dass die Vergütungen steigen. Mehr Aufkommen bedeutet für sie daher nicht gleichzeitig mehr Gewinn. Im Gegenteil: Oft reichen die vorhandenen Kapazitäten für ihr eigenes Wachstum nicht mehr und sie müssten in Fahrzeuge sowie Personal investieren. Genau dafür fehlt ihnen jedoch wegen niedriger Vergütungspreise schlichtweg das Geld.
Logistikqualität gefährdet. Angesichts steigender Versicherungsprämien und Lohn- und Zustellkosten brauchen die KEP-Dienstleister über sämtliche Größen hinweg daher höhere Vergütungen. Dabei verschaffen die derzeit niedrigen Kraftstoffpreise den Dienstleistern nur temporär etwas Luft im Existenzkampf. KEP-Dienstleister wie etwa GLS in Österreich und andere drängen daher immer wieder zur Durchsetzung höher Preise. Bis dato sind sie damit jedoch eher wenig erfolgreich. So sagt etwa Dr. Axel Spörl, Region Manager Austria & Portugal beim KEP-Dienstleister GLS Austria gegenüber BLOGISTIC.NET: „Ich habe äußerste Bedenken bei manchen kurzsichtigen Initiativen einiger großer Versandhäuser, die Kosten der letzten Meile auf ein absolutes Minimum herunter zu fahren.“ Für ihn sei das deswegen kurzsichtig, weil der dadurch auf die gesamte KEP-Branche ausgeübte Kostendruck zumeist auf dem Rücken der Zusteller ausgetragen wird. Und da Logistik ein People-Business ist, leidet zwangsläufig die Qualität darunter, wenn an den Leuten gespart werden muss.
Das dazu gehörige Interview mit Dr. Axel Spörl von GLS Austria