
Es gibt kaum jemanden in Österreich und im deutschsprachigen Raum, der nicht wenigsten einmal in einem Schulheft aus dem Haus Format Werk in Oberösterreich herumgekritzelt hat. Damit vom Tafelklassler bis zum Vorstandsdirektor auch künftig alle auf hochwertigem Papier aus Österreich arbeiten können und auch in Spitzenzeiten der Nachschub nicht abreißt, wurde vor zwei Jahren ein Logistikzentrum im Gunskirchener Stammhaus gebaut – mit Technik von Jungheinrich. Eine Investition in die Zukunft. Ein Bericht von CR Hans-Joachim Schlobach
Wer auf der Autobahn A8 zwischen Linz und Passau unterwegs ist, wird kaum die Gemeinde Gunskirchen wahrnehmen, die zum Bezirk Wels-Land gehört. Und es wird auch niemandem zum Vorwurf gemacht, denn diese Marktgemeinde zählt gerade einmal 5.600 Seelen und unterscheidet sich kaum von anderen Städtchen in Oberösterreich mit seiner ländlichen Idylle, die vor allem von der Kirche im Zentrum mit bestimmt ist. Selbst das Gewerbegebiet fehlt nicht, das die Raum- und Stadtplaner, wie überall auf der Welt, in die Peripherie pflanzten. Dort sind, neben der Shopping City Wels (SCW), etliche Produktions- und Dienstleistungsunternehmen angesiedelt – wie der Hersteller von Papierwaren, Format Werk.
Format Werk: Das moderne Werk in Gunskirchen
Es gibt wohl niemanden in Österreich und im deutschsprachigen Raum, der nicht wenigsten einmal in einem Schulheft aus dem Haus Format Werk in Oberösterreich herumgekritzelt hat. Damit vom Tafelklassle…© RS Media World
IN OBERÖSTERREICH BRUMMT DIE WIRTSCHAFT UND MITTENDRIN IST DER TRADITIONSREICHE ERZEUGER VON PAPIERWAREN FORMAT WERK.
Entwicklungsstarke Region. Gunskirchen gehört zu einer Gewerberegion, die zu den prosperierendsten in ganz Österreich zählt. Das dürfte auch in Zukunft so bleiben, denn Ende Januar haben 16 Gemeinden, darunter auch Gunskirchen, gemeinsam mit der Stadt Wels den Gemeindeverband „Wirtschaftspark Voralpenland“ gegründet. Ziel des Verbandes ist es, gemeinsam Standorte für Betriebsansiedelungen in der Region zu entwickeln, zu vermarkten und auch zu verwerten. Der Welser Bürgermeister Andreas Rabl ist dabei zum ersten Obmann des Wirtschaftsparks Voralpenland gewählt worden. Sein Stellvertreter ist der Gunskirchner Bürgermeister Josef Sturmair als Vertreter der Gemeinden des Bezirks Wels-Land. „Damit können über die Gemeindegrenzen hinweg ideale Rahmenbedingungen für Firmen geschaffen werden, die Areale zur Betriebsansiedlung oder -erweiterung suchen“, sagt der stv. Landes-Hauptmann und ehemaliger Wirtschafts-Landesrat von Öberösterreich, Michael Strugl Anfang Februar gegenüber der Bezirksrundschau.
Wirtschaftsgeschichte in Papier
In Oberösterreich brummt also die Wirtschaft, und mittendrin ist der traditionsreiche Erzeuger von Papierwaren, Format Werk. Von hier aus gehen jährlich allein 35 Millionen Stück Schulhefte auf die Reise durch ganz Europa, dazu kommen Büroartikel wie Spiralblöcke und Flipcharts. Vordergründiges Ziel: Der Papierhandel. In Wahrheit sind es jedoch alle, welche in irgendeiner Form auf Papier schreiben, rechnen und malen wollen. Und das schon seit mehr als 40 Jahren.
Die Historie. 1976 war, wie 2017 auch, ein Jahr weltweiter Umwälzungen. Damals war gerade der erste Ölpreis-Schock verdaut, Jimmy Carter wurde als Präsident der USA vereidigt und Mao Zedong segnete in China das Zeitliche. Jenseits des Atlantiks gründete im selben Jahr Steves Jobs seine Firma Apple, die heute als Synonym für die Digitalisierung der industrialisierten Welt und das papierloses Arbeiten sowie Enabler für Industrie 4.0 schlechthin gilt. In Österreich war es hingegen das Jahr des Franz Klammer, der sich mit seinen Siegen zum Winterolympia-Kaiser von Innsbruck machte. 1976 stürzte aber auch die Reichsbrücke in Wien ein. Gleichzeitig wurde die Innenpolitik von der Reformpolitik Bruno Kreiskys bestimmt, dessen Bildungspolitik u.a. einen Schub im Bereich des Schulwesens sowie die Öffnung der Universitäten brachte. Der Effekt war ein rasant wachsender Bedarf an Schulheften, Blöcken, Kalendern usw. in Österreich. Es war daher wohl kein Zufall, dass in dieser Zeit Format Werk in Gunskirchen gegründet wurde und sich seither mit seinen Marken wie den „Ö-Heften“ oder dem „Dürer Hasen“, er gilt heute als Top-Klassiker unter den Zeichenblöcken, zum österreichischen Marktführer der Branche machte.
Grenzenlose Faszination. Doch selbst Steve Jobs kam Zeit seines Lebens nicht ohne Papier aus und auch Smartphones konnten die Faszination, die von Papier ausgeht, nicht brechen. Im Gegenteil: Papier ist hipp und wird mehr gefragt denn je. Und das nicht ohne Grund: Ist es doch ein Grundmaterial, das fast keine Grenzen in den kreativen Verwendungsmöglichkeiten kennt. Somit wächst auch bei Format Werk der Absatz stetig. Bis heute sind die vielen Marken und Produkte aus Gunskirchen nicht aus dem Schul- und Universitätsalltag sowie aus dem Büro in Österreich wegzudenken, national wie international: „Beispielsweise die Kommunen in Schweden decken sich seit Jahren bei uns mit Materialien für ihre Schulen ein“, sagt Thomas Gillesberger, Managing Director und Geschäftsführer von Format Werk gegenüber BUSINESS+LOGISTIC.
VON ÖSTERREICH ÜBER DIE SCHWEIZ BIS RAUF NACH SKANDINAVIEN SCHREIBEN SCHULKINDER IN UNSERE HEFTE.
Thomas Gillesberger, MD und CEO Format Werk
Veränderte Papierwelten
Freilich, die Digitalisierung geht auch an Herstellern für Papierwaren wie Format Werk nicht spurlos vorbei. Auch die Oberösterreicher müssen sich an die sich laufend verändernden Anforderungen ihrer Kunden anpassen. Diese sind sehr volatil und, anders als früher, starken Modetrends unterworfen. Darum entsteht in Gusnkirchen immer wieder völlig Neues. So bietet Format Werk heute Produkte wie Ausmahlbücher mit Mandalas für Erwachsene und Kinder gleichermaßen an. „Ausmalbücher waren früher immer eine Domäne der Kinder. Heute vertiefen sich Erwachsene in ihre sinnlichen und farbenfrohen Welten, die freilich sehr anspruchsvoll sein müssen. Das bieten wir heute an“, freut sich Th. Gillesberger. Aber auch mit der Wiederauflage vor Jahren aus dem Sortiment genommener Marken wie beispielsweise die bekannten „Ö-Hefte“, reagiert Format Werk auf Nostalgietrends, die nichts anderes als Gegentrends zur Digitalisierung sind und dem Bedürfnis nach dem Erhalt von Traditionen entgegen kommen. Dabei spielen Sinneswahrnehmungen wie Haptik und Geruch von papiernen Produkten eine gewichtige Rolle, sowie das Bedürfnis, mit natürlichen Produkten zu arbeiten, die nachhaltig sind. Darum stellen die Gunskirchener das Sortiment auch sukzessive auf Recyclingpapier um. Dessen Herstellung spart bis zu 60 Prozent Energie und 70 Prozent Wasser im Vergleich zum Frischfaserpapier und ist heute reinweiß erhältlich. Das Rohmaterial dafür kommt dabei auch aus Oberösterreich, nämlich aus Lenzing, sodass auch beim Transport der CO2-Abdruck so gering wie möglich gehalten werden kann.
Mittelstand als Ziel. Die Digitalisierung tat der Faszination für den Werkstoff Papier und das Arbeiten offenbar bis heute also keinen Abbruch. Im Gegenteil: Rund 30 Millionen Tonnen Papier werden im deutschsprachigen Raum pro Jahr produziert. Damit wird in der DACH-Region genauso viel Papier verbraucht wie in Afrika und Südamerika zusammengenommen. Pro Kopf und pro Jahr sind das rund 250 Kilogramm Papier. Ein Teil davon gelangt dabei über Oberösterreich zum Endverbraucher und macht Format Werk zum fünftgrößten Erzeuger von Papierwaren Europas. Hierbei legt Th. Gillesberger jedoch großen Wert auf den Hinweis, dass sich Format Werk ganz bewusst auf mittelständische und kleine Unternehmen zu konzentriert, welche eine hohe Qualität, Liefertreue und Servicequalität zu wettbewerbsfähigen Preisen schätzen: „Wir haben teilweise Kunden, die seit 40 Jahren unsere Produkte in ihrem Sortiment haben. Das sind zum einen mittelständische und kleinere, eigentümergeführte Handelsunternehmen, welche qualitativ hochwertige Produkte vertreiben.“
Private Label. Zum anderen sind das aber auch Unternehmen in ganz Europa aus der Industrie und dem Dienstleistungssektor, welche Hefte, Collegeblöcke und Co. unter eigenem Label und in allen in Europa gängigen Formaten und Lineaturen produziert haben und vertreiben wollen. „Private Label“ ist der Fachbegriff für dieses wichtige unternehmerische Standbein
Bis zu 100 Millionen Schulhefte
Damit das auch in Zukunft so bleibt, hat Format Werk im Gunskirchener Stammhaus in den letzten 12 Jahren rund 29 Millionen Euro investiert. Nach und nach wurden die Betriebshallen mit den modernsten und leistungsstärksten Produktionslinien der Branche bestückt und an den Workflow angepasst. So ist der Maschinenpark jetzt auf eine Kapazität von zusammengerechnet über 100 Millionen Stück Schulhefte, Ringbucheinlagen, Schreib- und Collegeblöcke pro Jahr ausgelegt.
Neues Logistikzentrum. Im Juli 2015 nahm Format Werk als vorläufig letzte Ausbaustufe in Gunskirchen ein neues Logistikzentrum mit 9.000 Palettenplätzen auf 12 Metern Höhe in Betrieb. Das Regalsystem und die Fördertechniken des neuen Logistikzentrums stammen vom Spezialisten für Intralogistik- und Staplertechnik, Jungheinrich. Dabei ermöglichen eine voll automatisierte Lagerverwaltung und externe Schnittstellen auch den verschlüsselten IT-Zugriff durch autorisierte Kunden.

Für die Materialflüsse im Distributionszentrum sind jetzt zwei Hochregalkommissionierer der Jungheinrich-Baureihe EKX 515k im Einsatz, die sich in 13+4 Schmalgängen induktiv geführt bewegen.
Komprimiertes Lager. Mit der induktiven Führung lassen sich eine hohe Komprimierung des zur Verfügung stehenden Lagerplatzes erreichen und so Regallager auf engstem Raum erstellen, denn Geräte mit solchen Leitsystemen können im Schmalgang mit sehr geringen Abständen zum Regal arbeiten (90 mm zwischen aufgenommener Last und Palette im Regal). Die EKX 515k-Schmalgangkommissionierer ermöglichen bei Format Werk somit hohe Fahr-und Hubgeschwindigkeiten. Zudem entlasten sie die Fahrer. Und last but not least sorgen sie für einen sicheren Betrieb trotz hoher Umschlagleistungen.
Reibungsloser Transport. Für die Versorgung zwischen Lager und Produktion sind hingegen sechs Horizontalkommissionierer der Jungheinrich-Baureihe ERE 120 mit 1.200mm bzw. 2.400 mm im Einsatz. Für die Standardtransporte zwischen Lager und Produktion setzt Format Werk hingegen mehrere Fahrerlose Transportsysteme ein.
Zusammenarbeit zählt
Für Unternehmen wie Jungheinrich mit seinem Team aus Österreich sind solche Intralogistikprojekte eigentlich Routine. Tritt man doch mittlerweile sogar als Generalunternehmer auf, der in der Lage ist, von der Planung bis zur schlüsselfertigen Übergabe sämtliche Arbeiten zu übernehmen, die für die technische Errichtung ganzer Distributionszentren notwendig sind. Dennoch stellte gerade das neue Projekt mit Format Werk für das Team der Jungheinrich-Niederlassung in Sattledt rund um Thomas Mitterlehner, bei Jungheinrich und für den Verkauf von Logistiksystemen zuständig, etwas Besonderes dar. Die Besonderheit liegt hier vor allem im Gewicht der einzulagernden Waren und die Dauerbelastung auf das gesamte Lagersystem.
Papier ist schwer. Papier hat eine hohe physikalische Dichte und verfügt damit über ein hohes Eigengewicht auf sehr engem Raum. Wer jemals Bücher oder Zeitschriften in größerer Menge transportieren musste, hat damit seine Erfahrungen gemacht. Forciert wird die Problematik zudem durch die Flurförderzeuge, die selbst ebenfalls ein erhebliches Eigengewicht haben und sich zudem vergleichsweise rasch über den Boden bewegen. Die Anforderungen an die Statik des Regalsystems und an die Hallenböden sind also hoch.
Nachjustierung notwendig. Wie sehr sich die Dauerbelastung der hohen Papiergewichte samt Flurförderzeugtechnik auswirkt, zeigte sich bei Format werk schon nach relativ kurzer Zeit im Echtbetrieb. So senkte sich der Hallenboden des Distributionszentrums leicht ab, sodass beispielsweise an den Übergängen zur Produktion kleine Bodenschwellen entstanden und leichte Nachjustierungen für den Übergang vorgenommen werden mussten.
Während der Produktion. Eine weitere Herausforderung an das Jungheinrich-Team bestand zudem in der Tatsache, dass sich das neue Center samt Interieur nahtlos an die neue Produktionstopographie andocken lassen musste und der Bau samt Migration des bestehenden Distributionsbereiches ins neue Gebäude im laufenden Produktionsbetrieb zu erfolgen hatte. „Hier macht sich die Routine des Jungheinrich-Teams bezahlt“, freut sich Th. Gillesberger und weiter: „Das Team hat sich friktionslos in den Bau-Ablauf eingefügt.“ Überhaupt sei Jungheinrich von der Angebotslegung bis zur Übergabe besonders lösungsorientiert und unkompliziert vorgegangen. Probleme, die bei einem solchen Projekt immer auftreten, seien in Wien rasch und lösungsorientiert gelöst worden. „So stelle ich mir eine Zusammenarbeit vor“, sagt Th. Gillesberger im Interview.
Raum für Verdopplung
Befragt nach seinen Plänen, antwortete Th. Gillesberger gegenüber BUSINESS+LOGISTIC: „Die Investitionen sind hier am Standort abgeschlossen. Wir verfügen jedoch über genügend Fläche, dass das gesamte Werk faktisch 1:1 gespiegelt werden könnte, sodass wir die Kapazität verdoppeln können.“ Allerdings sei der Bedarf dafür im Augenblick nicht gegeben. „Doch wenn die Wachstumsentwicklung so weiter geht, könnte es in ein paar Jahren soweit sein. Und dann ist Jungheinrich wieder ein Ansprechpartner“, so Th. Gillesberger abschließend.