Industrie 4.0, Internet der Dinge und Big Data: alles Themen, die vor allem in der Logistik längst mehr sind als nur Megatrends. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette vernetzen Unternehmen ihre Anlagen und Systeme. Vom Lieferanten über den Logistikdienstleister bis hin zum Transportunternehmen – alle Prozesse der Lieferkette sind verzahnt und werden permanent überwacht. Und das erzeugt Terrabyte Daten. Die Integration der Akteure wird dabei immer wichtiger.
Jeden Tag steigen die Anforderungen an Logistiker auf der ganzen Welt – in allen Bereichen. „Wenn Unternehmen in Zeiten des immer stärker wachsenden Online-Geschäfts ihre Produkte nicht zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Menge zum richtigen Preis liefern, erfüllen sie die komplexen Ansprüche ihrer Kunden nicht mehr. Der Optimierungsdruck in der Branche wird immer größer“, sagt Jens Heinrich im Gespräch mit blogistic.net. Er ist Chief Technology Officer bei Ehrhardt + Partner (E+P), einem der international führenden Logistikexperten, und beschäftigt sich seit Jahren mit der IT-gelenkten Zukunft der Logistik. „Viele Unternehmen haben noch nicht erkannt, dass Industrie 4.0, Internet der Dinge und Big Data mehr sind als nur Marketing-Buzzwords“, erklärt Heinrich. „Intelligente Lösungen sind die Grundvoraussetzung für die Zukunft der Logistik.“
Supply Chain Execution Systeme (SES) sind vergleichbar mit ERP-Systemen in der Warenwirtschaft. Sie schaffen die in der Logistik geforderte Transparenz und nutzen die gesammelten Daten zur Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette.
Jens Heinrich, Chief Technology Officer Ehrhardt + Partner (E+P)
Ansprüche an die Logistik steigen
Verantwortlich für diese Entwicklungen sind die stetig steigenden Anforderungen der Kunden sowie der harte Wettbewerb zwischen den Unternehmen auf international vernetzten Märkten. In Zeiten digitaler Bestellungen werden alle Logistikprozesse immer schneller: Produkte müssen zuverlässig und vor allem pünktlich an ihrem Bestimmungsort ankommen. Immer öfter erwarten Kunden auch Just-in-time- oder Expresslieferungen. Getreu dem sportlichen Motto „schneller, höher, weiter“ überbieten sich die Unternehmen in der Logistik gegenseitig. Schneller, flexibler, pünktlicher – das ist Logistik 4.0. Alle Prozesse der Wertschöpfungskette sind permanent miteinander verzahnt. Durch die Interaktion mit dem Kunden entsteht eine ganz neue Transparenz der Logistik. Jederzeit kann der Kunde den Status seiner Sendung abrufen und gegebenenfalls noch nach abgeschlossener Bestellung in die Logistikkette eingreifen. Um all diese Abläufe zu beherrschen, braucht es ein System, das die gesamte Logistik eines Unternehmens vernetzt. „Dafür gibt es Supply-Chain-Execution-Systeme (SES)“, erklärt J. Heinrich. „SES sind vergleichbar mit ERP-Systemen in der Warenwirtschaft. Sie schaffen die in der Logistik geforderte Transparenz und nutzen die gesammelten Daten zur Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette.“
Big Data in der Logistik
Unter dem Druck steigender Anforderungen vernetzen Unternehmen ihre gesamte Logistik und erzeugen damit Unmengen von Daten. Die Folge: Alle zwei Jahre verdoppelt sich derzeit das Datenvolumen in der digitalen Welt. Die IT ist so zu einer tragenden Säule der Logistik geworden. Maschinen, LKW und sämtliche elektronischen Hilfsmittel in einer Lieferkette sind im Internet der Dinge vernetzt. Für 85 Prozent der gesamten Datenmenge sind Unternehmen verantwortlich, ein Großteil davon wiederum fällt in der Logistik an. Denn jede logistische Bewegung erzeugt Erfahrungswerte und damit Daten. Diesen Informationsschatz gilt es effizient zu nutzen. Viele Unternehmen greifen hier zu SES, die alle Daten verwalten und automatisch zur Optimierung der Prozesse einsetzen.
Was aktuell vielleicht noch als Spielerei angesehen wird, könnte schon in wenigen Jahren Standard sein. Einige Unternehmen haben bereits Pilotprojekte mit Smart Glasses und Watches gestartet. Und genau diese Unternehmen werden auch künftig die Nase vorn haben. Jens Heinrich, Chief Technology Officer Ehrhardt + Partner (E+P)
Integration: Potenziale erkennen und nutzen
Das Thema Predictive Analysis wird im Zuge der scheinbar unüberschaubaren Datenmengen in der Logistik künftig eine tragende Rolle einnehmen. Bei diesem Verfahren werden Erfahrungswerte in Form von gesammelten Daten genutzt, um Vorhersagen für künftige Entscheidungen zu treffen. Denn nur durch zuverlässige Analysen lassen sich auch Prozessoptimierungen realisieren. Mithilfe von geeigneten Tools werden beispielsweise auf Basis von Vergangenheitsdaten Platzbelegungen im Lager überprüft und optimiert, um etwa den Kommissionieraufwand zu minimieren. Auch Mengenbelegungen und Personalanforderungen lassen sich so präzise vorhersagen. Voraussetzung für solche Analysen ist die Bündelung aller relevanten Informationen. „Wer an dieser Stelle kein ganzheitliches Logistiksystem installiert, verliert schnell den Überblick und lässt erhebliches Optimierungspotenzial ungenutzt“, ist J. Heinrich überzeugt. Um die Erfahrungen direkt in die Prozesse einfließen zu lassen, sind smarte Lösungen gefragt, wie Heinrich berichtet: „Idealerweise ist Predictive Analysis bereits ein Bestandteil des SES. Das System lässt die Erfahrungen aus dem Datenschatz dann eigenständig in die Optimierung einfließen.“
Integration: Smarte Lösungen, smarte Zukunft
Zukunftsfähige Lösungen sind beispielsweise Systeme, die mobil und flexibel einsetzbar sind. Die aktuell am Markt frei verfügbaren Smart Devices, wie Smartphones und Tablets, bieten auch für die Logistik zahlreiche Einsatzmöglichkeiten – mit der entsprechenden Software eignen sie sich optimal für den Einsatz im Lager und darüber hinaus. „Für Anbieter von SES gilt es, sich jetzt auf die mobile Zukunft der Logistik vorzubereiten“, sagt J. Heinrich. „Mobil verfügbare Softwareangebote sind eine Grundvoraussetzung für Logistik 4.0. Auch die Bereiche Smart und Wearable Devices dürfen dabei nicht als irrelevant abgestempelt werden“, weiß J. Heinrich: „Was aktuell vielleicht noch als Spielerei angesehen wird, könnte schon in wenigen Jahren Standard sein. Einige Unternehmen haben bereits Pilotprojekte mit Smart Glasses und Watches gestartet. Und genau diese Unternehmen werden auch künftig die Nase vorn haben.“ Gerade bei der Anwendung von Consumer Hardware im Industrie- oder Logistikumfeld können sich viele Vorteile ergeben: Dadurch entstehen in einigen Logistikanwendungen neue Lösungsansätze und Möglichkeiten. Es gilt, den effizientesten Ansatz zu finden und für die eigenen Prozesse zu nutzen. Ein Beispiel dafür sind Apps wie die Truck-Driver-App von E+P, die LKW-Fahrer auf ihren Touren unterstützt. Damit können Fahrer alle Auftragsdaten, die optimale Route sowie den Fortschritt ihres Auftrags jederzeit mobil abrufen. Die Anwendung läuft auf Android- und Apple-Betriebssystemen und ist so auf allen gängigen Smartphones nutzbar. Unternehmen sparen nicht nur Kosten für die teure Anschaffung von Spezialhardware, sondern auch Zeit: Blitzschnell werden dem Fahrer alle wichtigen Informationen oder Änderungen im Ablauf auf sein Smartphone geschickt. Nützliche Hilfen gibt es auch im Lager, wo beispielsweise Augmented-Reality immer wichtiger wird. Durch visuelle Unterstützung und Anzeige der Produkte als Bildsymbole wird die Fehlerquote deutlich minimiert. Das alles sind Faktoren, mit denen Unternehmen langfristig ihre Investitionssicherheit wahren.
Chancen nutzen
Die Integration und die Vernetzung aller Logistikbereiche sind für Unternehmen Herausforderung und Chance zugleich. Nur wer auf Spezialisten setzt, die das notwendige Fach-Know-how mitbringen und die Anforderungen kennen, wird sich im hart umkämpften Wettbewerbsumfeld behaupten. „Angst vor diesen Entwicklungen sollten Unternehmen nicht haben, sondern die bereits vorhandenen Bedingungen für eine smarte Logistikwelt erkennen und nutzen. Experten helfen dabei“, so J. Heinrich abschließend.