GABELSTAPLER – Eine Branche in Bewegung

Staplermarkt 2009 (Foto: RS Media World Archiv)
Der Höhenflug bei den Herstellern von Flurförderzeugen ist vorerst beendet. Für Katzenjammer besteht jedoch kein Grund . (Foto: RS Media World Archiv)

Die Gabelstapler-Branche konnte sich im Jahr 2015 über ein Allzeithoch freuen. Der eigentliche Treiber war dabei weniger der asiatische Markt, wie man vermuten könnte, sondern Europa. Dabei macht sich der Wandel der Branche von Herstellern von Staplern zu Systemanbietern bemerkbar. Gleichzeitig drückt das Aftersales-Geschäft die Bilanzen nach oben. Ein Bericht von Hajo Schlobach

Wer sich derzeit bei den Gabelstapler-Herstellern so umsieht, dem begegnen fast nur zufriedene Gesichter. Kein Wunder, denn die Branche kann sich bis zum Ende Jahres 2015 über ein weltweites Absatz-Plus freuen. Zwar liegen derzeit noch keine endgültigen Zahlen vor, doch das Weltmarktvolumen legte von Januar bis September 2015 gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 818,6 Tausend auf 827,9 Tausend Fahrzeuge zu. Das entspricht insgesamt nur einem Plus von einem Prozent, doch vor dem Hintergrund, dass der russische Markt um 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr einbrach und der bisherige Treiber China insbesondere bei den verbrennungsmotorischen Gegengewichtsstaplern erheblich schwächelte, sind diese Zahlen beachtlich. Denn die Nachfrage stieg in Westeuropa sowie in den USA um elf Prozent. Und Asien – ohne China – konnte insgesamt um vier Prozent zulegen. Auch Osteuropa – ohne Russland – wuchs um fünf Prozent.

Gabelstapler: Positiver Ausblick 2016

Somit rechnet die Gabelstapler-Branche für 2016 ebenfalls mit vollen Auftragsbüchern. Auch beim Hamburger Komplettanbieter für Intralogistiklösungen, Jungheinrich, geht man davon aus, dass das weltweite Marktvolumen für Flurförderzeuge auch 2016 stabil bleiben wird. Dabei dürfte die Nachfrage in Westeuropa weiter wachsen, wenn auch weniger dynamisch als bisher. Dies gilt, mit Ausnahme von Russland, auch für Osteuropa. Für den russischen Markt ist eine wesentliche Verbesserung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten. In Asien – mit Ausnahme von China – geht man bei Jungheinrich ebenfalls weiterhin von einem Marktwachstum aus, während in China nur das Segment Lagertechnik wachsen dürfte. Und last, but not least sollte sich das gute Wachstum des nordamerikanischen Marktes auch in diesem Jahr fortsetzen.

Europa als Lokomotive

Die Gründe für diese positiven Entwicklungen sind dabei vielfältig. In Westeuropa dürften dafür vor allem Erneuerungsinvestitionen für den Boom verantwortlich sein, war etwa auf dem Jahrespresseevent von Jungheinrich Mitte November 2015 zu erfahren. Die Unternehmen nutzen derzeit offenbar die allgemein positive Stimmung und erneuern ihre Staplerflotten. Im Zentrum stehen dabei vor allem Frankreich und Deutschland. Und wenn die Staplerbranche ein Gratmesser für die Konjunktur sein soll, dann dürfte sich in Osteuropa ein stabiles und nachhaltiges Wachstum abzeichnen – und das trotz des russisch-ukrainischen Krieges und der daraus folgenden Wirtschaftssanktionen. Dort setzt man allerdings noch mehr auf dieselmotorische Geräte, wobei auch Elektroantriebe im Vormarsch sind.

Es werden zunehmend Gesamtsysteme nachgefragt. Gleichzeitig spielen Themen wie Energieeffizienz, Servicequalität und Finanzierungsmodelle eine immer größere Rolle. Andreas Ausweger, Geschäftsführer Jungheinrich Austria


Transformation zu Systemanbietern

Ein anderer Grund für das Wachstum dürfte jedoch in der Umstellung der Branche vom einfachen Gerätehersteller zum Komplettanbieter von Intralogistiklösungen sein, insbesondere im Premiumsektor. Vor allem in den industrialisierten Hightech-Märkten wie etwa in der EU werden dabei Flurförderzeuge und Stapler immer stärker im Rahmen von umfassenden Intralogistikkonzepten wahrgenommen. Diese reichen dabei mitunter von Geräteflotten über Softwaresysteme für deren Steuerung und Regalbediengeräte bis hin zu Shuttlesystemen.

Ein Drittel Service

Gleichzeitig nimmt das Thema Service eine immer stärkere Rolle ein und wird zunehmend zum Alleinstellungsmerkmal (USP) in der Branche. Die Services umfassen dabei nicht allein das mittlerweile klassische Leasing- bzw. Outsourcinggeschäft mit seinen Servicelevels. Mittlerweile bieten Hersteller wie Jungheinrich ganze Finanzierungskonzepte für Stapler an, ähnlich wie das beispielsweise in der Automobilbranche Gang und Gäbe ist. Auf diese Weise macht das Service-Business mittlerweile rund ein Drittel des gesamten Umsatzvolumens der Branche aus, zumindest was deren Premiumsegment angeht.

Österreich – ein Verdrängungsmarkt

Auch in Österreich ist der Premium-Gabelstapler-Markt in Bewegung geraten. Hier liegt das Verkaufsvolumen seit Jahren zwar zwischen 5.000 und 6.000 ziemlich konstant. Da die Unternehmen jedoch ihre Geräteflotten erneuern, ist auch hier bei den Gabelstapler-Herstellern derzeit die positive Stimmung vorherrschend. Und das, obwohl der österreichische Markt von einem starken Verdrängungswettbewerb gekennzeichnet ist. Gleichzeitig ist Österreich ein von kleineren und mittleren Unternehmen geprägter Markt. Großaufträge sind hier also eher nicht zu erwarten. „Doch auch in Österreich werden zunehmend Gesamtsysteme nachgefragt. Gleichzeitig spielen Themen wie Energieeffizienz, Servicequalität und Finanzierungsmodelle eine immer größere Rolle“, sagt Andreas Ausweger, seit Oktober 2015 Geschäftsführer von Jungheinrich Austria, gegenüber BLOGISTIC.NET. Darum hat man in Wien schon vor rund zwei Jahren begonnen, das Unternehmen auf diese neuen Anforderungen auszurichten. So gibt es einen unternehmenseigenen Energieberater, der Unternehmen bei der Energieeffizienz ihrer Staplerflotten und Intralogistiklösungen zur Seite stehen kann. Auch wurde die Wiener Mannschaft so umfassend geschult, dass Jungheinrich Austria als Generalunternehmer breit gefächerte Aufträge von Distributionszentren und Lagerbauten übernehmen kann: vom klassischen Gabelstapler-Geschäft über den einfachen Regalbau bis hin zur RBG- und Shuttlelösungen. Der Erfolg gibt dieser Strategie recht. Jungheinrich hat sich in Österreich als Marktführer etabliert und wird auch 2016 weiter wachsen. „Das zeichnet sich schon jetzt, zu Beginn des Jahres ab“, freut sich A. Ausweger abschließend.

jungheinrich.at