EMI NOVEMBER 2022 – Weiterhin negativ aber besser als zuletzt

Deutschlands produzierendes Gewerbe befindet sich nach wie vor in einer Rezession. Der Trend hat sich allerdings verlangsamt, wie der aktuelle EMI November 2022 des internationalen Marktforschers S&P Global und dem Bundesverband für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik, BME, zeigt. Er befindet sich mit 46,2 Punkten den fünften Monat in Folge unter der Wachstumsmarke von 50. In der 15-Jahresbetrachtung, in der es viel längere und heftigere Schrumpfungsperioden gab, besteht jedoch trotz der Krisen kein Grund zur Besorgnis. Signalisiert der EMI doch auch, dass sich Deutschlands Wirtschaft in einem Transformationsprozess befindet, der schon 2018 begann. 

EMI November 2022 - Ein wesentlicher Grund für die Kontraktionsphase der Wirtschaft ist der signifikante Rückgang der Nachfrage an deutschen Industriegütern. (Foto: Dieter Poschmann / www.pixelio.de)
EMI November 2022 – Ein wesentlicher Grund für die Kontraktionsphase der Wirtschaft ist der signifikante Rückgang der Nachfrage an deutschen Industriegütern. (Foto: Dieter Poschmann / www.pixelio.de)

Es war nach dem schwachen Oktober 2022 zu erwarten: Deutschlands Industrie schrumpfte auch im November. Das zeigt der aktuelle EMI November 2022. Der saisonbereinigte S&P Global/BME Einkaufsmanagerindex – eine gewichtete Summe der Kennzahlen für Auftragseingang, Produktion, Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormateriallager – notierte im November mit 46,2 Punkten den fünften Monat in Folge in der Schrumpfungszone. Nach dem annähernden 2,5-Jahrestief im Vormonat (45,1) bedeutet der aktuelle Wert immerhin eine leichte Verlangsamung des Abschwungs. 

EMI November 2022 – Nachfrage an Industriegütern wegen Inflation geringer  

Ein wesentlicher Grund für die Kontraktionsphase der Wirtschaft ist der signifikante Rückgang der Nachfrage an deutschen Industriegütern, wie die Mehrheit der 420 befragten Geschäftsführer und strategischen Einkäufer beim EMI November 2022 bestätigen. Mit anderen Worten: Die Industrie hat auch weniger Auftragseingänge zu verzeichnen. Hier wirkten sich die explodierenden Energiekosten, die teilweise verbundene steigende Inflation und der unsichere Geschäftsausblick der Vormonate allesamt negativ auf die Nachfrage aus, wie zahlreiche Umfrageteilnehmer berichteten. Vor allem das Exportgeschäft war bei vielen Herstellern erneut rückläufig, da die Verkaufszahlen vor allem in Asien und Europa weiter zurückgingen. Dabei spielt der Vernichtungskrieg Putin-Russlands gegen die Ukraine einerseits und die Zero-Corona-Politik Pekings eine große Rolle spielen. 

EMI November 2022 – Geschäftsaussichten weniger pessimistisch 

Allerdings bremste sich der Schrumpfungsprozess bei Produktion und Auftragseingang im Vergleich zu Oktober etwas ab. Gleichzeitig sehen die Geschäftsaussichten für die Manager weniger pessimistisch aus als zuletzt. Dies kann zumindest teilweise an den zurückgehenden Lieferengpässen und der damit verbundenen weniger kräftigen Verteuerung der Einkaufspreise liegen. Fakt ist jedenfalls, dass sich die Inflationsrate im November auf den tiefsten Wert seit fast zwei Jahren abschwächte. 

Bessere Rohstoffverfügbarkeit, entspanntere Lieferketten 

Dennoch wurde Produktion in vielen Industrieunternehmen zum wiederholten Male gedrosselt. Allerdings fiel die Kontraktionsrate zumeist deutlich schwächer aus als bei den Neuaufträgen. Nach Angaben der Befragten des EMI November 2022 lag dies vor allem an der besseren Rohstoffverfügbarkeit sowie dem verstärkten Abarbeiten der Auftragsbestände. Der Rückstau reduzierte sich somit mittlerweile den sechsten Monat hintereinander merklich. Gleichzeitig nahm der Druck auf die Lieferketten merklich ab, weil durch weniger Aufträge auch die Einkaufsmengen sukzessive nachließen. Somit hat sich die Situation im Einkauf merklich entspannt. Dies verdeutlicht auch der Lieferzeiten-Index, der nach fast zweieinhalb Jahren erstmals wieder über der Schwelle von 50 Punkten notierte. Allerdings hat das Minus bei den Neuaufträge in den letzten Monaten einen Pferdefuß: “Dies hat nämlich nicht nur die Lagerbestände in die Höhe getrieben, sondern ist für viele Unternehmen anstelle der Materialknappheit zum Hauptproblem in der Produktion geworden”, kommentiert Phil Smith, Economics Associate Director bei S&P Global Market Intelligence, die Situation. 

P. Smith – „Geringere Inflation…macht sich allmählich bemerkbar”  

Allerdings bedeuten weniger Engpässe bei Rohstoffen und Vormaterialien, dass sich auch die Inflation abschwächt. So verlangsamte sich die Teuerungsrate in der Industrie im November den zweiten Monat hintereinander deutlich und sank auf den niedrigsten Stand seit fast zwei Jahren. Für die Inflation insgesamt ist das ein gutes Signal. “Die geringere Inflation in den Lieferketten dürfte sich in weiterer Folge allmählich bemerkbar machen“, so P. Smith gegenüber den Medien. 

EMI 2022 – Deutschlands Industrie schlägt sich gut 

EMI November 2022 – Index bildet den Transformationsprozess, in dem Deutschlands Wirtschaft seit 2018 steckt, nicht wirklich ab. (Foto: M.E. / www.pixelio.de)
EMI November 2022 – Index bildet den Transformationsprozess, in dem Deutschlands Wirtschaft seit 2018 steckt, nicht wirklich ab. (Foto: M.E. / www.pixelio.de)

Vergleicht man jedoch den EMI November 2022 und des Gesamtjahres 2022 mit denen der letzten 15 Jahre, wird deutlich, dass sich Deutschlands Industrie insgesamt sehr gut schlägt. So führte die Finanzkrise 2008-2009 zu einem dramatischen Einbruch des Wachstums. Damals landete das Wachstum der Industrieproduktion auf einem Level unter 20 Punkten. In den Jahren zwischen 2012 und 2014 bewegte sich der EMI über längere Phasen auf einem ähnlichen Niveau wie heute. Und im Jahr 2019, also vor der Pandemie und dem Vernichtungskrieg Putins gegen die Ukraine, befand sich Deutschlands Industrieproduktion bereits in einem Schrumpfungsprozess. Dieser wurde durch die Lockdowns in 2020 jäh beschleunigt, um sich aber im Jahr 2021 dramatisch in ein Allzeit-Hoch beim Wachstum umzudrehen. Anfang 2022 normalisierte sich der Wachstumstrend, der sich dann durch den Krieg Putins wieder in einen, wenn auch gleitenden Schrumpfungsprozess drehte.  

EMI November 2022 – Zahlen zeigen auch Transformationsprozess 

Weder die Zero-Corona-Politik noch der Vernichtungskrieg Putin-Russlands dürfte sich somit allzu dramatisch auf das Wirtschaftswachstum der deutschen Industrie auswirken. Vielmehr dürfte sich der bereits in 2019 einsetzende Transformationsprozess der deutschen Wirtschaft in Richtung Digitalisierung und Klimaschutz, der die letzten beiden Jahre durch die Coronapandemie in 2022 jetzt fortsetzen. Gleichzeitig könnte die EMI-Entwicklung ebenfalls bedeuten, dass sich der Ukraine-Krieg als Transformations-Booster in Richtung Klimaschutz erweist. Zumindest lassen sich damit heute die Abkehr von fossilen Brennstoffen, die sich u.a. auch durch eine ungesunde Abhängigkeit von Diktaturen manifestiert, zu alternativen und nachhaltigen Energieträgern politisch schneller umsetzen. Auch dürfte der Krieg der deutschen Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit verhelfen, so paradox das auf den ersten Blick erscheinen mag. Das bedeutet, dass sich Deutschlands Wirtschaft und die Eurozone noch längere Zeit mit volatilen Wachstumsraten sowie schwankenden EMIs konfrontiert sieht. Das Wirtschaftsforscher sollten sich daher einen EMI-Schlüssel zum Thema Nachhaltigkeit überlegen, welcher in die Gesamtbetrachtung einfließen kann.    

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