Die Industrie in der Eurozone boomt und befindet sich auf massivem Erholungskurs von der Coronakrise. Und das schon seit zehn Monaten in Folge. Im April fiel das Wachstum noch einmal stärker aus als im März. Dies signalisiert der IHS Markit Einkaufsmanager Index (PMI) für die Eurozone. Er erreichte mit 62,9 Punkten ein Allzeit-Hoch. Deutschland und Österreich konnten davon durchschlagend profitieren.
Schon seit zehn Monaten notiert der IHS Markit Einkaufsmanagerindex für die Industrie in der Eurozone über der Marke von 50 Punkten (Anm.: Ab 50 Punkten wird Wachstum signalisiert). Im April 2021 legte der Index noch einmal kräftig zu. Der EMI April 2021 stieg binnen Monatsfrist um 0,4 Punkte auf 62,9 Punkte. Das ist ein Allzeit-Hoch seit der ersten Umfrage im Jahr 1997. Das Wachstum ist dabei flächendeckend und erfasst sämtliche Industriebereiche. Allen voran ist jedoch der Investitions- und Vorleistungsgüterbereich.
EMI April 2021 – Niederlande führt vor Deutschland
Mit einem neuen Rekordhoch führen die Niederlande die PMI-Rangliste im April an, gefolgt von Deutschland, wo der Index gegenüber dem Allzeithoch des Vormonats allerdings leicht nachgab. Auch in den übrigen von der Umfrage erfassten Ländern liefen die Industriegeschäfte gut, Italien und Österreich vermeldeten sogar neue Rekordwachstumsraten.
Marktteilnehmer zuversichtlich. Infolge der hohen Zuversicht der Marktteilnehmer legten Produktion und Auftragseingang im April fast genauso stark zu wie im Rekordmonat März. Die Orderbücher waren aufgrund der optimistischen Geschäftserwartungen der Branchenakteure und Kunden, die in den nächsten Monaten mit Lockerungen der Corona-Restriktionen rechnen, prall gefüllt. Überdies stammte das Neugeschäft sowohl vom Binnenmarkt als auch von den Exportmärkten.
Exportmärkte legen zu, Lieferketten belastet
Die Auslandsbestellungen legten erneut kräftig zu. Das Produktionswachstum wurde allerdings von Kapazitätsengpässen gebremst, was wiederum teilweise auf den enormen Lieferdruck zurückzuführen war. So verlängerten sich die Lieferzeiten im April mit neuer Rekordrate. Ausschlaggebend hierfür war, dass die Nachfrage das Angebot bei weitem übertraf. Hinzu kamen Transportschwierigkeiten, vor allem auf dem Seeweg. Die Engpässe bei Produktionsmaterialien sorgten für den zweitstärksten Anstieg der Einkaufspreise seit Umfragebeginn (übertroffen nur im Februar 2011).
Rohstoffe teurer, Einkaufsmengen erhöht. Verteuert haben sich laut Befragten Chemikalien, Metalle und Kunststoffe. Das sorgte – zusammen mit dem zunehmend optimistischen Ausblick – dafür, dass die Unternehmen ihre Verkaufspreise so stark erhöhten wie nie zuvor seit 1997. Aus Angst vor anhaltenden Lieferengpässen und angesichts der steigenden Produktions- und sonstigen Anforderungen wurde die Einkaufsmenge im April mit neuer Rekordrate ausgeweitet.
Lagermengen dennoch abgebaut. Da die Unternehmen wo immer möglich auf Lagerbestände zurückgriffen, wurden die Vormateriallager den 27. Monat in Folge dennoch abgebaut. Um die enorme Nachfrage zu befriedigen, kam es bei den Fertigwarenlagern zum sogar zum stärksten Rückgang seit Dezember 2009.
Kapazitätsdruck und Beschäftigung steigen
Der Auftragsschub und das lieferbedingt begrenzte Produktionswachstum ließen den Kapazitätsdruck steigen. Deshalb nahmen die Auftragsbestände zum neunten Mal hintereinander und mit neuer Rekordrate zu. Folglich fiel der dritte Stellenaufbau in Folge so kräftig aus wie zuletzt im Februar 2018.
Österreich erholt sich besser. Laut EMI Aprils 2021 ist auch die Beschäftigung im April in sämtlichen Ländern gestiegen. Insbesondere Österreich und in die Niederlande konnten vom Industrieboom. Mit ein Grund für den starken Stellenaufbau waren auch die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist. Sie fielen so optimistisch aus wie nie zuvor seit neun Jahren. Die Hoffnungen der Branchenakteure ruhen auf der erfolgreichen Durchführung der Impfkampagnen, was der Konjunktur noch weiteren Auftrieb verleihen sollte.
Druck auf Fachkräftemarkt wächst. Mit dem Boom dürfte der Druck auf den Fachkräftemarkt weiter zunehmen. Schon jetzt machen sich Engpässe bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitern bemerkbar. Dies könnte mittelfristig das Wachstum wieder einbremsen, weil die Unternehmen wegen Fachkräftemangels keine Aufträge mehr annehmen können. Insbesondere der Mittelstand könnte somit wieder unter wachsenden Wettbewerbsdruck bei der Rekrutierung von Mitarbeitern kommen und gegenüber Großkonzernen ins Hintertreffen geraten. Die Politik ist daher in diesem Bereich besonders gefragt.