Elektromobilität – Die US-Regierung unter Joe Biden will, dass bis 2030 mindestens die Hälfte aller Neuwagen in den USA elektrisch angetrieben sind. Damit das klappt, werden alleine in die Elektromobilität 175 Milliarden US-Dollar investiert. Das erhöht jedoch den Druck auf die Lieferketten von Seltenen Erden massiv. Um jedoch Abhängigkeiten von Staaten wie China zu minimieren, werden Rohstoffländer wie Chile immer interessanter. Dort versucht jetzt die britische Clean Tech Lithium einen umweltgerechten Abbau der Batteriemetalle. Das soll für resiliente Lieferketten der Industrienationen sorgen.
Ein Bericht von HaJo Schlobach
Ohne Auto geht auch in den USA gar nichts. Darum ist es des US-Amerikaners nicht nur liebstes Kind, sondern es ist letztlich das, was den American way of Life am besten symbolisiert – abgesehen von den Motorrädern von Harley Davidson und der Raumfahrt. Das weiß auch die Biden-Administration. Gleichzeitig erkennt Washington, dass der Klimawandel bzw. die Verhinderung dessen für die US-Wirtschaft zum Business im großen Stil werden kann. Und in der Tat: Dadurch kann beispielsweise die US-amerikanische Automobilwirtschaft an Japan, Deutschland und vor allem China verloren geglaubtes Terrain wieder zurückerobern.
Elektromobilität – USA krempelt Ärmel hoch
Ob das gelingt, wird die Zeit weisen. Zur eigenen Orientierung hat die Biden-’Regierung jedenfalls das Ziel formuliert, dass bis 2030 gleich 50 Prozent aller neuen Pkw und leichten Trucks ohne den Ausstoß von Emissionen unterwegs sein sollen. Das klingt ambitioniert, angesichts eines heutigen Marktanteils der Elektrofahrzeuge von rund sechs Prozent.
174 Milliarden alleine für die Elektromobilität
Die US-Regierung belässt es allerdings nicht bei Ankündigungen. Im Zuge des im März 2021 vorgestellten und 2,3 Billionen US-Dollar schweren Infrastrukturpakets, sind Investitionen um rund 174 Milliarden US-Dollar beispielsweise in die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge im öffentlichen Raum vorgesehen. Für 15 Milliarden US-Dollar sollen 500.000 Ladestationen für Elektrofahrzeuge bis Ende des Jahrzehnts im ganzen Land installiert werden. Denn nur so könne der Umbau des Automarktes von einer Verbrenner-Flotte in eine Elektroflotte rasch von statten gehen, glaubt man in Washington.
E-Mobility – Skandinavier machen’s vor
Am Beispiel Norwegens lässt sich das sogar belegen. Dort wurde binnen weniger Jahre die nötige Ladesäulen-Infrastruktur aufgebaut. Zudem konnten die Skandinavier mit Subventionen und flankierenden Maßnahmen – beispielsweise durften Elektroautos Busspuren nutzen – eine beispiellos schnelle Wende hinlegen mit dem Ergebnis: Heute fahren mehr als 80 Prozent aller Neuwagen in Norwegen elektrisch. Und ab 2025 werden keine neuen Verbrenner-Fahrzeuge mehr zugelassen, also zehn Jahre früher als die EU-Staaten. Diese Investitionen haben jedoch noch einen anderen, positiven Effekt: Sie tragen dazu bei, dass der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben wird.
Elektromobilität sorgt für Renaissance des US-Automobilbaus
Washington will es jedoch nicht alleine bei Infrastrukturmaßnahmen belassen. Mit Hilfe der Transformation in Richtung E-Mobility soll auch wieder die Automobil-Produktion nach den USA zurückgeholt werden. Diese war in den letzten Jahrzehnten durch OEMs aus Europa, Japan und zuletzt auch China arg in die Bedrängnis geraten. Der Niedergang der einst identitätsstiftenden US-Automobilindustrie hatte zuletzt für aussterbende Metropolen wie Detroit gesorgt. Das brachte den Verlust einer stolzen Arbeiterschaft und des Mittelstands in den USA, die vom Automobilbau lebten. Soziale Spannungen und eine Radikalisierung der Gesellschaft sind bis heute die Folgen. Diese gipfelten zuletzt in der Erstürmung des Kapitols durch Trump-Fanatiker.
America First durch Anreize und Investitionen
Die Vorgänger-Administration Bidens unter Donald Trump hat deswegen unter dem Label “America first” den nicht-amerikanischen Automobilbauern durch Beschränkungen, Zölle bzw. Zollandrohungen usw. den Zugang zum US-Amerikanischen Automobilmarkt erschwert. Sie sollten in den USA in die Automobil-Produktion investieren… Allerdings mit mäßigem Erfolg. Joe Biden geht hier daher einen anderen Weg. Er will Anreize schaffen, damit mehr US-amerikanische Autohersteller wie etwa Tesla, aber auch die US-Marken wie Ford etc. Elektrofahrzeuge in den USA herstellen. Er hat daher angekündigt, rund 20 Milliarden der 174 Milliarden US-Dollar in den Ausbau der Elektroauto-Produktion zu investieren. Flankiert wird das etwa durch die Elektrifizierung der staatlichen Fahrzeugflotte. So plant Biden, für rund 125 Milliarden US-Dollar den öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) sowie die gesamte Fahrzeugflotte des Bundes wie etwa Polizeifahrzeuge usw. bis 2030 komplett zu elektrifizieren. Das soll einerseits den Absatz von Elektrofahrzeugen in den USA ankurbeln und andererseits zur Reduktion von Treibhausgasemissionen beitragen. Und last but not least sollen bis 2030 rund 14 Milliarden US-Dollar in den Schutz der Infrastrukturen für die Elektromobilität vor (Natur-)Katastrophen fließen.
E-Mobility durch ARPA
Doch die US-Regierung geht mit ihrer Förderung der Elektromobilität weiter. So sollen unter anderem aus dem sogenannten American Rescue Plan Act (ARPA) bis zu 7.500,- US-Dollar an Käufer:innen fließen, die sich für den Umstieg auf E-Mobility und dem Kauf eines oder mehrerer Elektrofahrzeuge entschließen, also auch Klein- und Mittelstandsunternehmen. Das ARPA gilt als eines der größten Konjunkturprogramme in der Geschichte der USA. Es soll dazu beitragen, die wirtschaftlichen Auswirkungen der überstandenen Coronapandemie abzufedern und die Erholung der Wirtschaft zu unterstützen. Dabei ist jedoch anzumerken, dass das ARPA nur eine vorübergehende Maßnahme ist und die US-Regierung noch weitere Maßnahmen ergreifen könnte, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu bewältigen – vorausgesetzt, sie bleibt auch in der nächsten Legislaturperiode im Amt.
Elektromobilität – Point of no Return längst überschritten
Die ambitionierteren Ziele der Biden-Regierung passen dabei übrigens voll in die Pläne der meisten Automobilkonzerne der Welt. Die haben weltweit mittlerweile voll auf Elektromobilität umgeschwenkt. Der Point of no Return wurde allerdings schon vor mehreren Jahren erreicht. Daran ändern auch politische Schattenboxereien konservativer Politiker in ein paar EU-Staaten um E-Fuels nichts mehr. Der Verbrennungsmotor steht zumindest in den Industrienationen vor dem endgültigen Aus. Dies haben die Automobilhersteller noch vor der Coronapandemie beschlossen. So sollen bis 2035 verbrennungsmotorisch angetriebene Fahrzeuge in Europa weder gebaut noch verkauft werden. Dies bestätigt auch Mercedes-Chefin Ola Källenius. Der schwäbische Autobauer will im Zuge der Elektromobilität vor allem im Luxussegment expandieren, wie O. Källenius gegenüber dem Manager Magazin die Konzern-Strategie bestätigte. Auch andere OEMs wie etwa der Volkswagen-Konzern mit Audi verstärken ihr Engagement im Luxussegment. Die Auswahl kleinerer Fahrzeugmodelle im unteren Fahrzeugsegment wird hingegen zurückgefahren.
Elektromobilität bringt angespannte Lieferketten
Alles schön und gut. Der Pferdefuß am immer rasanter werdenden Wandel im Automobilverkehr in Richtung Elektromobilität: Laut den Branchenbeobachtern von Benchmark Minerals Intelligence erhöhen die ambitionierten Ziele der Biden-Regierung und die Pläne der OEMs den Druck auf die ohnehin angespannte Situation in den Rohstofflieferketten. Nach deren Berechnungen steigt damit die Nachfrage beispielsweise nach Batteriemetallen wie Lithium im nächsten Jahrzehnt um bis zu 78 Prozent.
Resiliente Lieferketten mehr denn je gefragt
Dementsprechend gilt es für Staaten wie Hersteller aus nahezu allen Branchen gleichermaßen, schon jetzt die Lieferketten etwa bei den Batteriemetallen und den vielen anderen Rohstoffen, wie etwa für die Chips-Produktion, Medikamente etc. nachhaltig zu sichern. Sie müssen noch intensiver an der Sicherung der Versorgung der industrialisierten Ökonomien mit Rohstoffen arbeiten. Um beim Automobilbau zu bleiben: Ford setzt dabei nicht nur aus Lithium von „befreundeten“ Staaten. Der Detroiter Traditionskonzern meldete jüngst bereits den dritten Abnahmevertrag mit einem chinesischen Unternehmen, und zwar mit Canmax Technologies. Das Volumen liegt bei stattlichen 72.500 Tonnen an Lithiumhydroxit.
China verursacht Unbehagen
Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Abhängigkeiten von totalitären Staaten wie der VR China ist das jedoch kein gutes Signal. Bemühen sich doch die Industriestaaten schon seit Jahren intensiv, ihre Abhängigkeit von China beispielsweise im Bereich der seltenen Erden zu verringern. China produzierte noch bis vor wenigen Jahren rund 80 Prozent der weltweiten seltenen Erden. Wieviel es heute tatsächlich ist, lässt sich kaum eruieren. Der Anteil Chinas am Weltmarkt Seltener Erden dürfte aber noch immer sehr hoch sein. Vor dem Hintergrund der ständigen Muskelspielen Pekings rund um Taiwan, aber auch im Hinblick auf den genozidalen Vernichtungskrieg des faschistischen Putin-Russland gegen die Ukraine, ist es daher obligatorisch, möglichst wenig dieser Metalle von der stalinistischen Diktatur in Peking mit Weltmachtanspruch zu beziehen.
Regierungen treffen Maßnahmen gegen Abhängigkeiten von Diktaturen
Einige Länder, darunter die USA und Japan, haben daher in den letzten Jahren Maßnahmen ergriffen, um die Abhängigkeit von China zu verringern und die Produktion seltener Erden im eigenen Land oder in anderen Ländern zu fördern. So unterzeichnete im Jahr 2020 Ex-Präsident D. Trump eine Exekutivanordnung zur Förderung der Produktion seltener Erden in den USA. Im Rahmen dieser Anordnung wurden Maßnahmen ergriffen, um die Erschließung neuer Minen und die Wiedereröffnung stillgelegter Minen zu unterstützen. Unter der Regierung von Präsident Biden wird diese Politik fortgesetzt. Im März 2021 unterzeichnete dieser ebenfalls eine Exekutivanordnung zur Stärkung der Lieferketten in den USA. Diese Anordnung sieht unter anderem Maßnahmen zur Förderung der Produktion seltener Erden im eigenen Land vor.
Chile – Land des grünen Wasserstoffs und Lithiums
Ein Ausweg aus der Abhängigkeit von China bei den seltenen Erden dürfte derzeit Chile sein. Der Andenstaat gilt heute nicht nur als der größte Hersteller weltweit von grünem Wasserstoff, sondern beherbergt bei sich auch die größten Lithium-Reserven der Welt. Umso wichtiger ist es daher für die demokratischen Industrienationen, Verträge mit verlässlichen Staaten wie etwa Chile zu unterzeichnen. Chile kann unbestätigten Angaben zufolge bis zu 60 Prozent des weltweiten Lithiums produzieren. Abgebaut wird das Batteriemetall insbesondere in der Atacama-Wüste im Norden des Landes. Der Rohstoff wird hier zumeist in Form von Lithiumcarbonat und Lithiumchlorid produziert und exportiert.
Chile profitiert vom Elektromobilität – Boom
Die chilenische Regierung hat in den letzten Jahren daher Maßnahmen ergriffen, um die Lithiumproduktion weiter zu fördern und ausländische Investoren anzulocken. So wurde im Jahr 2016 die chilenische Staatsfirma SQM privatisiert, die zu den größten Lithiumproduzenten des Landes gehört. Die Regierung hat auch Investitionen in die Infrastruktur und den Ausbau der Lithiumproduktion in der Atacama-Wüste unterstützt. In dem Andenstaat ist beispielsweise auch CleanTech Lithium aktiv. Das britische Unternehmen entwickelt dort drei Vorkommen und will laut eigenem Plan Ende 2025 bzw. Anfang 2026 in Produktion gehen. Momentan baut das Unternehmen eine DLE-Demonstrationsanlage mit seinem Verarbeitungs-Partner Sunresin. Geplant ist es zudem, eine DLE-Pilotanlage zur Herstellung von einer Tonne Lithiumcarbonat in Batteriequalität pro Monat aufzubauen. Voraussichtlich wird sie im dritten Quartal 2023 den Betrieb aufnehmen. Parallel wird an einer Machbarkeitsstudie für das Projekt gearbeitet. Sobald diese vollständig vorliegt, dürfte sich CleanTech Lithium nach möglichen Partnern aus der Batterie-, Auto- oder Miningbranche umsehen.
Elektromobilität ist nicht wirklich sauber
Allerdings gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Umweltauswirkungen der Lithiumproduktion in Chile. Die Produktion erfordert große Mengen an Wasser und Energie, und es gibt Bedenken, dass die Lithiumproduktion die Umwelt insbesondere in der Atacama-Wüste beeinträchtigen könnte.
Bergbau braucht Wasser in der Wüste
So erfordert diese sehr große Mengen an Wasser, insbesondere bei der Gewinnung von Lithium aus Salzseen. Wie die Bezeichnung “Atacama-Wüste” sofort verdeutlicht, ist Wasser in dieser Region sehr knapp. Das Wasser muss aus den umliegenden Gewässern und aus der Erde geholt werden. Somit beeinträchtigt die Produktion des Batteriemetalls die Wasserversorgung der lokalen Gemeinden umso mehr, je mehr davon gewonnen wird. Hinzu kommen chemische Verschmutzungen. Bei der Lithiumproduktion werden Säuren und Laugen verwendet, die in weiterer Folge ins Grundwasser gelangen, wenn diese Abwässer ungeklärt in die umliegenden Gewässer eingeleitet werden.
Bergbau verbraucht Land
Gleichzeitig führt der Bergbau in der Wüste mehr als anderswo zu einer starken Bodenerosion und damit verbunden zu einer erhöhten Staubentwicklung. Denn über die Atacama-Wüste fegen Winde, die nicht durch Pflanzenbewuchs wie Wälder gebremst werden.
Lithiumproduktion verbraucht viel Energie
Und last but not least verbraucht die Lithiumproduktion große Mengen an Energie, insbesondere bei der Verarbeitung von Lithium-Erz. Die Energie wird noch immer oft aus fossilen Brennstoffen gewonnen, was zu Treibhausgasemissionen und anderen Umweltproblemen beiträgt.
Elektromobilität – Auf der Suche nach Nachhaltigkeit
Ob die Elektromobilität so sauber ist, wie vielfach behauptet, ist daher fraglich. Die chilenische Regierung arbeitet jedoch daran, diese Auswirkungen zu minimieren und die Nachhaltigkeit der Lithiumproduktion zu verbessern. Unternehmen wie CleanTech Lithium, haben dafür eigenen Angaben zufolge daher auch Programme zur Verringerung der Umweltgefährdung eingeführt.
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