Das menschliche Gehirn arbeitet in Echtzeit, Ereignisse und ihre Auswirkungen finden in Echtzeit statt. Und dank der Event-Driven Architecture, EDA (ereignisgesteuerte Architektur) und der Open API Economy können nun auch Unternehmen in Echtzeit arbeiten. Kent Nash, Global EVP bei Solace, erläutert anhand einer aktuellen Umfrage unter IT-Experten aus aller Welt, was notwendig ist, um EDA erfolgreich im gesamten Unternehmen einzusetzen und Mitarbeitern, Kunden und dem Unternehmen einen Mehrwert zu bieten. (Der Artikel wurde ergänzt durch CR HaJo Schlobach)
Die Welt ist ereignisgesteuert. Darüber sind sich große Cloud-Anbieter und Technologie-Analysten einig. Auch Dr. Werner Vogels, CTO von Amazon, betonte das im Dezember 2022 in seiner Keynote „Die Welt ist ereignisgesteuert“ auf der AWS re:Invent. Und eine bahnbrechende neue Studie von IDC zeigt, dass 90 Prozent der weltweit größten Unternehmen spätestens ab 2025 Echtzeit-Intelligenz nutzen werden, die durch Event-Streaming-Technologien unterstützt wird.
Event Driven Architecture – Big Informations Logistics at its Best
Nach den jüngsten globalen und geopolitischen Ereignissen erkennen immer mehr Unternehmen – von Einzelhändlern und Finanzdienstleistern bis zum produzierenden Gewerbe und dem Energie- und Rohstoffsektor – die Notwendigkeit, Probleme in ihren Produktlinien, Lieferketten und Regionen in Echtzeit zu erkennen und darauf zu reagieren. Bei ihnen hat sich herumgesprochen, dass EDA-Lösungen zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden sind. Denn nur mit diesen lassen sich gigantische Datenmengen in Echtzeit rund um den Globus jagen und diese auch sinnvoll zu verwenden. Es sind somit Informations Logistics – Lösungen, welche deren Anwendern einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, sofern sie diese auch beherrschen.
LinkedIn – Gewaltiges Tool auf Basis von EDA
Eine der wohl bekanntesten EDA – Anwendung dürfte dabei wohl LinkedIn sein. Dahinter werkelt die OpenSource-Plattform Apache Kafka, die von den Erfindern von LinkedIn entwickelt wurde und heute in vielen Unternehmen die Informationslogistik steuert – wie etwa die Österreichische Post. Erst mit dieser EDA – Lösung ist es Österreichs führendem KEP-Dienstleister möglich, seine Dienste und Services in Echtzeit dem Endanwender zu präsentieren und diese reibungslos abzuwickeln. Eine andere, ähnliche EDA – Lösung ist die von Solace. Beide Systeme arbeiten zwar nach unterschiedlichen Prinzipien, aus der Perspektive von BUSINESS+LOGISTIC bzw. blogistic.net führen sie unterm Strich zu den denselben Effekten. Beide EDA – Systeme können gigantische Datenmengen, die gleichzeitig auftreten, in Echtzeit bewältigen.
EDA – Ein vorstandstauglicher Erklärungsversuch
Doch was ist EDA überhaupt? – EDA, die im deutschen Sprachraum auch “ereignisgesteuerte Architektur” genannt wird, ist ein Architekturmuster, das auf dem Konzept von Ereignissen basiert. In so einer Architektur werden ihre Komponenten so entworfen, dass sie auf auftretende Ereignisse reagieren können. Dabei werden solche Ereignisse als bedeutsame Vorkommnisse oder Zustandsänderungen in einem System definiert. Diese Ereignisse können zum Beispiel das Eintreffen von Daten, Benutzerinteraktionen, Systemalarme oder andere relevante Informationen sein. Jedes Ereignis enthält typischerweise Informationen über den Zustand oder die Änderung, die es repräsentiert.
In einer EDA interagieren Komponenten miteinander
Die grundlegende Idee hinter einer solchen ereignisgesteuerten Architektur besteht darin, dass Komponenten oder Services auf Ereignisse warten und darauf reagieren, sobald sie eintreten. Dies ermöglicht eine lose Kopplung zwischen den Komponenten, da sie nicht direkt miteinander kommunizieren müssen. Stattdessen können sie über Ereignisse interagieren, die von einem Ereignis-Broker oder einer Nachrichtenplattform verteilt werden.
Der Broker als zentrales Element
Der Ereignis-Broker, der nichts anderes als ein Server ist, nimmt dabei eine zentrale Rolle in der EDA ein. Er empfängt Ereignisse von verschiedenen Quellen, routet sie an die entsprechenden Empfänger weiter und ermöglicht so die Skalierung und Verteilung von Ereignisverarbeitungen. Dieser Broker kann dann verschiedene Messaging-Protokolle wie Kafka, MQTT oder AMQP verwenden.
Ganz locker in der EDA verbunden
Ein Vorteil dieser Architektur ist, dass durch die Verwendung von Ereignissen als Kommunikationsmechanismus die Komponenten unabhängig voneinander interagieren können. Ein weiterer Vorteil ist die Skalierbarkeit der EDA – Systeme. Da Ereignisse nämlich parallel verarbeitet werden können, ermöglicht die Event Driven Architecture eine effiziente Skalierung von Systemen. Der Hauptvorteil dieser Architektur liegt jedoch in der Echtzeit-Verarbeitung großer Datenmengen, die damit möglich sind. Das alles macht EDA – Systeme hochflexibel und anpassungsfähig an volatile Ereignisse. Gleichzeitig können neue Komponenten einfach hinzuzufügt und existierende Komponenten aktualisiert werden, ohne dass die Gesamtarchitektur neu entworfen werden müsste. Darum werden Event-Driven Architectures gerne in verschiedenen Bereichen wie etwa rund um Industrie 4.0, IoT-Anwendungen (IoT = Internet of Things) oder Microservices-Architekturen verwendet, sowie bei Echtzeit-Analysen und im Bereich von verteilten Systemen.
EDA – State of the Art aber nicht überall opportun
Die Entwickler solcher Architekturen weisen aber darauf hin, dass EDAs nicht für alle Anwendungen die “Eierlegende Wollmilchsau” ist. Die Wahl der Architektur sollte abhängig von den Anforderungen und Zielen des Systems getroffen werden.
In fünf Schritten zum EDA – Erfolg
Dennoch: Viele Unternehmen befinden sich schon auf dem Weg zu ihrer individuellen EDA, während andere noch ganz am Anfang stehen. Ihre kollektive Erfahrung ist entscheidend für die Erstellung einer Roadmap, um die Vorteile von Event-Streaming-Technologien zu nutzen. Für einen kürzlich erschienenen IDC InfoBrief, der von Solace gesponsert wurde, waren mehr als 300 IT-Fachleute aus großen Unternehmen in Nordamerika, Asien und Europa befragt worden, die EDA implementiert haben oder dies in Erwägung ziehen.
Studie zeigt: Anwender sind EDA – Lösungen zufrieden
Die Ergebnisse der IDC-Studie sind dabei durchaus aufschlussreich. So gab eine überwältigende Mehrheit von 93 Prozent der Befragten Unternehmen an, die EDA bereits für mehrere Anwendungsfälle einsetzen, dass diese Architekturen ihre Erwartungen erfüllt oder sogar übertroffen hat. Zusätzlich zu den technischen Vorteilen sehen die meisten Unternehmen auch klare geschäftliche Vorteile: 23 Prozent der Befragten berichteten von einer Produktivitätssteigerung, 22 Prozent von besserer Kundenakquise und 18 Prozent von einer Umsatzsteigerung als Ergebnis ihrer EDA – Aktivitäten.
Was das Geheimnis dieses Erfolgs sein könnte
Auch dazu liefert die IDC-Studie brauchbare Ergebnisse. Die Teilnehmer der Umfrage gaben nämlich auch Auskunft darüber, welche fünf kritischen Faktoren erfüllt sein sollten, damit die Implementierung dieser Technologie zum Erfolg führt.
Das Top-Management muss hinter EDA stehen
Ganz an erster Stelle lag hierbei die Tatsache, dass das Management solche EDA – Projekte voll unterstützen müssen, und zwar nicht nur die IT, sondern sämtliche Geschäftsbereiche. Dies sei vor allem in der Anfangsphase entscheidend. Die Einführung von EDA im Unternehmen ist nämlich eine durchaus lange Reise. Und jede Reise beginnt stets damit, diejenigen zusammenzutrommeln, die für den Erfolg erforderlich sind. Die Unterstützung des Unternehmens und die Einbeziehung der wichtigsten Stakeholder sind von entscheidender Bedeutung, insbesondere zu Beginn der EDA-Einführung. 56 Prozent der Befragten nannten dies als eine Priorität vor allem in den frühen EDA – Phasen, wenn der ROI und der geschäftliche Nutzen noch nicht unmittelbar erkennbar sind.
Wenn es läuft, dann läuft’s
Erfreulicherweise wird mit zunehmender Reife und zunehmender Sichtbarkeit der geschäftlichen Auswirkungen und Anwendungsfälle die Notwendigkeit einer expliziten Unterstützung durch das Unternehmen weniger kritisch. Von den Befragten, die sich in einem fortgeschrittenen Stadium der EDA-Einführung befinden, halten nur noch 35 Prozent die Unterstützung durch das Management für entscheidend. Eine gute Koordination von Management, Fachbereichen und Technikteams spiegelt zudem die digitale Reife des Unternehmens wider. Es überrascht nicht, dass Unternehmen mit einem höheren EDA-Reifegrad auch einen höheren digitalen Reifegrad aufweisen – mit einer Digitalstrategie und dem Change Management, das für nachhaltige digitale Unternehmensprojekte erforderlich ist.
IT-Support ist für Komplexität von höchster Bedeutung
Mit wachsender Verbreitung von EDA im Unternehmen werden die damit verbundenen Anforderungen an die IT immer anspruchsvoller, was eine Vertiefung der EDA-Kenntnisse in der IT-Organisation, insbesondere bei Entwicklern und Architekten, erfordert. 36,1 Prozent der Befragten gaben an, dass fehlende Fähigkeiten zur Implementierung von EDA ein Hindernis für die Einführung darstellen. Auch die Ansätze zur Protokollierung, Steuerung und Überwachung können sich laut 30,7 Prozent der Befragten als zunehmend komplex erweisen und müssen sorgfältig durchdacht werden.
EDA – Lösungsanbieter stehen in der Pflicht
Hier müssen die EDA-Anbieter aktiv werden und entsprechende Schulungen und Zertifizierungen für Architekten und Entwickler anbieten, die die grundlegenden Kenntnisse und Fähigkeiten für das Design und die Implementierung ereignisgesteuerter Systeme erwerben wollen. Dazu gehören technische Details wie das Verständnis der verschiedenen Design Patterns für EDA, die Choreographie von Microservices im Vergleich zur Orchestrierung, Saga-Muster und RESTful- Microservices. Die Schulung sollte auch die Schlüsselkonzepte und Werkzeuge für den Erfolg von EDA klar definieren und demonstrieren, wie z.B. Event Portal, Best Practices für die Themenhierarchie und Event Mesh.
Kommunikation ist der Schlüssel für den EDA – Erfolg
Es ist wichtig, alle Unternehmensbereiche auf dem Weg zur EDA mitzunehmen. Die Studie zeigt mögliche Stolpersteine auf. In den frühen Stadien der EDA-Reife sind mangelndes Verständnis der EDA – Vorteile und uneinheitliche Akzeptanz die am häufigsten genannten organisatorischen Herausforderungen (38 Prozent). Auf dem Weg zu einem zentralisierten EDA-Status können Kostenaspekte (42 Prozent) und die Suche nach den richtigen Anwendungsfällen (36 %) den Erfolg behindern. In fortgeschritteneren Phasen der EDA werden weiterhin mangelndes Verständnis für die Vorteile der EDA (45 Prozent) und Kostenbedenken (39 Prozent) genannt. Jetzt wird aber auch der Widerstand gegen Veränderungen (38 Prozent) zu einem wichtigen Hindernis.
Kontinuität im Change Management
Um diese Herausforderungen zu meistern, ist es wichtig, sich kontinuierlich auf das Change Management und die Kommunikation des Nutzens zu konzentrieren. Die Kerngruppe der Stakeholder, die diese Reise begonnen hat, muss sich zusammenschließen, um den Wert der EDA für andere Unternehmensbereiche regelmäßig klar und konsistent zu demonstrieren.
Erfolgskriterien für die EDA ändern sich
Die Erfolgskriterien, die zu Beginn der Einführung richtig waren, verändern sich allerdings mit der zunehmenden Verbreitung der EDA im Unternehmen. EDA – unerfahrene Unternehmen nannten „Kostensenkung“ (23 Prozent) und „Anzahl der abgeschlossenen Projekte“ (31 Prozent) als wichtigste Erfolgskriterien. Nach zwei bis drei Anwendungsfällen sehen die meisten Unternehmen „Betriebsstabilität“ zusammen mit „Anzahl der Projekte“ als Erfolgskriterium an. Nach einer breiteren Einführung werden „Umsatzsteigerung“ (43 Prozent), „Betriebsstabilität“ (32 Prozent) und „Ausfallsicherheit“ (30 Prozent) zu den wichtigsten Messgrößen.
Auf dem Weg zur EDA – Reife
Diese wechselnden Maßstäbe reflektieren die Reifekurve der EDA-Implementierung über mehrere Anwendungen innerhalb des Ökosystems eines Unternehmens. Ein Unternehmen arbeitet wirklich in Echtzeit, wenn es EDA in allen wichtigen Bereichen einsetzt, die mit Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten zu tun haben. Stabilität und Ausfallsicherheit sind von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass die Dinge auf globaler Ebene über Hunderte von Standorten oder Produktlinien hinweg reibungslos funktionieren.
Den Wandel effektiv managen und nicht mittendrin aufgeben
Um den geschäftlichen und technischen Nutzen zu beschleunigen und die Auswirkungen der Herausforderungen zu verringern, nannten 37,7 Prozent der Befragten die „Suche nach einem unterstützenden Partner, der bei der Implementierung von EDA hilft“ als wichtigen Aspekt. Partnerschaften und Produktintegrationen mit den führenden Anbietern von Unternehmenssoftware und SaaS-Diensten können die EDA – Einführung erleichtern. Angesichts der genannten erforderlichen technischen Fähigkeiten und Lernprozesse kann eine solche Partnerschaft für Organisationen, die ihre ersten Schritte in Richtung EDA unternehmen, ein beruhigendes Gefühl vermitteln.
Mehr als eine Architektur-Veränderung
EDA ist nicht nur eine Veränderung der IT-Architektur, sondern eine neue Denkweise in der modernen Unternehmensführung. Um die Dynamik während des gesamten Prozesses aufrechtzuerhalten, ist laut 35,1 Prozent der Befragten ein solider Change-Management-Plans erforderlich, der „die koordinierte Unterstützung des mittleren Managements sicherstellt“, das in der Regel für die Umsetzung und das Reporting innerhalb des Unternehmens verantwortlich ist. Die Befragten gaben aber auch an, dass ein Top-Down- oder Bottom-Up-Veränderungsmanagement manchmal an den taktischen Anforderungen der mittleren Führungsebene vorbeigeht. Das Management muss deshalb seine Mitarbeiter und die digitalen Systeme integrieren, um gemeinsame Entscheidungen treffen zu können.
Der Weg zur EDA ist frei
Die Ergebnisse zeigen, dass eine ereignisgesteuerte Architektur heute ein De-facto-Standard ist, wenn Unternehmen in Echtzeit arbeiten wollen. Durch das Verständnis dieser fünf Schlüsselanforderungen bei der Einführung von EDA können Unternehmen in verschiedenen Branchen das volle Potenzial ihrer kritischen Geschäftsdaten in Echtzeit ausschöpfen.
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