Europas größte Reedereiverband European Community Shipowners Associations, ECSA, unterstützt den Änderungsvorschlag der EU-Kommission zur Abfallverbringungsverordnung der EU. Denn dieser würde auch erheblichen Einfluss auf die EU-Schiffsrecyclingverordnung (EUSRR) haben und es künftig ermöglichen, ohne Umgehung des EU-Rechts umweltgerecht und wirtschaftlich Schiffe unter EU-Flagge in Abwrackanlagen außerhalb der OECD wie etwa in Südasien zu recyceln.

Das Abwracken von Hochseeschiffen ist nach wie vor ein massives Problem für Mensch und Umwelt. So werden jährlich bis zu 700 ausgediente Hochseeschiffe pro Jahr zumeist noch immer unter unmenschlichen und hochgradig umweltschädlichen Bedingungen in Indien, Bangladesh oder anderen Regionen Südasiena, aber auch in der Türkei abgewrackt. Als Gründe für diese Abwrackpraxis werden hierfür zumeist niedrige Arbeitskosten, fehlender Arbeitnehmerschutz und fehlende Umweltauflagen genannt. So werden die Abwrackkosten auf ein Minimum reduziert.
Wracks sind Giftschleudern und Umweltbomben
Der Grund für die Umweltgefährdung durch die Schrottschiffe liegt im Wesentlichen darin, dass diese noch immer mit schmutzigem Schweröl angetrieben werden. Dazu kommen mehrere 1.000 Liter Ölreste wie etwa Schiffstreibstoffe, Hydraulik- und Schmieröle usw. Einige der Frachter sind zudem Tanker, die mit den verschiedensten fossilen Brennstoffen, Giftstoffen für die Industrie usw. beladen wurden und noch immer erhebliche Restbestände in ihren Rümpfen geladen haben. Bei manchen Tankern wurden in der Vergangenheit zusätzlich bis zu 1.000 Kubikmeter Öl- und Chemikalienreste in den Tanks gefunden. Hinzu kommen enorme Mengen von Schwermetallen wie Blei, Kadmium Arsen, Chrom etc. Und last but not least ist in den allermeisten Hochseeschiffen große Mengen an Asbest in der unterschiedlichsten Weise verarbeitet. Die Schrottkähne sind also echte Seelenverkäufer vor allem für diejenigen, welche die Dinger ungeschützt und bar jeder Arbeitssicherheit verschrotten müssen. Jährlich sterben weltweit mehr als 1.000 Arbeitnehmer an den Folgen von Betriebsunfällen beim Abwracken oder an den Spätfolgen wie Vergiftungen. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein.
Abwracken – EU-Verbote werden einfach umgangen
Eigentlich ist es nach dem Baseler Übereinkommen, das beispielsweise als Schiffsrecyclingverordnung der Europäischen Union (EUSRR) in europäisches Recht umgesetzt wurde, europäischen Reedereien verboten, das Abwracken ihrer Schiffe außerhalb der EU bzw. der OECD-Länder vornehmen zu lassen. Dabei gibt es eine Liste von Abwrackwerften, die von der EU dafür zertifiziert wurden.
Seelenverkäufer gewinnbringend verkaufen. Dieses Verbot wird von ihnen jedoch vielfach so umgangen, indem sie einfach ihre, in die Jahre gekommenen Kähne an Reedereien oder Cash Buyer außerhalb der EU bzw. OECD verkaufen. Und diese lassen danach die Kähne in Abwrackwerften auseinandernehmen, vorwiegend in südasiatischen Ländern wie Indien, Bangladesh etc. So wird das Abwracken für europäische Reedereien zum profitablen Geschäft, denn sie ersparen sich dabei nicht nur die Kosten für das Abwracken, sondern verdienen dabei auch noch an den höheren Stahlpreisen, die in Südasien bezahlt werden.
Strengere EU-Regeln für nachhaltiges Wirtschaften
Die Europäische Union versucht nun, gegen diese Praxis vorzugehen mit dem kürzlich vorgelegten Vorschlag zur Änderung ihrer Abfallverbringungsverordnung. Dies bedeutet einerseits strengere Regeln für die Ausfuhr gefährlicher Abfälle in Nicht-OECD-Länder. Damit soll andererseits sichergestellt werden, dass Anlagen, die diese Abfälle aufnehmen, künftig geprüft werden, ob sie auch nachhaltig wirtschaften. Somit ändert sich in weiterer Folge der Rechtsrahmen für das EUSRR für das Recycling von Schiffen unter EU-Flagge.
Legales Abwracken in Asien möglich. Wichtig ist, dass dieser Änderungsantrag nicht zwischen Schiffen unter EU-Flagge unterscheidet, die innerhalb oder außerhalb der EU abgewrackt und recycelt werden sollen. Somit ließen sich künftig Schiffe, die bislang noch unter Umgehung des EU-Rechts außerhalb der Europäischen Union als Schrott verkauft werden, legal in Nicht-OECD-Anlagen recycelt werden können. Die Voraussetzung dafür ist lediglich, dass diese auf der Liste der EU-konformen Werften stehen.

ECSA – Positiv gegenüber Vorschlag der EU
Die Reederverbände der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) haben sich nun nachdrücklich für den Änderungsvorschlag der EU-Kommission ausgesprochen. Denn dieser ermöglicht künftig die Aufnahme von Abwrackwerften außerhalb der EU und OECD in die EU-Liste, wenn sie dem EUSRR entsprechen. Die Association vertritt 19 nationale Reederverbände in der EU und Norwegen vertritt. Die Reedereien der Verbände kontrollieren dabei beinahe 40 Prozent der weltweiten kommerziellen Tonnage.
Signifikante Verschiebung in Richtung Umweltschutz
Der neue Vorschlag der EU-Kommission zur Verbringung von Abfällen schafft einen neuen Rechtsrahmen für das Recycling von Schiffen unter EU-Flagge auch außerhalb der EU, heißt es aus der ECSA. Wie aus der ECSA auch zu erfahren war, hat die EUSRR bisher verhindert, dass südasiatische Werften wie etwa in Alang (Indien) in die EU-Liste aufgenommen werden, obwohl diese mittlerweile „wesentliche Fortschritte“ bei der Verbesserung ihrer Abwrack-Standards geleistet haben. Mit dem neuen Vorschlag wird daher eine Forderung der ECSA erfüllt, dass europäische Schiffswracks in Recyclinganlagen außerhalb der OECD recycelt werden können, wenn sie die Anforderungen der EUSRR erfüllen und in die EU-Liste aufgenommen sind.
„Anreiz für bessere Umweltstandards“
Das in Singapur ansässige Beratungsunternehmen Sea Sentinels, das nachhaltige Recyclingprojekte einschließlich gefährlicher Abfälle auf Werften in Südasien und der Türkei überwacht, ist der Ansicht, dass der Vorschlag eine „signifikante Verschiebung“ darstellt, da er einen klaren Anreiz für diese Anlagen bietet, weiter zu modernisieren, um endlich die EU-Konformität zu erreichen.
Eine Frage des Wettbewerbs. „In Ermangelung einer weltweit durchgesetzten Recyclingverordnung ist dies ein wichtiger Schritt, um Anreize für kontinuierliche Verbesserungen der Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltstandards auf diesen Werften zu schaffen“, sagt Rakesh Bhargava, CEO von Sea Sentinels gegenüber den Medien. „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Einrichtungen, die die EUSRR-Konformität anstreben, in die EU-Liste aufgenommen werden können. Diese können die erforderliche Kapazitäten für das nachhaltige Recycling größerer Schiffe unter EU-Flagge bereitstellen. Dies würde es auch südasiatischen Werften ermöglichen, unter gleichen Wettbewerbsbedingungen zu konkurrieren.“
70 Prozent der Schiffe werden in Südasien recycelt
Diese Ansicht wird von Maria Skipper-Schwenn, Exekutivdirektorin für Klima, Umwelt und Sicherheit beim dänischen Reedereiverband Danish Shipowner’s Association, geteilt. Sie und der Reedereiverband setzen sich intensiv für die Annahme des EU-Vorschlags ein. „Es ist kontraproduktiv zu verhindern, dass Anlagen in Nicht-OECD Staaten eine EU-Zulassung bekommen, wenn man bedenkt, dass mehr als 70 Prozent aller Schiffe in Südasien recycelt werden“, so M. Skipper-Schwenn. Es sei daher unerlässlich, dass diese Einrichtungen nicht daran gehindert werden, eine Genehmigung im Rahmen der EUSRR beantragen, bekräftigt sie weiter.
„Keinem Protektionismus nachgeben“
Bei ECSA ist man jedoch der Ansicht, dass die Recyclingentscheidung für Schiffe unter EU-Flagge auf dem Standort des Hauptsitzes der Reederei basieren sollte. Das würde in häufigen Fällen auch weiterhin die Verbringung gefährlicher Abfälle aus der EU in Nicht-OECD-Werften im Rahmen des EUSRR verbieten. Aber die ECSA stellt fest: „Die EU sollte keine protektionistischen Maßnahmen annehmen oder ihnen nachgeben und Einrichtungen abschneiden, die erhebliche Fortschritte auf dem Schiffsrecyclingmarkt machen.“
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