Cradle-2-Cradle – Automobilkonzern Stellantis, und Recycling-Spezialist Galloo gründen ein gemeinsames Joint Venture. Ziel ist es, die Circular Economy (Kreislaufwirtschaft) in der Automobilindustrie voranzutreiben. Damit wollen sie Besitzer von Schrottfahrzeugen ansprechen, welche ihren Schrott bequem und umweltfreundlich direkt von der Haustüre ab entsorgen wollen. Der Schwerpunkt liegt zunächst auf Frankreich, Belgien und Luxemburg. Das Service soll aber rasch über ganz Europa ausgerollt werden.
Der Cradle-2-Cradle Ansatz und die damit verbundene Circular Economy ist nichts Neues in der Wirtschaft. Doch im Zuge der Klimakrise, immer enger werdenden Rahmenbedingungen bei CO2-Emission und weiterer Ressourcenknappheit bekommt er eine immer größere Bedeutung. Insbesondere die Automobilindustrie sucht daher nach immer ausgeklügelteren Möglichkeiten, die in ihren Fahrzeugen verbauten Rohstoffe zurückzugewinnen, um diese dann wieder in ihren Produktionskreislauf zurückzuführen. Das Rohstoffspektrum reicht dabei von Edelmetallen, Halbedelmetallen und Metalllegierungen über wertvolle Kunststoffe bis hin zu Schmierstoffen etc., die in jedem Altauto anfallen.
Cradle-2-Cradle – Es fehlt an effizienten Infrastrukturen
Eine Herausforderung ist jedoch hierbei, dass die Schrott-Fahrzeuge nicht effizient genug in den Wiederverwertungsprozess gelangen. Nicht selten landen solche Autoleichen daher über ganz Europa verstreut in irgendwelchen Hinterhöfen und/oder auf wilden Deponien und werden so zu tickenden Umwelt-Zeitbomben.
Autoleichen – Tickende Zeitbomben in Europa und Afrika
Auf dieser Basis hat sich zudem in der Vergangenheit zudem eine wilde Entsorgungsindustrie insbesondere in den Ländern Afrikas gebildet: Der Schrott-Export. In einigen afrikanischen Ländern hat sich dabei eine wilde und unregulierte Wirtschaft herausgebildet, in der Menschen den Schrott sammeln, zerlegen und verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Arbeitsbedingungen und Umweltauswirkungen in solchen Umgebungen sind oft sehr schlecht. Es mangelt an Sicherheitsvorkehrungen und umweltfreundlichen Praktiken. Darum fordert die EU, Menschenrechtsorganisationen und Umweltverbände von den Verantwortlichen in diesen Ländern, den Schrottsektor besser zu regulieren, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Umweltauswirkungen zu reduzieren. Eine verbesserte Abfallwirtschaft, die Förderung von Recyclinginfrastruktur und die Schulung der Menschen in sicheren und nachhaltigen Praktiken sind hierbei wichtige Aspekte, um die Schrottentsorgung in Afrika zu verbessern. Gleichzeitig liegen damit wertvollen Ressourcen brach, die vergleichsweise leicht gehoben werden könnten.
Cradle-2-Cradle – Joint Venture will Abhilfe schaffen
Automobilkonzern Stellantis mit Sitz in Amsterdam (Niederlanden) will nun, gemeinsam mit dem belgischen Metallrecycler Galloo (Gent), vor allem der Ressourcenverschwendung begegnen. Sie gehen dafür ein Joint Venture für das großflächige Altfahrzeug-Recycling ein. Beide Unternehmen gaben hierzu heute eine Absichtserklärung via Presseaussendung ab. Das Cradle-2-Cradle Service soll bis Ende 2023 auf den Markt kommen und zuerst in Frankreich, Belgien und Luxemburg angeboten werden. Geplant ist jedoch die Ausweitung auf ganz Europa.
Recycling den Autobesitzern erleichtern
Die Zielgruppen für den Recycling-Service sind dabei einerseits Autobesitzer, welche ihre Fahrzeuge zur Gänze aus dem Verkehr ziehen wollen, aber auch die OEMs im eigenen Konzern wie Alfa Romeo, Fiat, Maserati, Opel etc., ebenso wie andere OEMs. Sie können so etwa auf Halde produzierte und unverkäufliche Neufahrzeuge bequem und effizient dem Recycling-Prozess zuführen. Das Joint Venture zwischen Stellantis und Galloo will künftig hierbei – in Zusammenarbeit mit ausgewählten und zugelassenen (!) Aufbereitungseinrichtungen – die Altfahrzeuge direkt vom letzten Besitzer abholen.
Cradle-2-Cradle beginnt in Europa
Diese sollen dann in einem Cradle-2-Cradle Prozess zuerst ausgeschlachtet, die funktionsfähigen Autoteile aufgearbeitet und schließlich der Wiederverwendung zugeführt werden. Sind sie nicht verwendungsfähig, treten die Restteile den Weg in den Recyclingprozess an. „Den Automobilbesitzern das Recycling ihrer Altfahrzeuge zu erleichtern, ist ein wichtiges Element unserer Bemühungen, die Umweltauswirkungen unserer Fahrzeuge zu reduzieren“, sagt hierzu Alison Jones, Stellantis Senior Vice President for Global Circular Economy gegenüber den Medien. „Die Rückführung von Teilen und Materialien in die Wertschöpfungskette schont knappe Ressourcen und trägt dazu bei, unser Netto-Null-CO2-Emissionsziel bis 2038 zu erreichen.“ Rik Dabaere, CEO von Galloo, betonte hingegen: „Wir sehen uns als ein Wegbereiter eines nachhaltigen und verantwortungsbewussten Geschäftsmodells, indem wir das Altfahrzeug-Recycling auf die nächste Stufe heben.“
Cradle-2-Cradle heißt bei Stellantis 4R
Recycling ist ein integraler Bestandteil er der so genannten Dare Forward 2030-Strategie des Stellantis-Konzerns. Dieser betreibt hierfür eine eigene 4R-Business-Unit (wir berichteten zu Cradle-2-Cradle auf blogistic.net). Dabei steht 4R für Remain, Repair, Reuse und Recycle (Wiederaufbereiten, Reparieren, Wiederverwenden, Recyceln). Mit seinem Cradle-2-Cradle Programm für Altfahrzeuge verfolgt der Konzern nach eigenen Angaben gleich mehrere Ziele. So will man bis 2030 die Recycling-Einnahmen im Vergleich zu 2021 um das Zehnfache und die Umsätze mit recycelten Bauteilen um das Vierfache erhöhen. Die Verantwortlichen in Amsterdam streben also bis 2030 ein Umsatzziel von über zwei Milliarden Euro an. Das ist im Strategieplan Dare Forward 2030 explizit vorgegeben. Darüber hinaus will der Automobilkonzern erreichen, dass auf diese Weise bis 2030 seine Neufahrzeuge zu 40 Prozent aus „grünen“ Materialien bestehen.
Stellantis in Kürze
Das Unternehmen gehört zu den weltweit führenden Automobilkonzernen und Mobilitätsanbietern. Hierzu zählen Marken wie etwa Abarth, Alfa Romeo, Chrysler, Citroën, Dodge, DS Automobiles, Fiat, Jeep®, Lancia, Maserati, Opel, Peugeot, Ram, Vauxhall, Free2move und Leasys. Gleichzeitig befass sich der Konzern auch mit Liftfahrttechnik.
Galloo in Kürze
Das Unternehmen wurde 1939 in Gent (Belgien) gegründet. Es zählt heute zu den weltweit größten 15 Anbietern von Recycling-Lösungen und Kreislaufwirtschaft. Über ein umfangreiches Netzwerk von 42 Tochtergesellschaften (BE, FR, NL) widmet sich Galloo dabei vor allem der Rückgewinnung und Transformation sowie Wiederverwendung von Metallen wie etwa Eisen und Nichteisenmetallen, sowie unterschiedlichster Industriekunststoffarten für die verarbeitende Industrie. Jedes Jahr recyclen die Belgier über eine Million Tonnen Stahl, über 60.000 Tonnen sonstige Metalle und 35.000 Tonnen technische Kunststoffe.
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