
CargoSurfer – Im neu gestarteten Forschungsprojekt will die die Kühne Logistics University, KLU in Hamburg, im Projektverbund mit sieben weiteren Partnern eine IT-Lösung entwickeln, mit der Pakete abseits von Städten mithilfe öffentlicher Verkehrsmittel ihren Weg zum Adressaten finden. Dabei sollen die Pakete der nahen Zukunft mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) „intelligenter“ werden. Das deutsche Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr (BMDV) fördert das Vorhaben über eine Dauer von drei Jahren im Rahmen der Forschungsinitiative „mFUND“ mit insgesamt rund 2,7 Millionen Euro. Geleitet wird das Projekt von der LaLoG LandLogistik.
Die Postkutsche brachte Pakete und Passagiere noch gemeinsam ans Ziel. Heute sind Güter- und Personenverkehr so gut wie immer strikt getrennt. Aber ist das im ländlichen Raum wirklich sinnvoll? Im neu gestarteten Forschungsprojekt „CargoSurfer“ entwickelt die Kühne Logistics University (KLU) im Projektverbund mit sieben weiteren Partnern eine IT-Lösung, mit der Pakete abseits von Städten mithilfe öffentlicher Verkehrsmittel ihren Weg finden sollen.
CargoSurfer – Renaissance eines Verkehrsmodells
Die Idee des Projekts „CargoSurfer“ ist dabei eigentlich nicht wirklich neu. Noch bis in die 1970er Jahre wurden nicht selten freie Kapazitäten des Öffentlichen Personennahverkehrs für den Transport von Gütern genutzt, wie zum Beispiel von Paketen bis zu frischen regionalen Produkten. Das wurde systematisch vom Autoverkehr zurückgedrängt und irgendwann mangels Nutzung eingestellt.
Wider das „Landsterben“. Doch die Überalterung der ländlichen Bezirke, der mit der Wegzug junger Menschen in die urbanen Zonen einhergeht, führt zu einem Aussterben der Dörfer und dem Abbau von Infrastruktur. Beginnend mit der Schließung von öffentlicher Infrastruktur wie Ämter und Schulen über den Abzug von Postfilialen und Banken bis hin zum Einzelhandel nicht das Dorfsterben immer rasanter Fahrt auf. Der immer teurere Individualverkehr tut sein Übriges.
Neue Perspektiven für Dorf und OPNV
Dem möchte das Projekt CargoSurfer entgegenwirken. Das könnte dabei dem „Land“ nicht nur neue Versorgungsperspektiven eröffnen, sondern auch den öffentlichen Personenverkehr wirtschaftlicher machen. Denn einerseits besteht gerade abseits der Städte Bedarf für funktionierende Lieferketten, zum Beispiel für Bestellungen aus dem Online-Handel. Andererseits bleiben viele Sitzreihen in Bussen und Regionalbahnen oft leer, sodass immer wieder Linien eingestellt werden (müssen). Im Idealfall könnte so das Verkehrsaufkommen im Individualverkehr sowie Emissionen reduziert werden. Gleichzeitig steigert sich so die Effizienz des Transportverkehrs. „Fracht im öffentlichen Nahverkehr mitzunehmen funktioniert aber nur, wenn alles lückenlos überwacht wird und zuverlässig ankommt“, schränkt Dr. André Ludwig, Professor für Informatik in der Logistik an der Kühne Logistics University in Hamburg gegenüber den Medien ein.

CargoSurfer – Fracht, die „mitdenkt“
„Wir nutzen daher Techniken der Künstlichen Intelligenz (KI), um Fracht ‚intelligent‘ zu machen“, beschreibt A. Ludwig die Aufgabe der Software-Lösung. Treten während der Fahrt Probleme auf, wie zum Beispiel ein Stau oder Verspätungen der Bahn, werden diese eigenständig von der Fracht erkannt und die passende Reaktion ausgelöst. „Unsere Software fährt quasi als virtueller Paketkurier mit. Durch künstliche Intelligenz erkennt sie, ob der Anschluss erreicht wird. Wenn nicht, werden alle Beteiligten rechtzeitig informiert und ein neuer Transportplan erstellt“, erklärt A. Ludwig die Funktionalität.
Praxistest in Hessen
Bis sich die ersten Güter auf die Reise machen können, ist allerdings zunächst eine umfassende Analyse notwendig. Dabei müssen zentrale Fragen abgeklärt sein wie etwa: Wie wahrscheinlich tritt an einem bestimmten Tag eine Störung auf? Welche Faktoren haben Einfluss auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit? Welche Transportalternativen gibt es?
Ein Jahr Zeit für Analysen. Rund ein Jahr wird die Entwicklung der Software voraussichtlich in Anspruch nehmen, ehe das System in der Praxis erprobt werden kann und die ersten intelligenten Pakete sich in Hessen auf den Weg machen. Dabei greift man auf eine bereits markterprobte Anwendung im Bedarfsverkehr der Trapeze Group Deutschland zurück, die derzeit für das Gütermitnahmesystem aufgerüstet wird. Als regionale Logistik-Partner konnten dafür die cantus Verkehrsgesellschaft und Regionalverkehr Main-Kinzig gewonnen werden. „Sobald die ersten Pakete unterwegs sind, verbessern wir das System kontinuierlich mit den Daten aus der Praxis“, erklärt A. Ludwig abschließend.
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