BA EINKAUFSMANAGERINDEX – Österreichs Industrie auf Talfahrt

BA Einkaufsmanagerindex: In Österreichs Industrie stehen die Ampeln derzeit auf rot. (Foto: Rainer Sturm / www.pixelio.de)

Die Corona-Krise hat die bereits Ende 2019 einsetzende Rezession der österreichischen Wirtschaft erheblich verschärft. Das zeigt der aktuelle BA Einkaufsmanagerindex der Unicredit Bank Austria. Er rasselte im März auf 45,8 Punkte herunter. Der starke Einbruch der Auftragsentwicklung löste eine deutliche Zurücknahme der Produktionsleistung aus, mit erheblichen Folgen für Beschäftigungsquoten und Rohstoffpreise. Die Zukunft ist ungewiss. Eine Finanzkrise 2.0 ist nicht vom Tisch.

Österreichs Industrie befindet sich bereits seit Ende 2019 auf dem Weg in eine Rezession. Was bislang gleitend verlief, änderte sich mit der Coronakrise massiv. Die Virus-Pandemie hat Österreichs Wirtschaft auf Talfahrt geschickt. „Der BA Einkaufsmanagerindex (EMI) ist im März auf 45,8 Punkte gesunken. Der monatliche Rückgang des Indikators um 4,4 Punkte war somit der stärkste seit dem Beginn der Finanzkrise im Herbst 2008. „Das weist auf eine abrupte Verschärfung der seit dem Frühjahr 2019 laufenden Rezession in der österreichischen Industrie hin“, bestätigt Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer heute gegenüber den Medien.

Österreich bewegt sich analog. Die heimische Industrieentwicklung verläuft dabei analog zur internationalen Entwicklung. Der vorläufige Einkaufsmanagerindex für die verarbeitende Industrie in der Eurozone zeigt ebenfalls einen deutlichen Einbruch um 4,4 auf 44,8 Punkte. Während in Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner der österreichischen Industrie, der Rückgang des vorläufigen Einkaufsmanagerindex auf 45,7 Punkte noch relativ überschaubar ausfiel, verzeichneten vor allem einige südeuropäische Länder massive Industrieeinbrüche. Insbesondere Italien, nach Deutschland der wichtigste Handelspartner, geht es Pandemie-bedingt sehr schlecht.  

Starker Nachfragerückgang

Die Ursachen für die deutliche Verringerung des BA Eeinkaufsmanagerindex liegen vor allem in der massiven Reduktion der Produktion in den Betrieben. „Die österreichische Industrie hat im März die Produktionsleistung drastisch zurückgenommen. Der Produktionsindex fiel auf 42,5 Punkte, den tiefsten Wert seit der Finanzkrise. Beispiellos ist hingegen das Tempo der Produktionsverringerung. Der Rückgang um fast neun Punkte innerhalb eines Monats war mit Abstand der stärkste seit Beginn der Umfragen vor über 20 Jahren“, so S. Bruckbauer.

Der Rückgang um fast neun Punkte innerhalb eines Monats war mit Abstand der stärkste seit Beginn der Umfragen vor über 20 Jahren

Stefan Bruckbauer, Chefökonom Unicredit Bank Austria

Neugeschäft dramatisch geschrumpft. Die starke Zurücknahme der Produktion ist dabei nicht alleine den Maßnahmen zur Beschränkung des öffentlichen Lebens in Österreich geschuldet. Sie machten Betriebsschließungen beispielsweise in der Tourismus- und Gastronomiebranche, aber auch in Teilen des Handels notwendig. Vielmehr hat das Neugeschäft in der Industrie schon vorher nachgelassen. „Die Auftragsentwicklung verschlechterte sich im März jedoch dramatisch. Der Index der Auftragseingänge sank auf 37 Punkte. Das bedeutet den stärksten Rückgang im Neugeschäft seit der Finanzkrise“, so der Chefökonom der Unicredit Bank Austria, Walter Pudschedl. Dieser Rückgang sei vor allem rückläufige Exportaufträge zurück zu führen, welche durch Grenzschließungen, Quarantänemaßnahmen und Betriebsunterbrechungen in den Handelspartnerländern verstärkt wurden. Die Folge des starken Nachfragerückgangs ist die starke Abnahme der Auftragspolster der österreichischen Betriebe. Mit anderen Worten: viel mehr Aufträge wurden abgearbeitet als neue hinzukamen.

Reduktion im Einkauf führt zu sinkenden Preisen

Die verschlechterte Nachfragesituation in der österreichischen Industrie hat den folglich den Einkauf von Rohstoffen und Vormaterialien deutlich verringert. Und das, obwohl die Preise im März noch stärker als im Vormonat nach unten gingen. „Viele Rohstoffe wie vor allem Erdöl sowie viele Vormaterialien konnten im März günstiger eingekauft werden. Zugleich führte die schwache Nachfrage in einem verschärften Wettbewerbsumfeld zu einem beschleunigten Rückgang der Verkaufspreise. Unterm Strich haben sich die Preisentwicklungen im Ein- und Verkauf für die heimischen Betriebe im Vergleich zum Vormonat im Durchschnitt kostenmäßig neutralisiert“, bestätigt W. Pudschedl.

Stark beschleunigter Personalabbau

Um der beschleunigten Rezession kostenmäßig zu begegnen, haben die Betriebe begonnen, ihren Personalstand zu reduzieren. „Der Rückgang des Beschäftigtenindex auf 42,7 Punkte signalisiert den raschesten Abbau an Mitarbeitern seit der Finanzkrise. Und das trotz des bereits angelaufenen Kurzarbeitsmodells der österreichischen Regierung“, verweist W. Pudschedl auf die Ergebnisse des EMI hin.

Der Rückgang des Beschäftigtenindex auf 42,7 Punkte signalisiert den raschesten Abbau an Mitarbeitern seit der Finanzkrise.

Walter Pudschedl, Chefökonom Unicredit Bank austria

Logistikkosten steigen

Durch den abrupten Einbruch der Nachfrage ist auch das Lagermanagement vor große Herausforderungen gestellt. Die Bestände in den Fertigwarenlagern und damit die Kosten für die Lagerhaltung stiegen erstmals seit drei Monaten wieder an. Zudem konnten erstmals seit einem Jahr die Lagerbestände an Vormaterialien nicht mehr reduziert werden, da die deutliche Verringerung der Einkaufsmengen angesichts der starken Einbußen im Neugeschäft nicht ausreichend stark war.

Zukunft nicht vorhersehbar

Nach einem sehr schwierigen Jahr 2019 zeigt der starke Rückgang des UniCredit Bank Austria Einkaufsmanagerindex, dass die wirtschaftlichen Folgen der Ausbreitung des Coronavirus die Rezession in der österreichischen Industrie Ende des ersten Quartals 2020 abrupt verschärft hat. Zudem haben sich die weiteren Aussichten rasant verschlechtert. So hat sich der Index für die Produktionserwartungen der heimischen Betriebe für zwölf Monate innerhalb eines Monats auf 30,1 Punkte halbiert. Er liegt damit auf dem mit Abstand historisch niedrigsten Wert.

Aussichten dauerhaft schlecht. Damit signalisiert die aktuelle Umfrage, dass sich die aktuelle Situation in den kommenden Monaten noch deutlich stärker negativ auf die Industriekonjunktur Österreichs auswirken dürfte, zumal die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus in ganz Europa im Verlauf des März schrittweise verschärft wurden.

Zweistelliger Einbruch der Industrieproduktion

BA Einkaufsmanagerindex: Derzeit verbrennt die Wirtschaft viel Geld. Finanzkrise 2.0 befürchtet. (Foto: Rainer Sturm / www.pixelio.de)

Die heimische Industrie leidet jedoch nicht nur unter den Maßnahmen zur Beschränkung des öffentlichen Lebens in Österreich. Vielmehr ist der stark international vernetzte Sektor der österreichischen Wirtschaft vor allem von Unterbrechungen der globalen Wertschöpfungsketten durch Quarantänemaßnahmen, Betriebsstillstände und Grenzschließungen betroffen. „Nach dem Rückgang im Jahr 2019 um durchschnittlich 0,7 Prozent ist in den kommenden Monaten mit einem zweistelligen Einbruch der Industrieproduktion zu rechnen. Unter der Annahme, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus in der zweiten Jahreshälfte schrittweise wieder rückgängig gemacht werden können, sollte sich der Rückgang der Industrieproduktion im Gesamtjahr 2020 auf etwa sieben Prozent begrenzen lassen“, rechnet S. Bruckbauer vor.

Supply Chains mühsam flicken. Betroffen sind dabei vor allem Unternehmen aus dem Automotive-Sektor wie etwa Magna oder andere. Sie müssen nicht nur Kurzarbeit anmelden, sondern haben ihre Werke gleich für mehrere Wochen still gelegt. Dabei ist es fraglich, ob sich die unterbrochenen und sehr fragilen Wertschöpfungs-Netzwerke rasch wieder knüpfen lassen. Somit laufen still gelegte Produktionen auf österreichischem Boden Gefahr, gar nicht mehr aufgenommen werden zu können. Die Gefahr wächst dabei, je länger die Krise anhält und dabei Glieder der Wertschöpfungskette einfach pleite gehen.

Finanzkrise 2.0 nicht vom Tisch. Dennoch hoffen die Ökonomen auf einen V-förmigen Verlauf der Industriekonjunktur nach dem Sommer 2020 und eine rasche Erholung. Damit wären die Einbußen der heimischen Industrie im Jahresdurchschnitt dann geringer als während der Finanzkrise 2008/2009. Das hängt jedoch nicht nur davon ab, wie gut die Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung greifen, sondern auch davon, wie gut die Partnerländer Österreichs die Krise bewältigen. Auch weiß niemand, ob der dramatische Rückgang der Konjunktur und damit zusammenhängender Kreditausfälle nicht zu einer Finanzkrise 2.0 führen. Viele „faule Kredite“ könnte schwächere Banken in eine Schieflage oder gar zum Zusammenbruch bringen. Zudem ist der Dienstleistungssektor noch stärker von den Maßnahmen betroffen als die Industrie. Eine seriöse Prognose ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.

unicreditgroup.at

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